Eigentlich ist die Ernennung zum Oktober-Schmock erst morgen fällig. Aber ob Peer Steinbrück dann noch im Amt ist? Der Mann, der schon mal die deutschen Autobahnen verkaufen wollte, der die IKB-Bank für ein Taschengeld an die Heuschrecke "Lone Star" verdealt hat und in dessen Verantwortungsbereich der untergehenden US-Bank "Lehman" mal eben eine halbe Milliarde Euro hinterher geworfen wurde, ist noch Minister. Doch bald wird Angela Merkel jemanden opfern müssen, um den eigenen Job zu retten. Und mit der Steuergeld-Bürgschaft von 26 Milliarden für die Pleitebank Hypo Real Estate, ist Steinbrück der eigenen Pleite ein weiteres Stück näher gekommen.
Denn unter den Anteilseignern der Münchner Bank ist auch die schwer angeschlagene US-Investment Bank Morgan Stanly, deren Überleben nur davon abhängt, ob sie von der viertgrößten US-Bank Wachovia übernommen wird. Ein weiterer Hypo-Eigner, Brandes Investment, hat sich vor kurzem von einem größeren Paket VW-Aktien getrennt: Wer verkauft, braucht zumeist Geld. Kein gutes Omen für Steinbrück, das Schröder-20-10-Fossil in der großen Koalition, ein Mann, dessen politischer Geschmack auch daran zu erkennen ist, dass er gut mit Roland Koch kann: "„Die Erwartung vieler Menschen, der Staat könne quasi als Puffer globale Marktentwicklungen dauerhaft von ihnen fernhalten oder auch nur korrigieren, ist ein Irrglaube“, schreiben diese beiden brutalstmöglichen Markt-Epigonen in einem gemeinsamen Artikel zur Pendlerpauschale.
Mit Banken kennt sich der kurzzeitige SPD-Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen aus: Als im Jahr 2003 die dortige Landesbank kriselte, stellte sich heraus, dass Steinbrück sich in den Sitzungen des Kreditausschusses der Bank immer vertreten ließ, aber die die Sitzungsgelder regelmäßig eingestrichen hatte. Für die Krise der Bank, in deren Aufsichtsrat er schon als NRW-Finanzminister gesessen hatte, erklärte er sich natürlich als nicht verantwortlich. Verantwortungslosigkeit mag er, sogar prophylaktisch, bei anderen erkennen: "Eine Erhöhung um acht oder zehn Euro hat den Gegenwert von zwei Schachteln Zigaretten oder zwei großen Pils. Ich fürchte, das Geld kommt bei den Kindern in vielen Fällen nicht an", fiel ihm zur Erhöhung des Kindergeldes ein. Und in der Debatte um eine leichte Erhöhung von Hartz IV wollte er dringend an jene erinnern "die tagtäglich um 7.00 Uhr aufstehen, acht Stunden arbeiten". Also den faulen Hartz-IV-Säcken nur ja keinen Euro mehr geben. Banken gegenüber ist er da schon großzügiger.
Viele Freunde hat Peer Steinbrück nicht. Aber neben Roland Koch gehört Wolfgang Clement zum Steinbrück-Freundeskreis: Wo Clement war, sei es als Chef der Staatskanzlei in NRW, sei als Ministerpräsident, kam später auch Steinbrück hin. Ob die SPD allerdings bereits jetzt die Kraft aufbringt, Steinbrück, wie Clement, aufs Altenteil zu schicken, darf bezweifelt werden. Dort könnte er einen anderen guten Freund treffen, den Bierdeckel-Merz: »In der Analyse der großen Probleme gab es zwischen uns keine Unterschiede", erklärte Steinbrück zu Friedrich Merz, den Extrem-Liberalen aus der CDU. Steinbrück, mit dessen Scheitern bei der NRW Landtagswahl 2005 das Ende von Rot-Grün begann, kennt keine inhaltlichen Positionen, er kennt nur seine Karriere. Deshalb hat er noch vor wenigen Tagen in einer Regierungserklärung "Zur Lage der Finanzmärkte" mit einem langen Zeigefinger auf die USA gewiesen und Deutschland als Hort der Sicherheit gepriesen. Dass er drei Tage später 1,5 Prozent des gesamten deutschen Bruttoinlandproduktes zur Rettung einer Bank verzockt, deutet auf eine sehr kurze Stange in fettem Nebel hin.
Kritiker hält Steinbrück für „Schwarzmaler, Untergangspropheten und Krisenprediger“. Dass sich Deutschland mitten in der Krise befindet, scheint dem Finanzminister, der gerne rüpelt statt zu argumentieren, bisher entgangen zu sein. In diesen Tagen bekommen alle Deutsche von Herrn Steinbrück Post: Die lebenslang gültige Steuer-Indentifikatinsnummer flattert in alle Briefkästen und ist der klassische Tätigkeitsausweis der Regierung Merkel: Mit bürokratischem Aufwand den Anschein von Effizienz zu erwecken. Wenn die Deutschen Glück haben, erhält Peer Steinbrück mit der Ernennung zum Oktober-Schmock die letzte Ehrung.