Wer die drei Generalsekretäre von CDU, FDP und CSU in den letzten Wochen vor den Kameras gesehen hatte, der fragte sich immer, warum Dick und Doof neuerdings zu dritt auftreten: "Unsere Politik wird", begann meist Herr Pofalla, "sie wird ganz sicher", setzte Niebel, die Handpuppe Westerwelles fort, um trittsicher vom CSU-Mann ergänzt zu werden: "Und wird auch auf jeden Fall!" So viel Inhalt war schon lange nicht mehr. Denn wer Inhalt sagen würde, der hätte auch Finanzierung sagen müssen. Aber vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen im Mai will sich doch keiner der Koalitionäre als das erklären, was sie sind: Die Teuer-Koalition.

Sieht man sich die Gesichter der Neu-Koalitionäre an, wird man kaum wirklich Neues finden. Der vorgeblich frische Wirtschaftsminister, das Brüderle, ist ein alter Bekannter. Brüderle, der wie alle FDP-Funktionäre versichert, Staat sei schlecht, Privat aber wäre immer besser, ist seit dem Ende seines langen Studiums nur im Staatsdienst beschäftig gewesen: Vom Leiter des Wirtschaftsamtes der Stadt Mainz 1975 bis zum Landesminister für Wirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz: Für ihn gab es nur warme Sessel in staatlichen Stuben. Wohl deshalb stammt von ihm das geniale Wort: "Mit Hilfe des Sonderfonds (Schattenhaushalt) wird transparent, was von den Schulden im Haushalt das Erbe der großen Koalition ist und was auf das Handeln der neuen Regierung zurückgeht." Dass der Versuch eines "bad-budget" vorerst scheitert? Was solls. Dass die alte Kanzlerin die alten Schulden als scheinbar neue Kanzlerin mitbringt? Helau. Längst hat die Narrensaison begonnen.

Mann nannte ihn auch den geölten Witz, den Freiherren, der zuvor Wirtschaftsminister war. Jetzt soll er unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen. Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester, Freiherr von und zu Guttenberg hatte sich, mit peinlichem Geschmack, nach seinem Abitur eine Gebirgsjäger-Einheit für den Wehrdienst ausgesucht. Kaum eine andere Truppe der Bundeswehr steht in gleicher Kontinuität zu den Naziverbrechen der Wehrmacht: Morde an italienischen Soldaten, die sich nicht entwaffnen lassen wollten, Massaker in Griechenland und Jugoslawien, die Gebirgsjäger waren immer dabei. Bis heute nehmen Soldaten und Offiziere der Bundeswehr-Eliteeinheit an den jährlichen Traditionstreffen der alten Kameraden am Hohen Brendten teil. Die einzige Hoffnung, die den Afghanen bleibt, ist die sonderbare Sorte Kompetenz, die Guttenberg bei den Opel-Verkaufsverhandlungen zeigte. Vielleicht beendet er den Krieg in Afghanistan mit dem subventionierten Verkauf des Landes an die Chinesen.

Der neue Gesundheitsminister wird dem Land ein weiteres Muster der kühnen, risikobereiten Liberalen bescheren: Philipp Rösler geht 1992 zur Bundeswehr, wird dort Sanitätsoffizier, um später, ohne langen Umweg über den freien Markt, in der niedersächsischen Landesregierung Minister zu werden. "Wir beschreiten," sagt der designiert Minister, "den Weg in ein robustes Gesundheitssystem." Tatsächlich wird der Kassenpatient robust sein müssen, wenn sich die Arbeitgeber nicht mehr an den Kostensteigerungen beteiligen werden und die Gesundheitspauschale die bisherigen Normalleistungen nicht abdecken wird. Aber vielleicht kann der leidenschaftliche Bauchredner Rösler die Patienten dritter Klasse demnächst mit seiner Jahrmarkts-Kunst aufheitern, seine Politik steht nicht dafür.

Mit dem neuen Umweltminister, dem parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktionen Norbert Röttgen, ist der Koalition ein Glücksgriff gelungen. Röttgen wirbt schon lange für eine Abkehr vom Atomausstieg und glaubt, dass die Energiepreise zu einer "Entideologisierung" des Themas führen sollten. Röttgen glaubt nicht daran, dass die Strompreise nicht auf dem Markt sondern in den Hinterzimmern der Energiekonzerne gemacht werden, dafür glaubt er aber an das Märchen von der Stromlücke. Diese Mär hatten Mitglieder des "Bundesverbandes der Deutschen Industrie" in die Welt gesetzt. Dort wäre Röttgen gerne Hauptgeschäftsführer gewesen, sowohl weil es mehr Knete gegeben hätte, als auch, weil er von dort aus besser an der Ideologieschraube hätte drehen können. Immerhin, als Umweltminister kann er jetzt auch von prominenter Stelle erklären, dass mit den Klimaanlagen unser Klima schon gerettet werden wird.

Wer schon im zarten Alter von 20 Jahren einen Sponsoring-Vetrag der Müll-Industrie bekommt, muss Außerordentliches leisten: Roland Pofalla wurde damals mit 1.200 DM monatlich bedacht, damit er ruhig studieren und die Interessen des Müllbarons Schönmackers vertreten konnte. Das war in den 80er Jahren eine beträchtliche Summe. Heute wird der treue Wadenbeisser seiner Herrin von Angela Merkel versorgt: Er darf Kanzleramtsminister werden. Da sass bisher Thomas de Maiziere, der Schein-Ossi. Seit der in Bonn geborene de Maiziere seinem Cousin Lothar, dem letzten Ministerpräsident der DDR, die kleine Angela Merkel als Pressemitarbeiterin aufschwatzte, hat er nicht nur bei der einen Stein im Brett, sondern bekam auch diverse Ost-Posten: Kultusminister in Mecklenburg, Finanzminister in Sachsen, später dort auch Innenminister: In seiner sächsischen Amtszeit verschwanden über 15.000 Seiten Akten des Verfassungsschutz und ungeklärte Attentate und Todesfälle blieben ungeklärt. Ebenfalls ungewiss ist, ob er wegen dieser mafiösen Zustände 2006 das "Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik" von Berlusconi verliehen bekommen hat.

Es macht kaum Sinn daran zu erinnern, dass der künftige Entwicklungsminister, Dirk Niebel (FDP), ein Apparatschik aus der Bundesanstalt für Arbeit ist und der neue Arbeitsminister (F. J. Jung) den Job nur hat, weil Roland Koch einen Statthalter in Berlin braucht, oder Westerwelles Englischkenntnisse zu benoten, die er im Außenministerium gut einsetzen kann. Es wurde lange gekungelt, damit keine der Parteien, keine der Flügel zu kurz kommen. Das wird für die Wähler allerdings teuer werden. Nur die Ausreden, nach der Wahl in Nordrhein - Westfalen, wenn die Mehrwertsteuer erhöht und wenn es keinen Mindestlohn geben wird und auch keine Reform des mittelalterlichen, dreigliedrigen Schulsystems: Diese Ausreden werden von Monat zu Monat billiger sein.