Da sprach Gott zu Noah: Ich habe beschlossen, dass alle Landbewohner untergehen sollen, denn sie verbreiten Terror über die Kontinente. Darum will ich sie auf der Erde aussterben lassen.
1. Mose 6, 13
Liebe LeserInnen, wir sind mal wieder in ein tiefes Loch gefallen. Es ist das Sommerloch und Petrus hat beschlossen, es mit Regenwasser zu füllen. Unsere PolitikerInnen können nicht helfen, weil alle Rettungsschirme in die Urlaubsparadiese geliefert wurden. Außerdem sind sie zurzeit damit beschäftigt, Doktorarbeiten zu verbrennen und über den Eurosumpf einen Knüppeldamm aus Worthülsen zu bauen. Wie gut, dass es die RATIONALGALERIE gibt!
Viele Menschen leiden aktuell unter Endzeitvisionen. Sie glauben nach dem Dauerregen der letzten Tage, dass durch die Klimakatastrophe eine neue Sintflut begonnen hat. Die Besserverdienenden unter unseren LeserInnen haben gewiss schon ihre Motorjachten flott gemacht und die Schlüssel für die Schweizer Bankschließfächer im Garten vergraben. Aber auch die Hartz-IV-Empfänger beginnen, Flaschenkorken für Schwimmwesten zu sammeln.
Deshalb ist es höchste Zeit, die ältesten Urkunden der Menschheit erneut zu sichten und die Überlieferung auf den neuesten Stand zu bringen.
Vor 6000 Jahren sah es auf der Erde gar nicht gut aus. Die Bevölkerung hatte in der letzten Zeit viel Mist gebaut und darum entschied sich GOtt, sie mit allem Landgetier auszurotten. Die Viecher sollten vermutlich gekeult werden, um EHEC, Vogelgrippe, Rinderwahn und andere Schweinereien wirksam einzudämmen. GOtt diskutierte mit seinem Kabinett aus Thronen, Seraphim und Cherubim das Krisemanagement. Plötzlich hatte der Erzengel Michael, der nicht umsonst zur Rechten GOttes platziert ist, wie der Vizekanzler zu Seiten Angela MErkels, die Erleuchtung: „Einen Gerechten lassen wir am Leben, als Zeitzeugen! Zur Entscheidungshilfe wird eine Ethikkommission unter Vorsitz von Heiner Geißler oder Josef Ackermann gebildet.“
Um einen Anachronismus zu vermeiden, bekam nach dem üblichen Postengerangel der wegen Körperverletzung mit Todesfolge vorbestrafte Kain den Job. Kain hat, wie nicht anders zu erwarten, die Familie begünstigt und seinen Nachkommen Noah, den Sohn Lamechs, nebst Kindern als Gerechte eingestuft.
Noah mit dem ulkigen Spitznamen Utnapischtim, seinerzeit berühmt als Erfinder der Önologie, machte sich ernsthaft Sorgen um das Wetter. Damals regnete es genau so abscheulich, wie zuletzt bei uns. Die Zikkurat von Ur, laut Erich von Däniken eine Art Fernsehturm aus Lehm, war schon ganz weich geworden. Da erschien GOtt auf der Bildfläche. Das war kein Problem, denn er wohnte um die Ecke im Garten Eden. Und GOtt sprach zu Noah: „In der nächsten Regenzeit ist mit sintflutartigen Niederschlägen zu rechnen. Du brauchst einen Rettungsschirm! Baue ein Kreuzfahrtschiff auf Kredit und lass es vom TÜV Zweistromland abnehmen.“ Und er diktierte ihm sicherheitshalber die technischen Daten. Noah ritzte hastig eine Konstruktionszeichnung der Arche auf einen Stapel Tontafeln, drückte sie seinem Sohn Japhet in die Hand und sagte: „Das Wasser steht uns bis zum Hals. Unterziehe den Kasten bis vorgestern einem Stresstest und berichte mir sofort, ob er funktioniert.“ Nun hatte Japhet zwar einen Haufen Zeichnungen, etwa wie die von Stuttgart 21, aber als Wüstennomade vom Schiffbau keine Ahnung. Woher sollte er wissen, ob das Teil etwas taugt? Unsere cleveren LeserInnen tippen auf eine Expertise aus der Schweiz. Ein falscher Irrtum! Damals gab es zwar das Paradies, aber noch keine Steuerparadiese und der Ötzi sprach kein Wort Sumerisch. Ohne viel Brühe zu machen, bescheinigte also der coole Junior dem alten Herrn: Stresstest bestanden. Alles roger!
