Niemand soll sagen, dass die zeitgleiche Lügenkrise des ADAC und die Insolvenz des katholischen Weltbild-Verlages keinen inneren Zusammenhang hat. Beide Glaubensgemeinschaften handeln mit Engeln. Der ADAC mit jenen gelben Engeln, die den Autofahrern von kaputten Autos zu heilen Gefährten verhelfen. Der Weltbild-Verlag handelt letztlich mit jenen himmlischen Heerscharen, die den Gläubigen eine Heiligkeit vermitteln, die vom kaputten Glauben zu einer heilen Welt führen. Im Zentrum der ADAC-Glaubenslehre steht die Mobilität, im Mittelpunkt katholischer Überzeugungen steht ebenfalls die Beförderung: Vom schlechten Diesseits in ein besseres Jenseits. Wer nun aber sagt, der Weltbild-Verlag sei mit seinen fünf Millionen Kundenadressen viel kleiner als der ADAC mit seinen 18 Millionen Mitgliedern, der vergisst leichtfertig, dass hinter dem Verlag die 24 Millionen Mitglieder der katholischen Kirche in Deutschland stehen. Auch, dass in beiden Vereinen die Mitglieder nichts zu sagen haben, spricht für Zusammenhänge.

Über Jahrzehnte war die Auto-Suggestion die Grundlage beider Kirchen. Wo in der scheinbar spirituellen katholischen Glaubensgemeinschaft die Heiligen und Märtyrer die Fixpunkte des Selbstbetrugs bildeten, waren es im Kosmos der automobilen Anbetung strahlende Marken wie VW, Mercedes oder gar Rolls Royce. Und wenn der Volkswagen dem Sankt Christopherus gleicht, der unermüdlich Leute auf dem Rücken trägt, so ist der Rolls ein Botschafter des HERRN, wie auch der Erzengel Gabriel, der die frohen Botschaften Gottes unter die Menschen bringt. Wenn der Rolls vorfährt, weiß man, dass ein HERR aussteigen wird. Wenn der Erzengel Gabriel den Boden berührt, wird zum Beispiele die Geburt Jesu angekündigt: Fürchte dich nicht, Maria! Solche Märcheninszenierungen wurden von den Marketingabteilungen beider Konfessionen als unumstößliche Wahrheiten verkündet und von den Käufern der Bekenntnisse in brutaler Selbst-Affirmation verinnerlicht. Eine Auto-Hypnose, die in ihrer Symbiose von Religion und PKW am reinsten auftrat, wenn in den 50er und 60er Jahren das Armaturenbrett eines VW-Käfers von einer Sankt-Christopherus-Medaille geheiligt wurde. Und wer den aktuellen Michael-Schumacher-Kult nicht als rasende Märtyrer-Legende begreift, der hat die deutschen Medien in ihrer Skiunfall-Berichterstattung nicht konsumiert.

Der Abstieg beider religiöser Unternehmen begann, als sie vom Pfad der Tugend, von ihrem Kerngeschäft, abwichen. Gewiss, immer noch kann man im katholischen Verlag die preiswerte e-book-Bibel für 4.99 Euro kaufen. Doch schon die "Wiener Prachtbibel" - jenes von Hand in Leder gebundene Stück der Buchbinderkunst, das als "streng limitierte Auflage auf 1.999 Exemplare" das Wort des Herrn auf jene knapp 2.000 Selbstgerechte begrenzt, die in der Lage sind 998,- Euro auf den Tisch zu legen - weist den Weg in die säkulare Merkantilisierung. Ein Beginn der Profanierung, die später mit dem Versand von CDs, DVDs, Elektronik, Geschenk- und Haushaltsartikeln in die Niederungen des Kommerz führen sollte. Ein kleiner Versuch des Verlages, sich auf die Bedürfnisse der Kleriker zu besinnen, als er das Buch "Schwule Liebesgeschichten aus aller Welt (von Robert Joseph Greene)" ins Programm aufnahm, scheiterte an der mangelnden Bekenntnisfreude der Bischöfe: Sie nahmen das Werk in einer "Säuberungsaktion" aus dem Sortiment, die dem asexuellen Schein einen unlauteren Vorteil gegenüber dem homosexuellen Sein verschaffen sollte.

Auch der ADAC verließ den rechten Glauben, als er immer häufiger den Automobilisten zugunsten anderer Themen und Geschäftsfelder vernachlässigte. Noch in der Nazizeit, als er unter dem Namen DDAC (Der Deutsche Automobil-Club) als Gliederung des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK) existierte, wusste der Verein in seinem Aufruf zur Automobilausstellung 1934 klar zu sagen: "Eine Schau für das Volk - nicht mehr, wie in vergangenen Jahren, eine Ausstellung für die bürgerlichen, wohlhabenden Schichten. Volkskraftfahrt - das ist Kraftfahrt im Geist des Führers!“. Doch schon als Fritz Junghans, Präsident des ADAC/DDAC von 1933 - 1945, in der Nachkriegszeit zum Generalsekretär des Vereins degradiert wurde, nur weil er NSDAP-Mitglied und NSKK-Standartenführer war, begann eine Aufweichung automobiler Grundsätze, die später zu einer Milliardenbeteiligung bei artfremden Versicherungs- und Reise-Unternehmen landen sollte. Wenn in diesen Tage das Schisma des Vereins droht - die Volkswagen AG wendet sich bereits vom ADAC ab, will vom Gelben Engel nichts mehr wissen - ist die Flammenschrift an der Wand deutlich zu lesen. Nur die Umkehr kann den ADAC retten: Raus aus dem Geschäft der Zahlenfälschung zugunsten der Anzeigeneinnahmen, zurück zur reinen Pannenhilfe.

Letztlich sollten beide Vereine über eine Zusammenlegung nachdenken. Der neue Papst hat zwar einmal gesagt: "Mir tut es weh, wenn ich einen Priester oder eine Schwester mit dem neuesten Automodell sehe". Da aber gebrauchte Autos häufiger kaputt sind als neue, kann das beim ADAC nur das Kerngeschäft stärken. Sternfahrten nach Rom könnten vom Automobilclub organisiert werden und statt der gefälschten Zahlen zur Promotion diverser Automarken wäre zum Beispiel ein Mercedes-Stern in jeder Krippe ein Product-Placement, das den gelben Engel schnell vergessen machen könnte. Der Weltbildverlag könnte dann seiner Insolvenz mit Einnahmen aus der ADAC-Kasse abhelfen und wieder zum Verkauf von Christopherus-Medaillen zurückkehren. Die Vereinigung beider Glaubenslinien - die Erwartung des Heils durch den Tod und die Erlösung vom Tempolimit durch die Vollbremsung - könnte die neue, gemeinsame Kirche aus der Sinnkrise zur neuen Stärke führen. Amen.