Die Südseeinsel Tuvalu wird bis zur Mitte des Jahrhunderts untergehen. In Bali trifft sich die Weltklimakonferenz. Na und, sagt man sich in der geistigen Umgebung von Ludwigsburg in Baden-Württemberg, wir leben 293 Meter über NN, was soll uns das Bisschen Wasser anhaben, und: Wer braucht schon Tuvalu, wir haben den barocken Weihnachtsmarkt. Aus Ludwigsburg kommt Matthias Wissmann, der war lange CDU-Verkehrsminister, jetzt ist er Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA). Das macht Sinn. Mit der linken Hand den Verkehr regeln, mit der rechten die Profite, da weiß die eine natürlich nicht was die andere tut.

Matthias Wissman ist Mitglied des »Anden-Pakt«. Einmal, vor Jahren, flogen junge CDU-Mitglieder nach Lateinamerika, hoch über den Anden sollen sie sich kotzerbärmlich besoffen und einen Bund fürs Leben gegründet haben. Die Herren Wulff, Öttinger, Merz, Wissmann und andere Mitglieder dieser Seilschaft zum Zwecke der Karrierebeschleunigung. Die Anden sind ganz schön hoch, Flugzeuge fliegen auch hoch und die Jungs von der CDU hatten und haben hochfliegende Gedanken. Da kommt kein Wasser ran. Klima? Wir haben im Auto so ne Anlage. Erderwärmung? Das wird aber die Heizkosten senken!

Empört wies Wissman jüngst das Ansinnen der Europäischen Union zurück, den Automobilkonzernen eine allgemeine Obergrenze des Kohlendioxidaustoßes festzulegen. Das machen die nur aus Neid, sagt Wissmann, weil wir so tolle Autos bauen. Er wolle lieber eine Reglung haben wie die Japaner. Dort gehe die Autoemissionsregelung nach Gewicht. Das käme gut: Je dicker der Schlitten ist, desto mehr Sprit darf er verbrauchen, um so mehr Kohlendioxid darf er in die Luft blasen und das Klima aufheizen. Was haben Kleinwagen überhaupt auf der Straße zu suchen, Platz für Allrad, dann kann man die paar Kilo mehr auch besser auf der Straße halten.

»Reine Symbolpolitik!«, sei eine mögliche Tempo-Begrenzung auf deutschen Straßen, urteilt der Herr Wissmann, und müsse deshalb abgelehnt werden. Die Deutschen sind weltweit die letzten, die sich noch eine unbegrenzte Raserei leisten. Zivilisierte Länder, sogar die USA, begrenzen das Tempo auf Autobahnen. Sowohl, um das Unfallrisiko, als auch, um die Umweltbelastung zu senken. »Das würde im Prinzip die Existenz der Premium-Marken gefährden«, sagt Wissmann, wenn er an die Pläne der EU denkt und schaudert: Ohne Zwölfzylinder keine Angeberei, ohne Angeberei keine Karriereziele, ohne Karriereziele kein Wirtschaftsführer und ohne die Führer keine Wirtschaft! Das Ende naht. Und nur wegen dem Bisschen mehr Niederschlag.

Von Symbolen versteht Wissman etwas. Er ist selbst eins. Denn natürlich ist der langjährige Minister und einflussreiche Politiker auch noch in einer internationalen Lobby-Kanzlei tätig. In der Rechtsanwaltssozietät WilmerHale, weltweit mehr als tausend Partner, ist Wissmann für die »Liberalisierung und Deregulierung von Märkten und Industriezweigen« zuständig. Heilixblechle, wie wir in Ludwigsburg sagen, das ist was! Aber was? Es soll heißen weniger Lohn für alle, mehr Profit für wenige. Und so ist Herr Wissman, so oder so, ein Symbol für ungebremsten Marktwahnsinn und der Schmock des Monats Dezember.