Sie erinnern sich noch, es war vor ein paar Wochen, da erklärte uns der Bundesnachrichtendienst (BND), er habe zwar den Amerikanern bei der Bombardierung Bagdads ein Bisschen geholfen, aber nur "schützenswerte" Ziele weitergegeben. Das, so dachte jener Teil der deutschen Öffentlichkeit, der seinen Trost im Selbstbetrug findet, hatte ja etwas Rührendes: Die Amerikaner hätten damals, fürsorglich vom deutschen Geheimdienst geleitet, vorsichtig um Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten herum gebombt.

Nun geht aus einem Bericht der Bundesregierung hervor, dass die zwei BND-Leute, die während des Irak-Kriegs in Bagdad waren, doch militärische Ziele an den Geheimdienst des US-Verteidigungsministeriums weitergegeben haben. Aber es seien nur "sieben militärische Teileinheiten, bzw. Objekte gewesen". Na klar, als der BND mit ansehen musste, dass die US-Bomber einfach nicht um die Kindergärten herum bomben konnten, da hat er, aus purer Humanität, "Teileinheiten" weitergegeben. Also nur so halbes Militärzeug, damit die Amerikaner von den Zivilisten abgelenkt waren?

Die Bundesregierung geht sogar davon aus, "dass die Daten nicht für einen Angriff benutzt wurden". Unter anderem, weil "die für einen Luftschlag erforderliche Genauigkeit" gefehlt habe. Da wird aus einer halben, um nicht zu sagen halbherzigen Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Krieges geradezu Sabotage desselben: Der BND hatte den verbrecherischen Charakter des US-Kriegs voll erkannt und, anders als diese lahmarschige Schröder Regierung, die sich einfach nur rausgehalten hatte, aktiv dagegen gehalten.

Wenn man dann im Bericht der Regierung weiter liest, und erfährt, dass die Zielkoordinaten "mit zeitlicher Verzögerung" übermitteltet worden sind, dann neigt man sich vor dem BND in demütigem Respekt. Von München-Pullach gesteuert, wurde in Bagdad Widerstand geleistet. Der BND, in klarer Friedensmission unterwegs, hat versucht dem Völkerrecht zur Geltung zu verhelfen. Und wenn es im Bericht weiter heißt, das sei alles "für die konkreten Kampfhandlungen der alliierten Streitkräfte ... nachweislich ohne Belang", dann wird damit nur die wahre, die heldenhafte Rolle des BND als humanitäre Hilfstruppe schändlich heruntergespielt.

Da weder die Bundesregierung noch der Bundespräsident bisher irgendetwas unternommen haben, den BND und dessen Rolle in Bagdad angemessen zu würdigen, kann die "Rationalgalerie" gar nicht anders, als den "Schmock des Monats" erstmalig einer Körperschaft zu verleihen. Herzlich Glückwunsch, Nachrichtendienstler, stehen Sie bequem.


PS.
Manchmal kann man dieses Land nur noch mit Zynismus ertragen. Dass im Falle einer Körperschaft, deren Beamte einen Eid auf die Verfassung geleistet haben und trotzdem der erklärten Haltung ihrer Regierung, sich aus dem Irak-Krieg rauszuhalten, zuwiderhandelten, keine Staatsanwaltschaft einschreitet, ist der inzwischen gewöhnliche Skandal. Obwohl wir mit dem § 81 des Strafgesetzbuches (Hochverrat gegen den Bund), ein relativ einfaches Mittel hätten, eine Reihe von BND´ lern wegen der Causa Bagdad "nicht unter zehn Jahren" ins Gefängnis zu bringen. Auch der § 80 des StGB, der die Vorbereitung eines Angriffskriegs mit "lebenslänglich" bedroht, käme infrage. Nicht infrage kommen solche Überlegungen für die Regierung, das Parlament und eine deutsche Öffentlichkeit, die mit zunehmender Begeisterung den Kakao trinkt, durch den man sie gezogen hat.