Rot-Rot-Grün, das schien lange Zeit die Hoffnung, der sklerotischen SPD Beine zu machen, die Kraft der jungen wilden GRÜNEN zur Transfusion für alles mögliche zu nutzen und der Linkspartei eine respektable Adresse auch für parlamentarische Bündnisse zu bieten. Eine beliebte Probe aufs Exempel waren die „Blätter für deutsche und internationale Politik“. Gegründet im Umfeld der finanzstarken DKP galten sie zeitweilig als „Zentralorgan der APO“ und mauserten sich zu einem Zentralorgan linker Debatten. Immer in Opposition zur jeweiligen Regierung, immer zur Verteidigung der Demokratie gerüstet, galten die „Blätter“ als ein Hort der Rechtsstaatlichkeit, als eine tapfere Kämpferin für die Bürgerrechte.

Stimme der Demokratie

Als mit dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien ein rot-rot-grüner Traum friedlicher Freiheit mit den Bomben auf Belgrad zerplatzte, als die SPD mit der Agenda 2010 und der Hartz-Vier-Sklaverei ihr soziales ROT zugunsten beliebiger Koalitionen gegen ein protziges Schwarz-Rot-Gold tauschte, schien die hoffnungsfrohe Farbenspielerei an der politischen Wirklichkeit gescheitert zu sein. Doch es blieben Refugien im publizistischen Bereich: Mit den „Blättern für deutsche und internationale Politik“ gab es sie: die Stimme der Demokratie und der Vernunft.

Grundrechte in die Tonne quatschen

Nun ist es genau jene Stimme, die mit einem ihrer Herausgeber, Jürgen Habermas, die Grundrechte in die Tonne quatscht. Unter der Überschrift „Corona und der Schutz des Lebens“ weigert sich der Philosoph, getreu der Regierungslinie, Zweifel an der Pandemie-Legende auch nur zu erwägen. Zwar jongliert er mit dem Begriff der „Übersterblichkeit“, verifiziert ihn aber nirgends, um dann flugs mit einer wissenschaftlich nicht geklärten Kategorie über den Zwang zu „staatsbürgerlichen Solidarleistungen“ zu räsonieren, den er natürlich, wegen einer an die Wand gemalten tödlichen Bedrohung, durchaus befürwortet.

Muppet-Show der Demokratie

Im arabesken Aufsatz des Philosophen tauchen so niedre Worte wie Parma-Industrie oder Profit-Interessen natürlich nirgends auf. Der Leser wähnt sich im esoterischen Nirwana, frei von gesellschaftlicher Realität zelebriert Habermas eine Muppet-Show der Demokratie, um stilvoll die Flucht anzutreten. Habermas macht das, was wir heute in Serie bei einst linken Intellektuellen beobachten: Angesichts der tödlichen Bedrohung der Demokratie verraten sie die Demokraten, sich selbst und ihre alten Ziele.

Den Staat gegen Kritik schützen

Der Trick bei diesem Verrat ist immer derselbe: Man erklärt die Gesundheitserzählung eines Staates als wahr, um sich dann mit diesem Staat solidarisch zu erklären. Dass der Staat immer nur die Beute der jeweils herrschenden Klasse ist - wer will das wissen? Habermas & Co jedenfalls nicht. So, selbst
blind gemacht, gelingt es ihnen zu glauben, dieser Staat sei ihr Staat, unser Staat gar. Und weil der „Staat“ uns gegen Corona schützt, müssen wir ihn gegen Kritik, Zweifel oder sogar Widerstand schützen.

Sich nur nicht mit der Realität beschmutzen

Ein weiterer Vorteil des Verrats: Angesichts der brutalen staatlichen Angriffe gegen die Demokratie müsste der anständige Intellektuelle eigentlich auf die Barrikaden steigen und zur Verteidigung der Grundrechte aufrufen. Ach, lieber nicht, sagen die Habermase, das ist in Zeiten der Diktatur nicht ungefährlich für die Karriere; wer auf der falschen Seite ist, kann schnell ins gesellschaftliche Abseits geraten. Das wollen wir nicht, wir wollen lieber von oben herab die Welt beurteilen, statt da UNTEN mitzumischen, unsere weißen Kragen könnten verschmutzen, unsere weißen Westen könnten Flecken kriegen.

Wettlauf um die besten Plätze auf der Gewinner-Bank

Immer noch geistert das rot-rot-grüne Projekt durch die parlamentarischen Reihen, immer noch werden Seifenblasen für handfeste Politik erklärt. Die Zeit des Verrats hat längst begonnen: Der Wettlauf um die besten Plätze auf der Gewinner-Bank ist fast schon gewonnen. Die Verräter drängeln sich: Wer bekommt die schöne neue Professur? Wer darf in der ZEIT die neuen schönen Weisheiten verkünden? Wer darf in der Tagesschau seinen Experten-Kopf raushängen lassen? „Ich, ich, ich“, melden sich die Schlauen. Die Sache mit der Demokratie? War mal so eine Idee, damals, als die freie Rede ein Kulturgut war. Soll sie doch im Museum hinter Glas vergilben. So geraten ROT und GRÜN, wie in der Farbenlehre auch, gesellschaftlich zu einem satten Braun. Was da unten rausrinnt, riecht nicht appetitlich, aber es gab immer schon Leute, die aus Scheiße Gold machen konnten. Nur so lässt sich Kapitalismus gut verkaufen.