Einige sagen: Das Spiel sei neu. Andere sind sich sicher: Es wäre ein ganz altes Spiel. Wie auch immer, vor Beginn müssen Sie sich entscheiden, ob Sie mit Wahlen entscheiden wollen, wem das Land gehört oder würfeln. Nach eingehender Beratung mit dem Wirtschaftsweisen Ihres Vertrauens entscheidet der für Sie. Wählen, wird der sagen, wählen ist Glücksache, würfeln ist die einzige mathematisch saubere Art, die Frage zu entscheiden: Wem gehört das Land?
Kaum haben Sie gewürfelt, kommt schon der erste Entscheidungspunkt: Ein amerikanisches Energieunternehmen möchte in einem unsicheren Land eine Pipeline bauen. Um die Sicherheit des Pipelinebaus zu erhöhen, sollen Sie Truppen stellen. Wenn Sie nein sagen, müssen sie leider zurück auf Start, drei Runden aussetzen und dürfen sich nie wieder mit dem amerikanischen Präsidenten fotografieren lassen. Sagen Sie ja, dann nehmen Sie an diesen internationalen Konferenzen teil, wo immer die Fotos mit Ihnen und dem Präsidenten gemacht werden und rücken auf Feld fünf vor.
Auf Feld fünf geht eine Bank pleite: Wenn Sie das Pleite-Unternehmen für 'systemrelevant' erklären und es aus Steuergeldern sanieren, kommt Herr Ackermann bei Ihnen zum Mittagessen vorbei und sie rücken vor. Wenn Sie sich dem weisen und natürlich völlig unabhängigen Rat der Bänker verweigern, werden Ihre Schuldzinsen erhöht und die Rating-Agenturen stellen das Land, von dem Sie gern hätten, dass es Ihnen gehören würde, auf eine Stufe mit Griechenland. Außerdem wird Ihnen der Würfel abgenommen und der Chef der Weltbank wird Ihr Amtsvormund. Da streuen Sie natürlich lieber das Geld der Steuerzahler in die Gegend und rücken vor.
Am Feld acht treffen Sie auf Vertreter der Automobilindustrie. Die fürchten um ihre Boni. Denn die haben über Jahre Überkapazitäten aufgebaut, und wenn sie die nicht schnell abbauen, dann sacken die Gewinne und auch die Extrazahlungen. Da überlegen Sie nicht lange: Den armen Leuten muss dringend geholfen werden. Also geben Sie mal wieder Geld aus, ist ja nicht Ihres, um alte Autos stillzulegen, wenn neue gekauft werden. Sie denken nur noch darüber nach, ob Sie die Aktion "Umweltprämie" oder "Mobilen Rückbau" nennen wollen. Irgendein Idiot kommt Ihnen mit dem Wort "Abwrackpämie" in die Quere. Trotzdem: Es geht vorwärts mit Ihnen. Ihr neuer Dienstwagen wird sogar gesponsert.
Soviel ausgegebene Steuergelder verlangen auf dem Feld zehn Einsparungen oder Einnahme-Erhöhungen. Gut nachdenken! Wenn Sie jetzt leichtsinnig werden und vielleicht die Steuern für die Besserverdiener erhöhen wollen, weil die ja ständig Steuergelder bekommen, wenn die zu blöde sind ihre Unternehmen richtig zu führen, dann werden Sie in den Mainstream-Medien wegen Einschränkung der Markt-Freiheit angegriffen und setzen erst mal aus. Gottseidank hilft Ihnen die Versicherungsbranche mit einer guten Idee: Rente mit 67 senkt die Rentenkosten und steigert die Gewinne bei den Rentenversicherern. Das rettet die freie Marktwirtschaft und sie dürfen sogar ein paar Felder überspringen.
Nun glauben Sie, sie hätten es geschafft, da tut sich kurz vor dem Ziel ein doppelter Fragepunkt auf: Zum einen wünscht die Energiewirtschaft, dass die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert werden, zum anderen will sie von dem irren Gewinn, der durch die längere Laufzeit entsteht, auf keinen Fall Geld abgeben. Dass mit der Laufzeit leuchtet Ihnen sofort ein. Denn Atomkraftwerke sind total sauber. Das hilft der Umwelt. Mit dem Argument könnten Sie auch die Kürzungen bei der Solarstrom-Förderung erklären, schließlich nutzt sich ja auch die Sonne bei der Gewinnung des Solarstroms ziemlich ab. AKW bedeuten also gute Luft und mehr Sonne und Wärme. Das von Ihnen prognostizierte warme Wetter wird durch eine Reihe von Überschwemmungen umgehend und eindeutig nachgewiesen.
Irgendjemand hat Ihnen mal gesagt, dass die Atomwirtschaft im Laufe der Zeit gut 165 Milliarden an staatlichen Subventionen erhalten hat. Und, da die AKW spätestens seit Tschernobyl nicht mehr versicherbar sind, im Falle eines Unfalls der Staat die Risiken trägt. Da könnte man doch mal darüber nachdenken, die Energieindustrie zur Kasse zu bitte, wenn man ihr doch grade ein paar Milliarden durch längere Laufzeiten schenkt. Aber dann hilft ihnen eine Anzeige der Wirtschaft aus der Frageklemme. Da steht drin: "Es geht um viel: die Sicherung der Lebensgrundlagen von morgen und die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland." Und außerdem schreiben da Volkswirtschafts-Experten wie Oliver Bierhof und Otto Schily, dass man die Atomindustrie nicht "einseitig belasten" darf. Das sehen Sie ein. Jetzt sind Sie endlich am Ziel. Zwar gehört das Land nicht Ihnen und erst recht nicht denen, die so blöde waren Sie zu wählen, aber Sie dürfen wieder Kanzler werden. Hören Sie auf keinen Fall auf Leute, die das für ein Scheiß-Spiel halten. Die sind ein Fall für den Verfassungsschutz.