Ein Hinterzimmer in Berlin: Das war im Jahr 2004 der würdige Ort, an dem die damaligen Parteichefs Merkel und Westerwelle ihren persönlichen Bundespräsidenten auskungelten: Horst Köhler. Den Horst von der Sparkasse. Der Horst, der als Staatssekretär im Finanzministerium die fatale Währungsunion zwischen der DDR und der Bundesrepublik aushandelte. Der Chef des Internationalen-Währungs-Fonds, der in dieser Eigenschaft nicht nur Staaten ruiniert hat sondern auch die "Agenda 2010" der Regierung Schröder als "historisch", erklärte. Vor allem aber jener Horst, der noch zu Zeiten der SPD-GRÜNE-Regierung das Signal für eine künftige, marktliberale schwarz-gelbe Regierung sein sollte. Das hat inzwischen geklappt. Bis heute. Denn nun ist Köhler zurückgetreten.
Sonst klappt in dieser Wunschkoalition so gut wie nichts: Ein Koalitionsvertrag, der den Besserverdienenden alles versprach, für das Präkariat aber nur das Stigma "spätrömischer Dekadenz" übrig hatte. Eine Koalition der Pleiten, des Pechs und der Pannen. Eine zerstrittene Koalition, die längere Laufzeiten für Atomkraftwerke ankündigte, mit ihrem Zögern bei der Griechenlandhilfe den Euro an den Rand der Pleite steuerte, ein Polit-Laden, der den schmutzigen Krieg in Afghanistan zum Bundeswehr-Helden-Epos umschreiben will und keinen Plan hat, wie man dort wieder rauskommt.
"Meine Einschätzung ist aber, . . . das ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren". Das hat Köhler vor ein paar Tagen gesagt. Nun fühlt er sich missverstanden. Und tritt angeblich deshalb zurück. Die Kritik an seiner Äußerung entbehre "jeder Rechtfertigung". Richtig wäre gewesen: Sie ist nicht zu rechtfertigen. Weil verfassungswidrig. Natürlich wurde Köhler nicht missverstanden. Verteidigungsminister zu Guttenberg stimmte ihm ausdrücklich zu. Die Kanzlerin stellte sich ihm nicht entgegen.
Nach Roland Koch, der schwarzen Eminenz des rechten CDU-Flügels, tritt nun die nächste marktliberale Galionsfigur des schwarz-gelben Projektes zurück. Im Ergebnis der NRW-Wahlen ist eine Mehrheit der Schwarz-Gelben im Bundesrat, die zur Wahl eines neuen, genehmen Bundespräsidenten nötig wäre, nicht völlig sicher. Die jetzigen Machtbesitzer werden sich mit den Sozialdemokraten über einen Kompromisskandidaten verständigen wollen. Das riecht nach Neuwahlen. Zumindest nach den nächsten Rücktritten jener CDU-FDP-Chargen, denen, wie Koch und Köhler, der Arbeitsplatz nicht mehr sicher erscheint.
"Super-Horst", wie ihn die Bildzeitung einst nannte, ist nicht mehr. Ein neuer Kandidat für das Amt ist noch nicht in Sicht. Gute Aussichten allerdings hätte Fräulein Meyer-Landrut: Sie sieht besser aus als jeder Bundespräsident vor ihr, sie ist auch beliebter als jeder andere Kandidat. Uns hat sie auch schon verraten, was sie in ihrer Antrittsrede sagen wird: "Wow. Verdammte Axt. Ist das geil. Dankeschön. Leni." (Zitiert nach ihrem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Hannover.)