An Athener Mauern steht er, der sarkastische Wunsch für eine fröhliche Krise und eine glückliche neue Furcht: MERRY CRISIS AND A HAPPY NEW FEAR. Man hat ihr Gewalt angetan, der griechischen Jugend, die Gewalt von Arbeits- und Perspektivlosigkeit, die Gewalt des extremen Abstandes zwischen Arm und Reich, die Gewalt der Leitbilder einer angeblich entwickelten Welt, in der Geld alles ist und der Rest nichts. Mit der gleichen anarchistischen Gewalt, mit der ein unkontrolliertes System einige wenige nach Oben schwemmt und eine Mehrzahl nach Unten zieht, schlagen sie zurück: Die Steinewerfer, die Brandsatzbastler. Man muss das nicht gut heißen. Aber man hat die Pflicht, das zu verstehen.
Es riecht nicht nach Heu und Stroh im IT Park Saarland, am Rand von Saarbrücken. Hier wurde mal Draht produziert. Heute ist der Park einer der vielen Innovations- und Technologiezentren der Republik, die als Ersatz für alte Industrie neue Ideen produzieren sollen: Beratungsagenturen, Kommunikationsagenturen, Softwarespezialisten. In diesem Park hat die "Professor Dr. h. c. Peter Hartz GmbH & C0" ihren Sitz. Geschäftszweck ist "Beratung, Unternehmensführung und Controlling". Im Schosse der "SHS-Foundation", die vom Hartz-Sohn Michael geleitet wird und auf dem selben Gelände geparkt ist, wurde jetzt das Konzept "Minipreneure" für Langzeitarbeitslose entwickelt. Ein Konzept, das den Schlosser nach zehn Jahren Arbeitslosigkeit zum Schlossherren machen soll, zum Entrepeneur, zum Unternehmer. Man spricht französisch - wenn auch nur mini.
Peter Hartz, der neue Heiland der Langzeit-Arbeitslosen, ist ein klassischer Vertreter des Schröder-Merkel-Systems. Was wird die Merkel werden, wenn es mit dem Kanzler-Job vorbei ist? Der Posten als Gasprom-Botschafter ist schon besetzt. Pressesprecherin der Bank of Beijing vielleicht? Oder nur Europabeauftragte von General Motors, nachdem sich der amerikanische Automobilbauer mit deutschem Geld aus der Krise hat retten können? Von Hartz wissen wir genau, was er nach seiner Karriere bei VW, nach Korruption und Betrug, nicht geworden ist: Ein Strafgefangener. Jetzt darf er sich, obwohl nur auf Bewährung draussen, wieder an Arbeitslosen vergehen, Staatsknete einstecken und dafür Papier liefern.
Der "Minipreneur" wird als erstes eine neue Sprache lernen müssen: Das Quenglisch. Das Quenglisch ist jene unnachahmliche Mischung aus Quatsch und Englisch, die immer gesprochen wird, wenn man sehr billige Ideen sehr teuer verkaufen will. Mit "Exchange Learning" und "Exchange Helping", so das neue Hartz-Konzept, wird der künftige Mini-Unternehmer seine Unternehmung vorbereiten. Zuerst tauscht er mit den anderen Langzeit-Arbeitlosen Erfahrungen aus (Exchange Learning): "Als die Bude dicht machte, bin ich erstmal Leiharbeiter gewesen. Dann gab es Hartz IV." - "Ich habe sofort Hartz IV bekommen, sagt der nächste stolz, einen echten Arbeitsplatz habe ich nie kennen gelernt." Dieser Austausch helpt sehr. Denn, sagt das Konzept: "Die polylogischen Kommunikationen sollen konkrete, anstehende Probleme lösungsorientiert und ressourcenbewusst vorantreiben."
Es gibt eine Sorte Deutsch, deren Verursacher konkret zur Ressource orientiert werden sollten, als Dünger zum Beispiel, um dieses anstehende Problem endlich zu lösen. Damit den Arbeitslosen solche Gewaltphantasien nicht anspringen, hat das neue Hartz-Projekt auch eine "Philosophie". Die Philosophie der Curry-Wurst, zum Beispiel, ist "heiß und scharf". Die Philosophie der Straßenbahn kennt man als "fährt und hält", während die Philosophie des Peter Hartz mit "steck ein und schweig" zu umreissen ist. Im Konzept für Minipreneure lautet die Philosophie "Mach Dich selbst zum Projekt". Spätestens seit der "Ich-AG" weiß jeder, dass es heißen müsste "Mach Dich selbst zum Arsch" oder für Fortgeschrittene "Du bist ein Projektil, mach Löcher". Aber das käme nicht gut an. Und vor allem würde dafür keiner zahlen.
Denn gezahlt wird für dieses Hartz V, die Ausgeburt einer betrügerischen Fantasie, eine Nachgeburt, die man besser im Vorgarten von Herrn Piech verbuddeln würde, eine Fehlgeburt der Bundesagentur für Arbeit. Sie wird diesen Pilotversuch finanzieren. Sie wird das "Beschäftigungsradar" bedienen, um jene Versuchs-Arbeitslosen zu finden, an denen ein "biopsychosozialer Ansatz" exekutiert werden soll, um sie letztlich dem "Social-Franchising" zuzuführen, jener Endstation, in der "die eigentlichen Human Ressources erst wirklich effizient und effektiv werden". Dann haben Hartz & Co. längst mehr Kohle eingesteckt als die pilotierten Arbeitslosen je sehen werden. Das hat natürlich mit Gewalt gegen arbeitslose Personen nichts zu tun.