So kamen die Konstruktionsfehler in den Kasten. Er hatte nur Luxuskabinen für Noahs Familie und viel zu viel Parkdecks für Viehzeug. Dabei wäre es betriebswirtschaftlich sinnvoll gewesen, schmale Kojen für die unterbezahlten Hirten und Mägde einzubauen. Stattdessen verlud der Ökofreak Noah den Zoo von Ur auf die Arche und die TierpflegerInnen ließ er jämmerlich ersaufen.
Auf die Schilderung der eigentlichen Flutkatastrophe können wir getrost verzichten. Sie wurde in mehreren Hollywoodschinken hervorragend in Szene gesetzt. Es war ungefähr so wie eine Kreuzfahrt im Roten Meer bei Windstärke 8.
Als das Regenwetter nach 40 Tagen endlich aufhörte, hatten die hungrigen Passagiere der Arche glücklicherweise noch nicht allen Tauben den Hals umgedreht. Sie haben erst das Großwild verspeist. Dadurch sind das Mammut und der Moa ausgestorben.
Eine Frage bleibt: Wo nahm GOtt das ganze Wasser her? Vermutlich war es nur ein Dauerstarkregen. Und dann darf man nicht vergessen, dass die Erde damals eine Scheibe war. Um einen Teller unterzutauchen, braucht man viel weniger Wasser als für einen Fußball. Das können unsere experimentierfreudigen LeserInnen selbst in einem Eimer ausprobieren. Es nennt sich das archimedische Prinzip.
Nach der Krise zog GOtt Bilanz und sah, dass die Sache mit der Ethikkommission, dem Rettungsschirm und dem Stresstest eine fürchterliche Luftnummer gewesen war. Da sprach er zum Heiligen Geist: Schreibe ein Sachbuch für die künftigen Generationen, damit sich dieses Elend nicht wiederholt. Der Heilige Geist war aber gerade mächtig im Druck, denn er projektierte für den ägyptischen Architekten Imhotep die große Pyramide und sie hatten Kummer mit der Statik. Er zündete sich eine kubanische Zigarre an, ließ von Wolke Sieben eine Praktikantin namens Sylvana kommen … und sagte zu ihr: „Engelchen, stelle ein Dossier über die Sintflut zusammen. Die Sachlage ist dir bekannt.“
Nur war Sylvana bei der entscheidenden Kabinettssitzung leider nicht dabei gewesen, weil sie einen Friseurtermin wahrnehmen musste. Also griff sie in ihrer Not zum Meißel, klopfte die Leitartikel aus der Urer Allgemeinen Tontafelzeitung heraus und reichte den Scherbenhaufen bei der Uni von Ninive als Doktorarbeit ein. Erst später haben die Schriftgelehrten in Palästina daraus das Buch Genesis zusammengekittet.
Liebe LeserInnen, wie ihr seht, können wir aus der Bibel noch viel lernen. Die Lehren sind fürs Erste folgende:
1. Hilf dir selbst, so hilft dir GOtt!
2. Was wir brauchen, sind weder Stresstests für Griechenland und Italien, noch einen Rettungsschirm für Stuttgart 21, sondern bestenfalls Ethikkommissionen für die Banken und Hedgefonds.
3. Und wenn’s doch mal klemmt, werden uns die Experten für Bankhäuser und Bahnhofsbau aus der Schweiz auf den richtigen Holzweg lenken.
Zu guter Letzt ein zweckdienlicher Hinweis für die Jugendlichen unter unseren LeserInnen. Einige von euch haben jetzt den finsteren Verdacht, dass GOtt schwere Fehler gemacht hat. Keine Sorge, GOtt irrt sich nie! Es läuft im Himmel ganz so ab wie auf Erden. Auch Angela MErkel macht nichts falsch. Der Pfusch beginnt bei den Ministern.