«Wir brauchen Mitarbeiter, die unsere Forderungen bei den Schuldnern mit Nachdruck vertreten« Was sich wie die Geschäftsphilosophie einer mafiösen Gang anhört, ist die Maxime von »Hudson Advisors«, dem Inkasso-Hund an der Kette von »Lone Star«, der Investment-Gesellschaft, die gerade die IKB (Deutsche Industriebank) aufgekauft hat. Das ist jene Bank mit Staatsbeteiligung, die sich so schrecklich verspekuliert hatte, dass der Steuerzahler ihr mit zwei Milliarden Euro aushelfen musste. Doch nicht für den aktuellen Kauf der IKB ist »Lone Star Funds« bekannt. Berüchtigt ist das Unternehmen aus Dallas für den Kauf «notleidender« Kredite, ein weiterer Ausdruck aus dem Lexikon des Banken-Gang-Slang.
Denn natürlich leidet der Kredit, den der Häuslebauer vor Jahren einmal aufgenommen hatte, keine Not. Es ist der Häuslebauer selbst, dem aus Not die Rückzahlung seines Kredites schwer fällt. Bisher hatte er mit der Bank seines Vertrauens zu tun, mit der konnte er vielleicht über Rückzahlungsmodalitäten verhandeln. Aber seine Bank, die »Hypo Vereinsbank« zum Beispiel, die fast 2000 Kreditverträge an Lone Star verkaufte, hat sein Vertrauen verhökert. Und die Neuen, die Stars aus Dallas, kündigen gern die Kredite. Selbst wenn sie regelmäßig mit Rückzahlungen bedient werden. Denn was ist in diesen unsicheren Zeiten ein Kredit gegen eine Immobilie? Deshalb wird die Inkasso-Truppe von der Kette gelassen, deshalb häufen sich die Zwangsversteigerungen.
Der wirklich saftige Profit kommt nicht aus dem Eintreiben von Schulden. Längst vor der Zwangsversteigerung hat Lone Star einen Großinvestor für das aktuelle Immobilienpaket gefunden. Dessen Kaufpreis liegt deutlich über dem, der bei einer Zwangsversteigerung zu erzielen ist. Also wird ein scheinbar legales Betrugs-Karussell gedreht: Die billig aufgekauften Kredite werden, bei einer inszenierten Zwangsversteigerung, in Immobilien umgewandelt, die wiederum werden weit über dem Betrag der Schuldenlast verkauft. Die Not des Schuldners ist größer als zuvor und die Rendite der Hyänen von Lone Star liegt bei 20 Prozent. Wohl wegen dieser netten Profitrate hat Lone Star etwa zwei Drittel der notleidenden Kredite auf dem deutschen Markt aufgekauft: Ein Paket im Nominalwert von sechs Milliarden Euro.
»Ein klares Signal an den Markt« wollte Finanzminister Steinbrück geben. Jedenfalls sagte er das im Bundestag, als er eine erneute Finanzspritze an die IKB verteidigte. Das frische Geld brauchte die Bank, weil sie sich auf dem US-Immobilienmarkt verzockt hatte und vor der Pleite stand. So mancher brave Bürger verstand die Äußerung des Finanzminister als Beruhigung: Wenn der Bund dieser Bank hilft, dann weitet sich die Finanzkrise nicht aus, dann werden dem Steuerzahler weitere Lasten erspart bleiben. »Sie können sich vorstellen, dass ich über diese Belastung des Bundeshaushalts alles andere als glücklich bin. Auch wenn Sie mich hier mit zusammengebissenen Zähnen stehen sehen, die Entscheidung über eine nochmalige Stützung der IKB ist richtig.« So sang der Finanzminister das hohe Lied der Bankensanierung und zwischen seine Zähne passte keine Heuschrecke mehr.
Die IKB (Industrie-Kredit-Bank/ Deutsche Industriebank) hat Tradition: Einer ihrer Vorläufer war die»Deutsche Industriebank«, ein Instrument mit dem die Nazis ihren aufgeblähten Rüstungshaushalt finanzierten und das munter an der »Kapitalverschiebung« im Rahmen der Judenverfolgung beteiligt war. An Schiebungen aller Art sollte das Geldinstitut weiterhin beteiligt sein: Es wurde zu der Bank, die staatliche Mittel in die private Wirtschaft verschob. Einen besonderen Namen erwarb sie sich bei der Vergabe von »Berlin-Darlehen». Das waren jene steuerlich geförderten Staatspapiere, mit der in West-Berlin zum Beispiel die Produktion von Zigaretten gefördert wurde. Häufig reichte der Transport der Güter - rein nach West-Berlin, Herkunftsstempel drauf, raus aus Westberlin - für eine Förderung völlig aus.
»Als Spezialist für die langfristige Unternehmensfinanzierung begleitet die IKB ihre Kunden über Jahre und Jahrzehnte hinweg. Wir sind ein verlässlicher Partner, auch in schwierigen Zeiten.« So wirbt die IKB noch immer für sich. Nach der Übernahme durch Lone Star wäre eine Schuldnerwarnug durchaus angemessen: »Wieviel Schulden Sie haben ist uns egal, Hauptsache wir können Ihre Bude günstig weiterverkaufen.« Denn die Praxis des neuen Inhabers der IKB lässt keinen Zweifel daran, dass dessen Geschäft nicht in der Kreditierung liegt, sondern im Ausschlachten und Weiterverkaufen. Natürlich hat sich die IKB, schon vor dem Verkauf, dem »Patriot Act« unterworfen, jenem US-Gesetz, dass sich gegen Schurken-Staaten richten soll und den US-Behörden wunderbare Einblicke in die Lage ausländischer Banken ermöglicht. Gegen Schurken-Firmen kann das Gesetz nicht angewandt werden. Immerhin zählt Lone Star zu den Groß-Spendern von George W. Bush.
In seiner Rede zur Verteidigung der Finanzhilfe für die IKB entglitt dem Finanzminister eine spannende Formulierung: Die Banken, so Steinbrück, führten "hochkomplexe Produkte mit verpacktem Sprengstoff" außerhalb ihrer Bilanzen. Also doch ein Schurken-Stück, ein Akt der Sprengung? Eher ein Attentat eines Schurken-Staates auf den Steuerzahler. Denn der Verkaufspreis der IKB liegt deutlich unter 800 Millonen Euro. Damit ist die Mehrheit der Sanierungs-Milliarden ebenso weg, wie der staatliche Besitzanteil an der Bank. Ein Jammer, dass Steinbrück zu einem Selbstmordattentat nicht den Mut aufbringen konnte.