Belau loba klisiich er a kelulul
(Palau kommt voran, mit Kraft und Stärke)
Nationalhymne

Wenn Schäuble sie nicht haben will, die Uiguren aus Guantánamo, dann kriegt sie eben Johnson Toribiong. Der Herr ist Präsident von Palau. Und Palau, der Inselstaat im Pazifischen Ozean, war auch schon mal deutsch, so eine Art Helgoland. Nur wärmer. Das wird die 17 Uiguren (Angehörige einer chinesischen Minderheit) aus dem US-Konzentrationslager, denen man eine Art Pauschalreise gebucht hat, sicher freuen. Denn wo sie ursprünglich herkommen, da gibt es so eine ärgerliche Mischung aus Wüste und kaltem Gebirge. Die tropische Palau-Inselgruppe hat immerhin eine durchschnittliche Jahrestemperatur von 27 °C. Allerdings wohnen dort bisher keine Uiguren. Sollen die doch ihre Frauen nachkommen lassen, werden sich die US-Behörden gedacht haben, die den Trip mit 200 Millionen Dollar Vollpensionskosten finanzieren. Die könnten dann entweder Tobianisch, Sonsorol oder Japanisch lernen. Denn das spricht man auf Palau.

Ob allerdings der chinesische Geheimdienst, auf dessen Fake die Amerikaner reingefallen waren als sie die 17 vorgeblichen Terroristen inhaftierten, deren Frauen ausreisen lassen werden, ist eine andere Frage. Die "Welt" ein Medium besonderer Qualität, beantwortet schnell eine zweite Frage: Warum eigentlich Palau? Immer wenn, meint die Springer-Zeitung, "wichtige westliche Verbündete nicht mitmachen, wendet sich Washington an besonders schutzbedürftige Nationen, die aus Staatsräson helfen. Im Irak-Krieg waren es vor allem osteuropäische und asiatische Länder (darunter auch Palau), die sich durch eine enge Bindung an Washington gegen Russland und China absichern wollten." Niemand in Moskau oder Peking wird auch nur für 30 Sekunden so blöde sein, ein schutzwürdiges Interesse an Palau anzumelden. Denn die dort bekannten Rohstoffvorkommen sind Maniok, Kokosnüsse, Bananen und Süßkartoffeln. Man existiert in Palau wesentlich von den Überweisungen der Palauaner, die in den USA leben.

Das abgelegene Palau, wie die Teufelsinseln von Haien umgeben, war seit 1947 ein Treuhandgebiet der USA. Wer im Osten Deutschlands zur Zeit der "Wieder-Vereinigung" lebte, der weiß was das bedeutet: Demontage bis in die Biographie hinein. Offensichtlich wollten die Palauaner das lange Zeit nicht wissen: Unter Führung von Ibedul Gibbons kämpften sie jahrelang um das Recht, den USA als Protektoratsmacht die Stationierung von Atomwaffen verfassungsrechtlich zu untersagen. Nach einer langen Übergangsperiode und dem gewaltsamen Tod zweier Präsidenten (Haruo Remeliik wurde 1985 ermordet, Lazarus Salii beging 1988 Selbstmord) wurde Palau am 1. Oktober 1994 offiziell unabhängig. Mord und Selbstmord wurden nie ordentlich aufgeklärt. Keiner hatte die CIA gefragt.

Die Unabhängigkeit erlangte Palau nur durch einen "Assoziierungsvertrag" mit den USA. Und natürlich wurde danach der erkämpfte Passus über die atomwaffenfreie Zone aus der Verfassung der Insel gestrichen. Die USA blieben weiter für die Verteidigung und Außenpolitik der Republik zuständig. Als Gegenleistung verpflichteten sich die Vereinigte Staaten, in den nächsten 15 Jahren etwa 480 Millionen US-Dollar in die Wirtschaft der Inseln zu investieren. Da sind die 200 Millionen, die von der Regierung Obama jetzt für die Übernahme der 17 Uiguren überwiesen werden, ein schönes Zubrot. Das Deutsche Reich hatte schon einmal 17 Millionen Mark für Palau bezahlt. Natürlich auch nur, um Palau zu schützen.

Damals, 1899, als die Spanier den spanisch-amerikanischen Krieg verloren hatten, dachte das Kaiserreich es hätte ein Chance, seine kolonialen Möglichkeiten auszuweiten: Mit einer Demonstration der deutschen Kriegsflotte und dem erwähnten Handgeld, erhoffte man sich ein Sprungbrett. Das verlor man an die Japaner und später holten sich die Amerikaner die Inselgruppe zurück, die ihnen nach dem "Splendid Little War", dem "prima kleinen Krieg" gegen Spanien, eigentlich schon damals zugestanden hätte. So schließt sich, spät aber nicht zu spät, der Kreis: Was einmal deutsche Kolonie war, erfüllt jetzt, als amerikanische Kolonie, jene Wünsche der USA, die von Deutschland bisher nicht erfüllt wurden.

Eine Anfrage aus Palau auf Überlassung von Wolfgang Schäuble "um das Sicherheitsrisiko zu mindern" wurde vom Außenminister der Bundesrepublik abgelehnt: Man beherberge immerhin schon Murat Kurnaz, auch ein ehemaliger Guantánamo-Häftling, im eigenen Land, erklärte Frank W. Steinmeier, da könne man den deutschen Staatssicherheits-Minister nicht entbehren. Ob die "Welt" in diesem Zusammenhang die Bundesrepublik Deutschland auch als "besonders schutzbedürftige Nation" einstuft, ist bisher nicht bekannt.