Er will »unserem Land etwas zurückgeben von dem, was es mir gegeben hat«, sagt Horst Köhler zur Begründung für seinen Wunsch erneut Bundspräsident zu werden. Und während eine staunende Öffentlichkeit noch fragt, was er denn zurück geben will, das hohe Gehalt, das Dauerflugticket, den Roten-Reise-Teppich oder den Dienstwagen, obliegt es uns diese Kandidatur dringlich zu unterstützen.
Sechs gute Gründe für eine Wiederwahl Köhlers:
Horst Köhler hat die deutsche Sprache bereichert. »Ich habe gelernt, wie viel guter Geist in uns steckt«, dieser Satz von dunkler Schönheit kann das Pfingstfest meinen oder auch das deutsche Zweiklassenschulsystem, vielleicht aber auch Angela Merkel, deren guter Geist diesen Bundespräsidenten in einem Hinterzimmer ausgekungelt hat. »Ich habe unsere Stärken erlebt, aber mir sind auch manche Schwächen bewusst geworden.« Da redet kein Fußballtrainer nach dem verlorenen Spiel, das ist eine originaler Köhler: Voller Tiefsinn, Hintersinn und Sinnlichkeit. Auch wenn Gegner solche Zitate in der Rubrik Vulgär-Dialektik einordnen, dem Kandidaten ist so manches bewusst, was andere in die Bewusstlosigkeit treiben würde.
Köhler ist ein genialer Außenpolitiker. Auch wenn der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds sich in einigen Ländern nicht sehen lassen kann, weil er sie mit seiner »Globalisierung für alle« in den Bankrott getrieben hat, ist er doch eine weltläufige, elegante Erscheinung voller Diplomatie. Schon damals, im Vorfeld des ersten Irak-Krieges, fiel ihm ein, ein kurzer Krieg mit dem Irak "könnte einen positiven Effekt (auf die Weltwirtschaft) haben", weil die Situation dadurch geklärt würde. Und bei einer seiner unterhaltsamen Ansprachen unter dem Weihnachtsbaum wollte er unbedingt unsere Jungs in Afghanistan grüßen. Der Kandidat weiß, was deutsche Aussenpolitik ist: Die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.
Köhler ist ein unübertrefflicher Wirtschafts- und Sozialpolitiker. "Zur Freiheit", erzählte er noch Ende letzten Jahrs der FAZ, "gehört Ungleichheit". Denn Ungleichheit stärke die schöpferischen Kräfte. Das ist genial: Nur wenn Arbeitslosigkeit droht, will der Mensch arbeiten, steckt hinter der Köhlerschen These. Und auch die sichere Vermutung, dass der Wunsch einmal Milliardär zu werden erst wirkliche Kreativität im Volke weckt. Fraglos ist Köhlers Deutschland auf einem guten Weg, denn soviel Armut wie jetzt gab es schon lange nicht mehr, wir gehen also herrlich kreativen Zeiten entgegen. Deshalb weiß der Präsident, dass sich Glück nicht "als Sozialleistung organisieren lässt".
Köhler macht unser Land sicherer. Nachdrücklich erklärte er, er habe "großen Respekt vor der Arbeit von Wolfgang Schäuble". Und zwar, weil "der technische Fortschritt den Feinden unserer Gesellschaftsordnung neue Kommunikationsmittel" verschafft. Wenn also Schäuble nicht in die Computer kriechen kann, dann ist unser Land gefährdet. Denn: "Terroristen kennen keine Regeln". Ja, wenn der Terrorist Regeln hätte! Zum Beispiel wenn wir sicher wären, er käme immer Donnerstags und legte seine Bombe unter eine uns allen bekannte Parkbank. Aber so ordentlich sind nicht einmal schwäbische Terroristen. Deshalb kann Köhler leider kein Pardon geben.
Köhler ist ein wirklicher Demokrat. Deshalb hat er sich auch für eine Direktwahl des Bundespräsidenten ausgesprochen, also für eine direkte Wahl seiner selbst. Zwar gibt es noch dieses alberne Grundgesetz, in dem, aus Sorge um einen neuen Hindenburg, die Direktwahl nicht vorgesehen ist. Aber Direktwahlen sind plebiszitär, drücken also den Volkswillen aus, sind also irgendwie direkter. Deshalb weiß Horst Köhler: "Es kann nicht schaden, mehr mit den Bürger zu reden." Wer seine Ansprachen hört, weiß, dass er das ernst meint.
Köhler hat gute Freunde. Deshalb sagt zum Beispiel der Chef des Deutschen Industrie und Handelstags (DIHK), Ludwig Georg Braun: "Persönlich schätze ich Bundespräsident Horst Köhler sehr, und ich finde es gut, dass er für eine weitere Amtszeit zur Verfügung steht". Denn der Wirtschaftspolitiker Köhler warnt vor dem Mindestlohn: Wenn der von den Arbeitgebern nicht gezahlt werden könne, "vernichtet er Arbeitsplätze." Um dem zu entgegnen, wünscht sich Köhler "mehr Reformehrgeiz", der könne dann zu einer "Agenda 2020 führen" und dabei hülfe auch die Globalisierung, "die uns wach halten soll". Endlich einer, der die Globalisierung begreift. Doch zum Ausgleich hat Köhler jüngst die Finanzmärkte als "Monster" bezeichnet. Das hat ihm noch mehr Freunde eingetragen. Meinte doch daraufhin der NPD-Vorsitzende Udo Voigt: "Köhler sagt das, was das Volk denkt und trägt mit seinen Vorschlägen zur Systemveränderung bei."
Zur Begründung für eine zweite Amtszeit erklärt Köhler selbst: "Ich möchte den Prozess von Bewahren und Wandel in Deutschland weiter begleiten und fördern." Diesen Prozess sollten wir dem Horst Köhler schon gönnen, er bewahrt sein Amt und wir wandeln in die nächste Agenda. Besser kann es einem Volk kaum gehen.
*Wie immer sind alle Zitate aus dem Zusammenhang gerissen.