Die „zweite Welle“ hat noch keine weiteren, schärferen Maßnahmen zur Corona-Reglementierung des Lebens in Deutschland ausgelöst. Hie und da wurden sogar Maßnahmen zurückgefahren. Aber der Widerstand gegen den Staat und vor allem das Mißtrauen gegen ihn ist nicht wesentlich geringer geworden. In München, Hannover und Wiesbaden wurde weiter protestiert. Aber in den USA, so wissen es die Corona-Propheten in deutschen Medien, droht die Corona-Katastrophe. Markus Söder, der auf den Corona-Wellen reitet wie kein anderer, weiß genau: “Die Situation um uns herum explodiert”. Zahlen? Fakten? Och nö. Der Südwestrundfunk (SWR) hatte mal gemeldet, dass die Polizei auf Corona-Quarantänebrecher schießen würde, dann aber korrigiert: Das sei nur in „absoluten Ausnahmefällen“ vorstellbar, zum Beispiel, wenn die Person selbst „mit Waffengewalt gegen die Polizisten vorginge“. Nichts Neues, sollte man meinen, denn jeder Polizist darf in Notwehr auch sein eigenes Leben schützen. Aber warum diese alte Tatsache unter dem Corona-Etikett neu aufgewärmt wird, fragt eine formierte Öffentlichkeit schon gar nicht mehr.

Selbstkontrolle der Medien

Es war vorrangig diese scheinbar freiwillige Selbstkontrolle der Medien, ihr Mangel an alternativer Meinung und an Kritikbereitschaft, die zu einem wesentlichen Auslöser für eine neue Bewegung wurde, die von den kontrollierten Medien fast einstimmig als „rechts“, zumindest als „rechtsoffen“ behauptet wird. Die Bewegung selbst ist gegenüber der Links-Rechts-Einordnung eher gleichgültig: Viele Aktivisten halten das klassische Links-Rechts-Schema für überholt. Typisch für diese Haltung ist Michael Ballweg, der Stuttgarter Macher der „Querdenker“: Er wehrt sich gegen das, was er als „Schubladendenken“ bezeichnet. Er, wie viele andere Quer-Aktivisten, begreift sich als Verteidiger des Grundgesetzes, insbesondere dessen Freiheitsrechten.

Die Oppositions-Rolle übernahmen linke Parteien

Bereits mit den Forderungen der französischen Revolution wurde die Liberté, die Freiheit, links verortet. Und sie war neben der Égalité, der sozialen Gleichheit, über Jahrzehnte ein wesentliches Merkmal linker Organisationen. Unter Freiheit wurde im parlamentarischen System immer auch die „freie“, nicht reglementierte Presse verstanden und unter dem Begriff „Meinungsfreiheit“ eingeordnet. Zur demokratischen Freiheit gehörte unbedingt die parlamentarische Opposition. Sie schien Anhängern des Parlamentarismus als Korrektiv von Fehlentscheidungen, als Kontrollinstrument, das, stellvertretend für die Wähler, der Herrschaftsausübung Zügel anlegen konnte und sollte. Die Oppositions-Rolle übernahmen im Deutschland der letzten Jahre primär Parteien, die links genannt wurden oder die sich selbst als links einordneten.

Die Opposition verschob sich selbst ins Regierungslager

Es waren die linken Sozialdemokraten, die sich bis zu ihrer Agenda 2010 als Freunde der sozialen Gleichheit profilierten. Es waren die linken GRÜNEN, die bis zum NATO-Überfall auf Jugoslawien als Antikriegspartei galten. Und es war die linke LINKE, die bis jüngst als genuine Oppositionspartei galt. Spätestens mit den Corona-Maßnamen der Regierung stellte sich auch die Linkspartei an die Seite der Regierung. Mit einer lange andauernden Großen Koalition und dem zähen Wunsch der LINKEN nach einer Regierungsbeteiligung, zumindest auf Länderebene, verschob sich die Opposition selbst ins Regierungslager.

Wem sollten die Verteidiger der Grundrechte trauen?

Die AfD, die nur zu gern den oppositionellen Platz der Linken einnahm und noch einnimmt, schwankte: Mal glaubte sie auf den Demonstrationen für Grundrechte ein schönes Trittbrett gefunden zu haben und nahm mit ein paar Bundestagsabgeordneten teil, ein andermal spendete sie dem Personal der Uniklinik Dresden demonstrativ 200 handgenähte Hygienemasken und machte sich so zum Agitator der Merkel-Spahn-Verhüllungspolitik. – Wer bei den diversen Grundrechtsdemonstrationen war, der weiß: ihre Teilnehmer sind gegenüber den meisten Parteien skeptisch. Sie trauen den Versprechungen nicht, weil sie Erfahrungen haben. Zudem sind sie gerade dabei, sich selbst und ihre eigenen Möglichkeiten zu entdecken. Sie sehen und hören, wie man über sie in den Norm-Medien berichtet: Sie seien rechts, sie seien Verschwörungstheoretiker, sie wären bestenfalls Spinner. Die linken Medien machen da keine Ausnahme. Wem sollten die Verteidiger der Grundrechte trauen?

