Das war so: Als Hellmut Königshaus, der designierte Wehrbeauftragte, vor Wochen ins "Borchardt" kam (das Restaurant am Berliner Gendarmenmarkt in dem die total Wichtigen speisen), erkannte ihn der Ober nicht. Später, am Eingang des Bundestages, musste er erst seinen Ausweis zeigen: "Wehrbeauftragter", soll der Pförtner gesagt haben, "Wehrbauftragter? Das kann ja jeder sagen." Als er dann seine Frau anrief, um ihr sein Leid zu klagen, war die sich auch nicht sicher, wer da am Telefon war. Königshaus verfiel einer schweren Depression. Das, so sagte er sich, kann nicht mehr so weiter gehen. Also rief er den Berliner "Tagesspiegel" an, ein Verlautbarungs-Blatt für zweit- und drittrangige Politiker, und erzählte dort: "Wer in das Kanonenrohr eines Leopard 2 schaut, überlegt sich zweimal, ob er eine deutsche Patrouille angreift“, und forderte viele schöne Panzer für Afghanistan. Jetzt kennt fast jeder den Hellmut (mit zwei "L") Königshaus: Als den Mann, der von seinem Job absolut keine Ahnung hat aber trotzdem mal darüber redet. Schade, dass Königshaus keine Atombomben auf Afghanistan gefordert hat, dann würden ihn noch mehr Leute kennen, soll der Medienexperte der FDP geäußert haben, der auch dem Westerwelle immer die Reizworte schnitzt.
Reizwort-Experten braucht Königshaus eigentlich nicht. Vor den letzten Bundestagswahlen kotzte der eher farblose FDP-Bürokrat dem Berliner TV-Sender RBB schon ganz allein die Kamera voll, als er über die Hartz IV-Empfänger zu sagen wußte: "Was viele dazu bringt, das über viele Generationen hinweg sogar, die Menschen sich darauf einrichten von Transferleistungen zu leben, anstatt eine ordentliche Berufsausbildung zu durchlaufen." Wie sein Herr und Meister Westerwelle, dessen Deutsch allerdings ein wenig besser ist, ignoriert der Mann gerne, dass es Millionen Arbeitslose gibt und deren Perspektivlosigkeit von Markt-Fetischisten wie ihm verursacht worden ist. Deshalb möchte er auch bei denen "gegebenenfalls die Daumenschrauben ansetzen". So eine ordentliche Sozialfolter, denkt sich der Königshaus, wird die faulen Säcke schon zu Arbeit und Ausbildung treiben. Vielleicht hatte er damals schon im Kopf, diese Arbeitsverweigerer mal in ein Kanonenrohr sehen zu lassen, damit die sich dann überlegen, die reichlich vorhandene Arbeit endlich anzunehmen.
Natürlich hat Königshaus immer gearbeitet. Dabei ist er, wie die meisten Liberalen, die gerne vom unternehmerischen Risiko schwärmen, meist im sicheren Staatsdienst gewesen: Zwei Jahre gammelte er bei der Bundeswehr, dann war er erst Richter, um später in die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz zu wechseln. Von dort aus sollte Königshaus seinen kühnen Schritt in die private Wirtschaft gründlich vorbereiten: Er baute ein neues Amt auf, das er dann auch folgerichtig leitete: Die Abfallwirtschaftsbehörde, sein Sprungbrett zur Firma ALBA, ein Unternehmen der Abfallwirtschaft, das viele schöne Aufträge vom Land Berlin erhielt. Dass ein Beamter mit guten Kontakten, die Privatisierung bisher staatlicher Aufgaben sachkundig begleiten konnte, versteht sich. Von richtiger Arbeit des ALBA-Generalbevollmächtigten wissen ehemalige Kollegen nicht zu berichten. Aber das 30-jährige Jubiläum der Firma soll er prima organisiert haben, nur mit dem Bus-Schuttle hatte er sich vertan, wie er in einem Brief an die Veranstaltungsagentur gestand: ". . . aber das nächste Mal sind wir schlauer."
Dem Königshaus seinen mangelnden Bekanntheitsgrad vorzuwerfen ist nicht fair. Immerhin hat sich der Mann über Jahre mit der "lärmtechnisch bedenklichen Blockbremse befasst". Bei dem Thema, so schrieb das Weltblatt Berliner Morgenpost einst, "kommt keiner an Hellmut Königshaus vorbei." Und doch gab es einmal Zweifel an seiner liberalen Gesinnung. Als der FDP-Mann an seinem Info-Stand mehrere Liter kostenlosen Kaffee ausgab, beschwerten sich Straßenhändler über den unfairen Wettbewerb: Subventionierter Kaffee gefährde den Umsatz freier Unternehmer, notierte die Morgenpost, und auch, dass Königshaus einen der Händler "mit einem Schein" beschwichtigen wollte. Später ist das dann mit den Scheinen bei der FDP andersrum gelaufen, die Gesetze des Marktes, nach denen erst der Unternehmer die Scheine gibt und dann erst die Mehrwert-Steuer für die spendende Branche gesenkt wird, werden heute strikt eingehalten.
"Mir ging es grundsätzlich um die Enttabuisierung der schweren Waffen", fiel dem kommenden Wehrbeauftragten ein, als man ihm nachwies, dass der Einsatz von Panzern in Afghanistan ziemlich unsinnig sei. Das kann ja heiter werden: Zu Enttabuisierung des einen Krieges könnte man prima einen zweiten beginnen und zu Enttabuisierung von Atomwaffen sollte dringend ein paar A-Bomben geworfen werden, das alles läge in der exorbitanten Königshaus-Logik. Aus dem Hause ALBA verlautet, für den wahrscheinlichen Fall, dass Königshaus als Wehrbeauftragter scheitern wird: Wir wollen ihn nicht zurück, wir haben ihn schon recycelt.