"Park Avenue", das klingt nach New York und Central Park, nach den feinen Adressen der ganz feinen Leute. Zu Hause ist das Magazin in Hamburg am Bauwall und Chefredakteur ist Alexander von Schönburg, der uns jüngst mit einem Buch "stillvolles Verarmen" beibringen wollte.

Schönburg ist mit einem signifikanten Artikel über die gewesene Vogue-Chefin, Angelica Blechschmidt, im Blatt vertreten und schafft es in den ersten fünf Druckzeilen fünfmal das Personalpronomen "ich" unterzubringen. Nach diesem Einstieg in die stilvolle Bescheidenheit sehen wir Herrn Schönburg "in Gesellschaft" seiner Frau, was wohl bedeutet, dass sie dabei war, und dem "besten Friseur der Welt", wieder. Frau Blechschmidt, erfahren wir, findet Laminatboden indiskutabel, verwendet häufig die Redewendung "Hushi-pusch" und bevorzugt Champagner, weil der keine Flecken macht. So in die Welt der Schönen eingeführt, schauen wir auf das Foto der Ex-Vogue-Chefin: unmäßig dicke, rote Lippen, die an zwei rasend weissen Zahnatrappen festgefroren sind. Da kommt dann doch Mitleid auf.

Zweihundert Magazin-Seiten, von denen jede zweite mit Anzeigen der einschlägigen Marken belegt sind: Boss, Dior und diese merkwürdige Kofferfirma, die immer das Futter nach aussen wendet. Zwischendurch ist der Leser bei Anne Keller zu Besuch, der "geheimnisvollsten Mächtigen", die sich bei näherem hinlesen als PR-Tante der Swiss Re, einer Schweizer Rückversicherung herausstellt. Sie ist für die "Philosophie" des Unternehmens zuständig. Die besteht darin "Werte zu schaffen". Logisch kommt die Autorin des Artikels zum Schluss "So macht Kapitalismus Sinn".

Ähnlich sinnvoll das Statement von Sebastian Koch, dem Speer-Darsteller aus dem ziemlich überflüssigen Breloer-TV-Dreiteiler rund um des Führers Architekten: "Um die Gefahr des Nazi-Traums verstehbar zu machen, muss man den Traum erst mal verstehen". Auch gute Schauspieler müssen nicht zwingend intelligent sein, aber warum Koch sich gemeinsam mit seiner Kollegin Alexandra Maria Lara in einer Fotostrecke von Michel Comte erlegen lässt, ist nicht zu erraten. Auch die Zigaretten, die beide Schauspieler auf den Fotos in den Händen halten, bringen brennende Fragen hervor: Was zahlte die Zigarettenindustrie und wem? Seltsam wächserne Bilder sind von den beiden entstanden, ein wenig tot werden sie dem Leser präsentiert.

Gut, dass die "Park Avenue" sich schnell der lebendigen Cote d´ Azur zuwendet, der Gegend, wo Herrchen seinen Maibach und Frauchen ihr Brilli-Chopard-Ührchen spazieren führen. Michael Graeter, der chronische Gesellschaftsreporter, erzählt über "den Horror in Südfrankreich reich zu sein." Denn dort wird zuweilen eingebrochen. Das eingangs aufgebaute Mitleid versickert sanft und spurlos zwischen den Zeilen.

Wer denkt, das Glitzer-Magazin könnte nur Luxus, der irrt. Total sozialkritisch wird über die vergeudete Entwicklungshilfe für Swasiland reportiert. Denn dort fährt der König der armen Bevölkerung immer Daimlers, hat sich 12,5 Millionen Euros für neue Paläste genehmigen lassen und genehmigt sich jedes Jahr eine Jungfrau aus dem Volk. Na gut, ein Bisschen Luxus muss auch in der schärfsten Sozialreportage sein.

Irgendwo, hinter der Seite 200, erfahren Leserinnen und Leser, dass es eine neue Geschäftsethik gibt: "Soziale Verantwortung zu übernehmen ist attraktiv und sexy". Da ist der Obdachlose, der sich das Blatt aus der Mülltonne geholt hat, aber bereits eingeschlafen.

Wer soll die "Park Avenue" wohl kaufen? Nach kurzem Rätseln kann die Frage beantwortet werden. Es können nur die Auchdabeis sein, jene Gruppe von Menschen, die gerne auch dabei wären, wenn die Reichen, Mächtigen, die Schicks und die Micks, die Buffets dieser Erde abgrasen.

Der Chefredakteur des Blattes hofft mit den neuen Magazin auf einen "Durchbruch". Wer noch einen Blinddarm hat, bringt sich besser in Sicherheit.

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