Der Metropolitan Opera in New York geht es gut: Keine Entlassungen, keine Teilverkäufe an ausländische Kulturbetriebe, auch ist der Orchestergraben nicht voll Wasser gelaufen. Das kann aber alles noch geschehen. Denn Klaus Kleinfeld ist Mitglied des Verwaltungsrates der Oper. Klaus Kleinfeld ist im Nebenberuf auch Vorsitzender des Vorstandes der Siemens AG. Und als einige Börsen-Analysten im letzten Jahr die Handy-Sparte des Siemens-Konzerns kritisierten, hat er sie, verkauft kann man nicht sagen, er hat sie an einen taiwanesichen Laden verschoben. Das kostet die 3.000 ehemaligen Siemensbeschäftigten diese Sparte jetzt den Arbeitsplatz.

Schon im letzten Jahr, als die Handy-Sparte den Besitzer wechselte, waren mehr als 400 Millionen Euro an die Taiwanesen geflossen, damit die diesen Teil des Siemens-Konzern überhaupt übernahmen. »Obendrauf sind im Jahr 2006 mit weiteren Nettozahlungsmittelabflüssen von etwa 500 Millionen Euro zu rechnen« sagt die Frankfurter Allgemeine. Also hat »Hauruck-Klaus«, so der Firmenspitznahme, dem asiatischen Konzern »BenQ« noch eine fette Abwrackprämie gezahlt, um dem unliebsamen öffentlichen Aufsehen zu entgehen, dass bei Schließungen infolge von Management-Fehlern sich auch immer in wackligen Aktienkursen niederschlägt.

Denn während sonst Entlassungen und Pleiten in den Wirtschaftsmedien dem »Standort Deutschland« zugeschoben werden, weil hier die Löhne zu hoch und die Steuern nicht niedrig genug seien, fällt es in diesem Fall schwer, die Verantwortung von der Führungsetage auf die Kollegen an den Montagebänder zu schieben: Von »Motorola« werden in Flensburg unter den selben Bedingungen wie in den ehemaligen Siemens-Betrieben profitabel Handys gebaut. Da wollte sich der Herr Kleinfeld doch nicht nachsagen lassen, dass »Motorola« etwas kann, was er nicht bringt und ließ die Drecksarbeit des Abwrackens und Rauswerfens lieber jemand anderen machen. Aber er hat sich verrechnet: Mit der Pleite der gerade übernommenen deutschen »BenQ«-Betriebe kommt die komplette Siemens-Management-Misere wieder hoch.

Rechnen sollte Kleinfeld eigentlich können, immerhin ist er in einem weiteren Nebenberuf Mitglied des Verwaltungsrates des »Weltwirtschaftsforum«. Das neoliberale Globalisierungsforum bietet Seminare wie das »Entdecken des nächsten wirtschaftlichen Flops« an. Aber vielleicht war die Handy-Sparte ja der erste Flop und nicht der nächste. Die Beitrittsgebühr für das Forum liegt bei 40.000 Dollar, sein Jahresbudget bei 60 Millionen Dollar, die Kosten für den Polizeischutz bei den jährlichen Treffen in Davos werden nicht veröffentlicht.

Prima rechnen konnte Kleinfeld, als es um die Erhöhung der Siemens-Vorstandsgehälter ging: Um 30 Prozent mehr ging es der Gang an der Siemens-Spitze. Die zehn Vorstandsmitglieder bekamen bisher nur 28 Millionen jährlich, von denen Kleinfeld schäbige 3,3 Millionen einsteckte. Das lernt man im Weltwirtschaftforum im Standort-Seminar »Management-Gehälter wie in den USA, Steuern wie in Liechtenstein und Löhne wie in China«. Als, angesichts des Handy-Abwrack-Skandals, selbst Blätter »wie die Frankfurter Allgemeine die Siemens-Gehaltserhöhungen unappetitlich fanden, nahm der Vorstand sie fürs erste »als Zeichen der Solidarität«, so Kleinfeld, zurück. Wegen dieser durchsichtigen Lüge wird der Vorstands-Vorsitzende von Siemens zum »Schmock des Monats« ernannt. Den Titel hat er sich redlich verdient.

Im Artikel 14, 2 des Grundgesetzes heißt es: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.« Solche Sätze finden sie auf den Vorstandsetagen sehr lustig. In diesen Kreisen ist eine Neuformulierung des Artikels in Arbeit: » Eigentum verpflichtet zu nix. Wir können es gut gebrauchen. Die Allgemeinheit kann uns mal dienen. Zum Wohl!«