"Die enge Anbindung an Amerika . . . bietet . . . Deutschland zu erträglichen Kosten einen weltweiten Schutz", fabulierte der ehemalige US-Botschafter John Kornblum jüngst in zwei langen Spalten der FAZ. Denn die selbe Zeitung hatte zuvor unter dem Titel "Amerika, du hast es schlechter" einen Lagebericht in 45 Punkten veröffentlicht, der den USA ein vernichtendes Zeugnis ausstellte: Setzen, sechs! Das konnte der ehemalige Statthalter der USA in Deutschland nicht dulden und ruck-zuck räumte ihm die FAZ Platz für eine lange Entgegnung ein. Die Kosten für den "Schutz" sind bekannt: Zerstörung des passablen deutsch-russischen Verhältnis, Unterwerfung deutscher Daten unter die NSA, Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden und die Verwicklung in US-Kriege kommen die Deutschen teuer. Vor wem die USA die Deutschen schützen, konnte Kornblum nicht sagen. Schutz vor den USA bieten die USA offenkundig nicht an.
Der amerikanische Karriere-Beamte Kornblum begann seine innige Beziehung zu Deutschland als er 1985 in der Rolle des stellvertretenden amerikanischen Kommandanten des amerikanischen Sektors von Berlin ein widerliches CIA-Stück aufführen ließ: Die CIA hatte damals DDR-Bürger bei Verwandtenbesuchen in Westdeutschland als Agenten angeworben. Die von der Stasi schnell enttarnten 25 Amateur-Agenten wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Um das Gesicht des hässlichen Amerikaners nicht völlig zu verlieren, plante man einen Agentenaustausch. Zwar hatte man keine DDR-Agenten zum tauschen, aber man fing schnell ein paar völlig harmlose DDR-Bürger bei USA-Reisen ein, und als man vier zusammen hatte, kam es dann zu der bekannten dramatischen Szene auf der Glienicker Brücke. So betätigte sich der Schutzgeld-Erpresser Kornblum nebenher auch als Kidnapper und CIA-Agent. So einer konnte nur weiter aufsteigen.
So einer weiß, dass er nicht so richtig beliebt ist. Deshalb ließ er auch die US-Botschaft neben dem Brandenburger Tor als Festung ausbauen. Die ersten Kornblum-Pläne verlangten die Verlegung einer Straße, Teile des Holocaust-Mahnmals sollten dem Bau Platz machen, jede Menge Grünzeugs im Tiergarten sollte ebenso für den Botschaftsbau geräumt werden wie auch die Hälfte des Platzes vor dem Brandenburger Tor. Aber damals waren die USA noch nicht regierungsamtlich als FREUNDE klassifiziert und so wurde nicht alles so gebaut wie Kornblum es wollte. Der Kasten bekam trotzdem den Preis als hässlichstes Botschaftsgebäude in Berlin. Und kaum hatte sich der schwer erträgliche Kornblum dort verschanzt, gab er imperiale O-Töne von sich: "Europäische Ideen haben fast nie zu praktischen Fortschritten geführt. Die Vorstellung, Europa könne die Welt durch soft powers regieren, ist nicht realistisch.“ Und: "Die Anwendung der soft powers in der Außenpolitik der EU konnte nur in Verbindung mit den amerikanischen hard powers erfolgreich sein. Außenpolitik muss teilweise immer mit militärischen Mitteln gemacht werden.“ - Alles klar, ihr Schutzgeld-Opfer?
Auch die Dame Merkel, genauer ihr Handy, wurde zum Opfer amerikanischer Sicherheits-Interessen. Kornblum, der Mann mit dem Baseballschläger, wußte dazu bei Günter Jauch zu sagen: "Wenn Ihnen das weh tut, dann tut es mir leid, aber damit müssen Sie leben." Leben muss man auch mit Kornblums Brachial-Blödheit in der FAZ, wenn er sich über "deutsche Beschuldigungen und Gefühlsausbrüche" gegen die USA beschwert, die "inzwischen verheerende Auswirkungen auf unsere Fähigkeit zur Zusammenarbeit haben." Da droht der Erpresser offenkundig dem Opfer, er wolle ihm seinen "Schutz" entziehen. Doch vor dem endgültigen Bruch vergleicht er die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland mit einer Ehe und empfiehlt eine Paar-Therapie. Eine ordentliche Scheidung wäre billiger und gesünder. Da Kornblum Berater der internationalen Rechtsanwaltskanzlei NOERR ist, wird er versuchen, die Scheidung von dieser Kanzlei abwickeln zu lassen. Armes Deutschland. Denn NOERR ist der Laden, der schon vor der NATO-Osterweiterung überall im Osten die Lage sondierte: 1990 eröffnete NOERR ein Büro in Dresden und war damit dort die erste westdeutsche Kanzlei, die einen Standort in Ostdeutschland besetzte. Im gleichen Jahr folgten - wiederum als erste Kanzlei - Büroeröffnungen in Budapest und Prag. Die strategische Ausweitung in Richtung Osteuropa wurde mit Warschau 1992 fortgesetzt. Weitere Neugründungen erfolgten 1998 in Bukarest und 2004 in Bratislava. Seit 2007 ist NOERR in Kiew vertreten. Ein Regime-Change ist offenkundig wahrscheinlicher als eine Scheidung. Falls sich in Deutschland eine Regierung fände, die auch nur entfernt an Scheidung denken würde.