Bestseller als Leitfaden bei den Grundgesetz-Liebhabern

Wer sind die Leute, die sich zu den Aktionen für die Grundrechte zusammenfinden? Es gibt Ausschnittbeobachtungen, die tragfähige Aussagen zulassen: Die Mehrheit war vor den Grundrechtsdemonstrationen noch nie bei vergleichbaren politischen Aktionen. Die meisten Teilnehmer sind freundlich und politisch kaum erfahren. Sie sind noch nicht festgelegt. Ihre zentrale Vokabel ist „Freiheit“, die nächst wichtige lautet „Selbstbestimmung“. Dass sie und ihre Kinder Masken tragen sollen, von denen sie wissen, dass sie völlig unnütz und sogar ungesund sind, empfinden sie als Fremdbestimmung. Sie haben häufig und mit großem Fleiß alternative Expertenpositionen im Netz gesucht, und wer behauptet, dort findet man primär Schrott, der kennt zum Beispiel den Infektionsepidemiologen Professor Sucharit Bhakdi nicht. Der hat gemeinsam mit seiner Frau, Professor Karina Reiss, einer Forscherin auf dem Gebiet der Biochemie, Infektionen, Zellbiologie und Medizin, das Buch „Corona Fehlalarm?“ geschrieben. Der Bestseller gilt als Leitfaden bei den Grundgesetz-Liebhabern.

Die Freiheitsbewegung spricht medizinisch

Während frühere alternative Bewegungen häufig im Soziologen-Jargon sprachen, spricht die neue Freiheitsbewegung medizinisch: Infektionszahlen und Mortatiltätsraten gehen die Anhängern der Grundrechte ziemlich flüssig über die Lippen. Das haben sie von ihren Gegnern, den Virusgläubigen gelernt. Deren politische Spitze wird von jenem Einheitsblock rund um Frau Merkel und Herrn Spahn gebildet, der das billige Infektionssschutzgesetz über das wertvolle Grundgesetzgesetz gestellt hat. Das ist einer der Gründe aus denen in der Bewegung prozentual deutlich mehr Anwälte vertreten sind als in der Gesamtbevölkerung. – Während über die neue Bewegung gern verbreitet wird, sie sei eher düster, verschwörungstheoretisch und gegen die Gesetzlichkeit gerichtet, argumentiert sie gern mit eben jenen Artikeln des Grundgesetzes, die von der Freiheit der Bürger handeln.

Ballweg und Jebsen bewegen sich an den historisch Grundlinien der Linken

Anders als die ähnlich antiautoritäre Bewegung der „68er“ schreibt die neue Bewegung weniger: Keine Flugblätter, keine Theorie-Reihen in den einschlägigen Verlagen. Man äußert sich über Video, man spricht. Von einem ihrer Sprecher, dem Unternehmer Michael Ballweg, kursieren jede Menge Videos im Netz. Ballweg will nicht rechts oder links sein, er kommt eher moralisch daher, er möchte schließlich nicht in einer unfreien Welt leben, sagt er ohne jedes Pathos. Wo Film und Video eine solch tragende Rolle spielen, kann Ken Jebsen nicht weit sein. Seine Internet-Plattform ist die mit den meisten Klicks im Netz, und schon aus Gründen der Medienkonkurrenz musste er als Dämon aufgebaut werden: Wer mit ihm kooperiert, gilt den wohlanständigen Leuten als gefährlicher Verschwörungstheoretiker. Jebsen operiert, auch um sich von der herrschende Parteienlandschaft abzusetzen, mit dem Slogan „Meine Zielgruppe ist der Mensch“. Aber längst ist ihm klar, das es solche und solche Menschen gibt: Den Milliardär Gates zum Beispiel brandmarkt er als Profiteur der Pharma-Industrie und flugs kommt neben der Forderung nach Freiheit jene auf, das man nicht an Krankheit verdienen dürfe. Diese Forderung findet sich in allen Demonstrationen dieser Tage wieder, eine Ahnung von Égalité, von Klassen und Klassenbewusstsein weht durch die Reihen. - Ballweg und Jebsen würden es bestreiten, aber sie bewegen sich an den historisch belegten Grundlinien der Linken.

Mit Marx und Engels lässt sich die Demokratie  verteidigen

Wie tief der Freiheitsgedanke in linker Geschichte wurzelt, kann man im Kommunistischen Manifest von 1848, dem Jahr der deutschen bürgerlichen Revolution, nachlesen: „ An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“ Ausgerechnet die Kommunisten, die gern in den Verdacht der Perma-Kollektivierung gebracht werden, forderten in ihrem Gründungsdokument die Freiheit des Einzelnen als Idealzustand für die neue Gesellschaft. Mit Marx und Engels lässt sich die Demokratie kämpferisch verteidigen. Auch wenn das bei vielen deutschen Linken in Vergessenheit geraten ist.

Am 2. OKTOBER 2020 um 15 UHR auf dem PLATZ DER REPUBLIK

Jüngst wurde die 82. Querdenkerinitiative gegründet. Der mit den Querdenkern verbündete „DEMOKRATISCHE WIDERSTAND“ - rund um Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp -, der als Theorieflügel der Bewegung gelten darf, arbeitet nach Artikel 146 des Grundgesetzes an einer verbesserten Verfassung. Alle treffen sich am 02. OKTOBER 2020 um 15 UHR auf dem PLATZ DER REPUBLIK, der BUNDESTAGSWIESE vor dem Reichstag. Es geht um die FREIHEIT.