Endlich kommt die sinnvolle, die marktwirtschaftliche Antwort auf die wachsende Jugendkriminalität: Die Täterwaffen werden im Internet verkauft. Leider noch nicht im brutaltstmöglichen Hessen, wo man noch auf die althergebrachte staatliche Repression setzt. Im hanseatischen Hamburg aber, dem fortgeschritteneren CDU-Land, werden beschlagnahmte Täterwaffen von der Staatsanwaltschaft über das Internet versteigert: Klappmesser, Hirschfänger, Baseballkeulen, alles was die Hamburger Polizei im Verlaufe der Woche diversen Jugendlichen abnimmt, ist am Wochenende auf den Internetseiten des Zolls wieder zu ersteigern.
Dass sei "rechtlich einwandfrei", verkündet der Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft und stapelt tief: Das ist ist nicht nur einwandfrei, das ist auch lobenswert. Zum einen aus ermittlungstechnischen Gründen: Diese Waffen werden natürlich erstmal registriert, bevor sie wieder in Umlauf kommen. Wenn sie dann nach einer Messerstecherei erneut konfisziert werden, lässt sich der Weg solch einer Waffe viel besser rekonstruieren, als wenn sie in der Asservatenkammer der Polizei vor sich hingerostet hätte. Denn während die Staatsanwaltschaft sonst große Mühe hatte, die Häufigkeit einer Waffenverwendung nachzuweisen, sind die Nutzerdaten amtlich erfasster Messer einfacher zu verfolgen: Einmal benutzt, ein Monat Haft, zweimal benutzt vier Monate und so weiter in der Progression des Strafmaßes.
Auch aus ökologischen Gründen ist die Rückführung von Altmessern in den wirtschaftlichen Kreislauf nur zu loben. Der Energie-Aufwand bei der Produktion eines Messers entspricht ungefähr drei gefahrenen Mercdes-Kilometern. Wenn so ein Messer nun, statt es jeweils neu zu kaufen, auch nur zehn mal zum Einsatz kommt, sind bereits dreissig Mercedes-Kilometer weniger gefahren worden, das entlastet die CO-2-Bilanz beträchtlich. Die Hamburger CDU, in der zur Zeit über eine Koalition mit den GRÜNEN nachgedacht wird, versucht mit der Aktion "Öko-Messer" eine weit höhere Nutzung einmal auf dem Markt befindlicher Messer durchzusetzen. Ein grüner Punkt für Messer, die mehr als zwanzig Einsätze hinter sich haben, ist im Gespräch.
Insbesondere der marktwirtschaftlich-pädagogische Aspekt dieser hanseatischen Messer-Rotation ist nicht zu unterschätzen. Lernt doch der Nachwuchskriminelle im Ersteigerungsverfahren Grundsätze marktwirtschaftlichen Denkens: Knappe Güter werden teuer wird der Anwärter auf den Preis "Jugend sticht" feststellen, denn in der Kette Beschlagnahmung-Versteigerung-Beschlagnahmung verschwindet so ein Messer bis zu zwei Wochen aus dem ökonomischen Verkehr. Wenn es dann wieder auf dem Markt ist, kann der Preis nur steigen. Es gibt junge Serientäter, die für ihre Machete schon das hundertfache des Ausgangspreises erzielt haben, weil sie ihre Waffe beim Internet-Auktionshaus Ebay mit einer spannenden Verwendungslegende angeboten haben. So kann Marketing schon früh gelernt werden.
Aus Kreisen der Hamburger Justiz verlautet jetzt, dass auch eine Waffen-Leihstation in Planung ist: Nach der Tat könnte der Straftäter seine Waffe im Justiz-Leihhaus versetzen, um sie in Vorbereitung neuer Aktivitäten wieder auszulösen. Der dabei anfallende Gewinn sollte dem jährlichen Ball der Staatsanwaltschaft zugute kommen. Zweifel meldete ein CDU-Waffenexperte an: Ein häufiger Gebrauch könnte die jeweiligen Waffen funktionsunfähig machen. Wie soll man zum Beispiel mit einem gesplitterten Baseballschläger noch wirkliche Treffer erzielen. Und wo kein Treffer, da keine Tat, folgerte der Experte, und ohne Tat keine Vebrechensbekämpfungskampagne.
Wahrscheinlich wird sich auf Dauer eine Kombination des Hamburger und des hessischen Modells durchsetzen. Die jeweilige Staatsanwaltschaft gibt die Messer an Nachwuchstäter aus, um sie anschließend schön lange in Haft nehmen zu können. Denn je länger die Haft, desto gründlicher die kriminelle Ausbildung. Bisherige liberale Strafen von wenigen Wochen sichern einfach keine sachgerechte Verwendung der Messer. Tötungen sind deshalb eher zufällig. So kann aus einer kriminelle Karriere nichts werden. Schließlich können Wahlen und Abschreckungskampagnen nicht mit Lappalien gewonnen werden.
Wie die "Abschreckung" von Kriminellen wunderbar funktioniert, zeigt die USA. 1994 verkündete Bill Clinton die Maxime: "Three strikes, and youre out". Gemeint waren die langfristigen Haftstrafen von Kriminellen nach drei Vergehen ungeachtet ihrer Tragweite. Schon ein Jahr darauf meldeten die Bundesstaaten überfüllte Gefängnisse. Mit lebenslänglichen Insassen, die wegen Pizzaklau und Cannabis-Rauchen beim dritten geringfügigen Delikt für Jahre weggesperrt wurden. 1995 waren in den USA von 100.000 Einwohnern 411 inhaftiert. Heute sind es 748. Clinton wurde zweimal zum Präsidenten der USA gewählt, seine Frau bewirbt sich bisher recht erfolgreich um einen Anschlussjob. - So macht man das Herr Koch.