Klar, dachte man, gibt es Krieg, dann geht es um Öl: Mal um die Quellen im Irak, mal um die erhoffte Pipeline in Afghanistan, mal um die existierende Pipeline in Georgien. Und tatsächlich, im Fall des Irak, hat sich ein hübsches Öl-Sümmchen angesammelt: Rund 80 Milliarden Dollar spülte die Ölförderung der letzten drei Jahre in den Haushalt des US-Satelitenstaates. Doch im irakischen Alltag ist das Geld nicht zu finden: Armut und Elend wo man auch hinschaut. Ein Hinweis zum Weg der Milliarden ist der amerikanische Waffen-Export: US-Waffen für etwa 10 Milliarden Dollar sollen an den Irak geliefert werden. Das ist doch ein Anfang. Schon lange klagte die US-Wirtschaft darüber, dass bisher nur der Halliburton-Konzern im Irak Geschäfte machen durfte, das soll sich jetzt ändern.
Manchmal exportiert ein Unternehmen was und weiß es gar nicht: Höchst erstaunt war die Firma Heckler & Koch, als in Georgien jüngst Gewehre vom Typ G 36 gefunden wurden. Der oberschwäbische Waffen-Hersteller konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie die Sturmgewehre in die Hände der Georgier gelangt waren. Auch die Bundesregierung war völlig überrascht. Hatte man doch bisher nur einen Minensucher der »Lindauklasse« in der offiziellen Ausfuhrliste. Und der war auch noch ein Geschenk. Von Rüstungsexport konnte also keine Rede sein. Geschenke, das weiß man, erhalten die Freundschaft.
Heckler & Koch ist ein Familien-Unternehmen. Schon die Hitlersche Wehrmacht konnte sich auf die Präzisionsarbeit des Rüstungskonzerns in den Händen der Familie Diehl verlassen. Wohl deshalb traten die Brüder Diehl früh in die NSDAP ein. Wahrscheinlich, um die Arbeitsplätze zu sichern. Zum Beispiel jene der jüdischen Zwangsarbeiterinnen, die, als Arbeitssklaven gehalten, im Werk misshandelt wurden. Heute ist der Konzern, nach eigener Aussage, weltweit führend auf dem Gebiet der Handfeuerwaffen und arbeitet mit der Konzeption der »Waffenfamilie« und dem entzückenden Wahlspruch »Keine Kompromisse«.
Der deutsche Kriegswaffen-Export ist ein prima Geschäft. Der lupenreinen Demokratie Ägypten zum Beispiel wurde schon Schnellboote geliefert, Panzerkanonen und Flugzeuge. Der Irak bekam schon mal 20 Radpanzer und Indonesien 16 Korvetten. Im Jahr 2006 summierte sich das auf 1,37 Milliarden Euro. Dass sich unter den Kunden auch Länder wie Pakistan, Jemen oder Saudi Arabien finden, steigert die Profitrate fast so sehr wie die Spannungen in diesen Gebieten. An Israel wird Rüstung gern verschenkt. Nicht von den Rüstungsbetrieben, vom Steuerzahler versteht sich: U-Boote im Wert von einer Milliarde Dollar. Bei den im Jahr 2003 gelieferten Patriot-Raketen weiß man es nicht so genau: Sind sie Geschenk oder nur Leihgabe? Und wenn sie Leihgabe sind, ist dann auf die verschossenen Raketen Leergut-Pfand zu zahlen?
Richtig beliebt sind Lizenzproduktionen. Der Rüstungsbetrieb Rheinmetall zum Beispiel, vormals Reichswerke Hermann Göring, kooperierte erfolgreich mit Israel, als es um die Produktion einer sehr effektiven Panzerkanone ging. Die israelische Administration störte sich nicht daran, dass natürlich auch Rheinmetall Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene einsetzte, um die Rüstungsproduktion zu sichern. Vom Schicksal der ungarischen Jüdinnen, die in einem Außenlager des KZ-Bergen-Belsen für die Reichswerke Hermann Göring schufteten, weiß man nichts Genaues.
Der Rüstungshaushalt der Bundesrepublik Deutschland heißt Verteidigungshaushalt. Und obwohl Deutschland von Demokratien nur so umzingelt ist, die nicht im Verdacht stehen, die Deutschen überfallen zu wollen, wächst der Verteidigungshaushalt Jahr für Jahr. In 2007 waren es fast 30 Milliarden Euro. Und die daraus getätigten Waffenkäufe waren im wesentlichen zur Steigerung der Angriffsfähigkeit gedacht. Wie sagte doch der Bundesverband der Deutschen Industrie so unverblümt: »Deutsche Mitsprache bei der Gestaltung der gemeinsamen Aussen-und Sicherheitspolitik in der EU . . . und transatlantischer Zusammenarbeit setzen voraus, dass Deutschland auch Rüstungsfähigkeit einbringen kann«. Eins ist sicher: Das bringt was ein.
Der WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn analysierte jüngst den Präsidentschaftswahlkampf in den USA. Er kam, im Zusammenhang mit dem Georgien-Koflikt, zu einer interessanten Schlussfolgerung: »Wenn wir Anfang November eine internationale Krise haben, in der sich Amerika herausgefordert fühlt, dann hat Obama, glaube ich, keine Chance.« Diese kühle Einschätzung kann durch einfache Beobachtung entstanden sein: Die zweite Amtsperiode von George W. Bush war vorbereitet und begleitet durch den noch andauernden Irak-Krieg. Ohne Frage hat Bush mit seiner Rolle als Oberbefehlshaber Punkte sammeln können. Auch die vorschnelle Zusicherung von Frau Merkel, Georgien werde auf alle Fälle NATO-Mitglied, bekommt so jenen Schein von Rationalität, die den Allerweltspolitikern zu eigen ist.
So ist der Krieg für einige immer ein Gewinn, selbst wenn er nicht gewonnen werden kann. Er kann Rohstoffe einbringen, Geld aus dem Rüstungsgeschäft oder gute Wahlergebnisse. Die Familien der Bundeswehrsoldaten, die in Afghanistan ihr Leben lassen, werden das vielleicht nicht so sehen. Nie wieder werden die afghanische Frau und die zwei Kinder etwas sehen, die an einem deutschen Kontrollpunkt erschossen wurden. Aber die konnten ohnehin keine Bilanz lesen.