Es ist bitter: Da haben sich das Model Heidi Klum und der Sender PRO 7 solche Mühe gegeben, junge Frauen aus dem ganzen Land zusammengekarrt, um ihnen einen Traum zu erfüllen, den Traum vom Topmodel und dann dies: Miesepeter in Zeitungen , Politik und im Internet regen sich auf, weil die Models ihre Maße erhungern müssen! Nur weil nachahmende Mädchen magersüchtig werden könnten, will man rund drei Millionen TV-Zuschauern den Spaß an einer informativen und gehaltvollen Sendung verderben.

Und Informationen hagelt es natürlich, wenn Heidi Klum Weisheiten aus ihrem Leben verbreitet: "Auf dem Weg nach oben muss man auch wissen, wie es mit einer Wohngemeinschaft geht." Oder wenn die Mädels während einer Foto-Session lebende Spinnen und Schlangen auf der Haut tragen und wir erfahren, dass ein Model-Leben ganz schön hart sein kann. Nicht jeder hat schon das Innere eines Schminkkoffers gesehen und auch der Begriff "Make over" birgt neue Welten in sich.

Damit die Pressefreiheit siegt und die Serie nicht im aufkeimenden Protest untergeht, hat der Sender ganzseitige Anzeigen in deutschen Tageszeitungen geschaltet und von den Models die Frage stellen lassen: "Sind wir zu dünn?". Natürlich geht es nicht um den Informationsgehalt, sondern um die Figuren. Und wieder erfahren wir Neues: "Wir lernen, lachen und laufen", schreiben die Mädels in ihrem offenen Brief, und: "Wenn die Tränen getrocknet sind, wissen wir alle, dass wir ein ganz großes, spannendes Abenteuer erleben."

In einer Republik, in der die Kandidatur des Starfriseurs Udo Walz für den Job des Berliner Bürgermeisters ernsthaft erwogen wurde, finden die letzten Abenteuer selbstverständlich in den TV-Shows statt. Sie sind die Reservate der Kultur- und Meinungsfreiheit, um ihr Überleben muss man kämpfen. Allein die Schlußszenen, in denen immer eine der jungen Frauen das Team verlassen muss, denn nur die Besten kommen durch, lassen für das Leben lernen: Rausgeflogen wird überall im Land und wie man das mit Fassung trägt, dass zeigen die Verliererinnen vorbildlich.

Tatsächlich braucht PRO 7 unsere Solidarität: Beinahe von Springer gekauft, immer noch im Besitz eines Arabers (!) und jetzt von einer Öffentlichkeit bedroht, deren Neidfaktor deutlich höher ist, als ihre Toleranzschwelle. "Auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen" heißt es im Text, "wir haben eine geile Zeit. Das soll jeder wissen. Und bitte auch respektieren." Darum geht es: Auch wenn die Verfassung das nicht so eindeutig formuliert, es gibt ein Recht auf Blödheit. Und das sollte, bitteschön, respektiert werden.