Folgt man den Erkenntnissen der Sexualwissenschaften, dann ist Stefan Mappus, der baden-württembergische Ministerpräsident, wahrscheinlich schwul. Seine hasserfüllten Ausfälle gegen Schwule - die Stuttgarter Schwulenparade bezeichnete er als „abstoßend“ und schob hinterher, dass er und 90 Prozent der Fraktion ein Problem „mit dem frivolen, karnevalesken Zurschaustellen von sexuellen Neigungen, wie es bei dieser Veranstaltung geschieht" hätten - lassen vermuten, dass sie aus der Leugnung der eigenen Homosexualität stammen. Er könnte einem also leid tun, der Mappus.

Folgt man den Erkenntnissen des gesunden Menschenverstandes, dann ist Stefan Mappus wahrscheinlich korrupt. Sein brutaler Vorstoß gegen den Bundesumweltminister, den er entlassen sehen möchte, um längere Laufzeiten der Atomkraftwerke durchzusetzen, begründet sich aus den vier Reaktorblöcken, die in Baden-Württemberg rumstehen und deren Betreiber zu den wichtigen Parteispendern zählt. Nicht, dass Mappus selbst die Hand aufhielte. Es ist der allgemeine Brauch, großen Wirtschaftsunternehmen die Dienste der Politik anzubieten, der dem traditionsbewussten Mappus die Richtung angibt: Kohl hat es schon so gemacht, dann macht er es auch. Hier sollte sich Mitleid in Grenzen halten. Auch wenn zu erkennen ist, dass der Ministerpräsident Gefangener der eigenen Herkunft ist.

Im malerischen Städtchen Mühlacker ist Mappus zur Schule gegangen. Fachwerkhäuser prägen das Bild des Ortes, die nahegelegen Burg heißt "Löffelstelz" und war die Residenz der Herren von Dürrmenz. Dort, wo die "Kehrwoche" den Rhythmus der Gesellschaft bestimmt, ist Tradition eine Tugend und die Abweichung von der Norm eine Schande. "Ich bin nicht mehr bereit, die Eskapaden des Bundesumweltministers zu akzeptieren", fällt dem Mappus ein, wenn es um seine normalen AKW´s geht, und geht es um das Adoptionsrecht für Homopaare, dann klotzt der stämmige Mappus: "Kinder sind denkbar ungeeignet für Experimente im Bereich der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und bedürfen dem besonderen Schutz der Gesellschaft“. Am Wort "Eskapaden" sollst Du sie erkennen: Für einen "Seitensprung" hält der Ministerpräsident jede politische Position, die er nicht teilt. Aus der Verdrängung der eigenen Sexualität resultiert zu gern die Sexualisierung gesellschaftlicher Vorgänge.

Aber Mappus weiß sich in Sicherheit. Er ist verheiratet. Sinnvollerweise mit der ehemaligen Landesgeschäftsführerin der CDU Baden-Württemberg. Das sichert die eigene Karriere ab und schafft bei den Parteifreunden Vertrauen. Das Vertrauen der besonders rechten CDU im "Ländle" hat sich der Mappus redlich verdient: Mal stellt er sich gegen ein Einwanderer-TV, denn das erlaube Ausländern nur, es sich ohne Deutsch-Kenntnisse in ihrer Nische bequem zu machen. Ein anderes Mal wütete er gegen den Ausbau von Krippenplätzen mit dem Vorwurf, die CDU ergehe sich "in blindem Streben nach Modernität." Als sein Vorgänger Oettinger mit einer Trauerrede für den faschistoiden Herrn Filbinger einen bundesweiten Skandal auslöste, warf sich Mappus in die Bresche und nannte dessen Äußerungen „eine gute, ausgewogene und dem gesamten Leben von Professor Filbinger angemessene Würdigung“.

"Ausgewogen" kann Mappus nicht: In Pforzheim versuchte er die Ausstellung Neofaschismus in der BRD zu verhindern, weil in dieser einigen Politikern inhaltliche Nähe zum Rechtsextremismus unterstellt wurde. Er handelte auch gegen alle Gesetze sparsamen Haushaltens, als er den Kauf einer CD ablehnte, auf der die Namen und Adressen schwäbischer Steuersünder zu finden gewesen wären. Baden-Württembergische Steuerfahnder hatten durch die Daten der Steuerbetrüger Nachzahlungen von bis zu sieben Millionen Euro erwartet. Allein die Befürchtung, die CD könne gekauft werden, hatte weit mehr als tausend Steuersünder im Südwesten verlasst, sich selbst anzuzeigen. Das focht Mappus nicht an, er steht gern und fest auf der Seite jener Besserverdienenden, die dem kleinen Stefan aus der Provinz immer schon auch als die Besseren erschienen sind. Da weiß der Schmock doch was er hat.