"Sehen Sie", sagt der distinguierte Herr mit den weißen Haaren und dem eleganten Dreiteiler, "diese Aufregung über diesen oder jenen Toten in Afghanistan oder sonstwo, darum kann es doch gar nicht gehen. Die Bundeswehr ist für uns von der Sicherheitswirtschaft das reine Marketing-Instrument. Da staunen Sie? Aber lieber Mann, wer Waffen verkaufen will, der muss sie auch anwenden. Deutschland ist Export-Nation! Nach den USA und den Russen die Nummer Drei im internationalen Rüstungsgeschäft. Glauben Sie denn, das Zeugs verkauft sich von selbst? Sie müssen sich so einen Verteidigungsminister einfach als obersten Handelsvertreter vorstellen. Der alte, dieser Jung, ein unglaublicher Trottel, der wirkte geradezu geschäftsschädigend, der hat sich aber dann selber abgeschossen, guter Witz, oder? Jedenfalls ist der neue Mann von Adel und Anstand: Stellt sich sofort vor unsere Vertreter-Truppe, vor allem unsere Afghanistan-Repräsentanten, es geht immerhin um rund 40 Milliarden, nur für die eigenen Soldaten.

Allein mein eigener Laden - nicht, dass ich bei "Rheinmetall" angestellt bin, aber sagen wir mal ich berate das Unternehmen - will für drei Milliarden Puma-Panzer an die Bundeswehr verkaufen und für die doppelte Summe an andere Armeen. Da kommen uns doch glatt die Schweden in die Quere, die haben einen ähnlichen Panzer, nur halb so schwer. Diese nordischen Drückeberger haben nur ein paar hundert Soldaten am Hindukusch, wir ein paar tausend. Wahrscheinlich haben die außerdem noch den Bundesrechnungshof geschmiert, der hat ja noch im April erklärt, der Puma sei nicht leistungsfähig. Nur weil er so schwer ist, dass man immer nur einen von diesen Panzern in das neue Transportflugzeug, den A 400, reinkriegt. Na und? Sollen die doch ein paar mehr Flugzeuge bestellen, kosten ja pro Stück nur 20 Milliarden. Sie meinen, der Flieger wäre noch gar nicht gebaut? Was solls? Der Panzer doch auch noch nicht. Aber alles ist bestellt. Und was bestellt ist, das wird auch bezahlt. Man kann unsere Truppe in all diesen gefährlichen Gegenden doch nicht nackt rumlaufen lassen. Und die Schweden, die sollen erstmal ihr Verkaufspersonal aufstocken!

Natürlich verkauft sich die praktische Verkaufsförderung in der Öffentlichkeit nicht immer so, wie wir das gerne möchten. Die Deutschen haben ja nicht nur zwei Kriege angefangen, sie haben die auch noch verloren. Schön blöd. Da muss man eben neue Argumente finden. Wie zum Beispiel den fundamentalen Satz von meinem Freund Rainer Stinner, der für die FDP im Verteidigungsausschuss ist: 'Die Bundeswehr füllt gemeinsam mit den Verbündeten ein temporäres Sicherheitsvakuum.' Das ist es: Irgendwo auf der Welt tut sich ein schreckliches Vakuum auf. Was macht so ein Vakuum? Es saugt alles mögliche an, kennt man ja vom Staubsauger. Da müssen dann unsere Jungs rein, die Leere füllen bevor es andere tun. Gut, 'temporär' kann schon mal acht Jahre oder mehr dauern, aber der Dreck, den wir dann dort beseitigen, der ist es wert. Schade, dass der Kamerad Nachtweih von den Grünen den Dienst im Ausschuss quittiert hat. Der konnte noch auf die richtige Tränendrüse drücken: 'Den jungen Fallschirmjägern, die jeden Tag draußen in Lebensgefahr stehen, reichen unsere sicherheitspolitischen Begründungen für den Afghanistaneinsatz längst nicht mehr. Sie müssen zugleich Aussicht auf Erfolg sehen'. Der Mann hat es erfasst: Erfolge brauchen wir, mit unseren Waffen!

Ein schöner Erfolg ist auch die Bilanz meiner Branche: Rund 17 Milliarden hat die Sicherheitsindustrie - von Rüstung sprechen wir nicht gern - im letzten Jahr umgesetzt. Das ist doch was, Tendenz steigend. Da können wir solche Heulsusen mit den Doppelnamen, wie die Jaffke-Witt von der CDU, die von der 'Führsorgeverantwortung gegenüber den gefallenen Soldaten' quasselt und denen ein Denkmal setzen will, nicht brauchen. Bei der Feuerwehr kommt ja auch schon mal einer um, muss der gleich ein Denkmal haben? Ein Denkmal sollte den Abgeordnten Siebert von der Union und Kahrs, dem alten Sozen, gesetzt werden. Die haben die Kollegen von Krauss-Maffei vor schweren Umsatzverlusten geschützt. Beinahe hätte die Bundeswehr ein Patrouillenfahrzeug von der Schweizer Konkurrenz gekauft. Angeblich leichter, besser zu transportieren. Wahrscheinlich auch noch billiger, immer wieder die selben preiswerten Argumente. Na, der Siebert hat lange gequengelt und verzögert. Krauss-Maffei läge in seinem Wahlkreis und die hätten doch diesen tollen "Dingo". Als das alles nichts mehr half, sprang dann Johannes Kahrs in die Bresche. Der bremste die Beschaffung mit der parlamentarischen Nachfrage wie es denn um "die Lautstärke im Fahrzeugraum bestellt sei", so lange bis Krauss-Maffei sein Fahrzeug anbieten konnte.

Immer wieder wird uns Beratern vorgeworfen, es ginge uns nur ums Geld. Am Beispiel von Johannes Kahrs wird deutlich, wie großzügig wir damit umgehen: Der Mann hat von Rheinmetall eine Parteispende bekommen, von Krauss-Maffei auch. Man schreibt von insgesamt 60.000 Euro, die in seinen Wahlkreis geflossen sind. Da wird doch deutlich: Wir behalten fast nichts für uns selbst, nahezu alles geht in die Parteien, also in die Demokratie. Sicher, in unserer Branche wird auch Geld verdient, aber nur unter erschwerten Bedingungen. Es gibt ja kaum noch lukrative Kriege. Erst wenn im Krieg so richtig Material vernichtet wird, wachsen unsere Umsätze. Alle Welt will Sicherheit aber keinen Krieg. Da sage ich: Entweder oder."

Der seriöse Herr blickt sinnend aus dem Fenster des Restaurant Borchardt am Berliner Gendarmen Markt. Dass er die Rechnung bezahlt versteht sich: Er sei ein Freund der Medien sagt er, so lange sein Name nicht genannt würde. Nach dem Essen hat er seine Hände gewaschen. Man darf annehmen: In Unschuld.