Nun hat sie wieder zugeschlagen: Angela Merkel, die Kämpferin für die Freiheit! Immer schon war sie für die Freiheit der Märkte, auch der grenzenlose Warenverkehr ist ihr eine Herzensangelegenheit. Doch lange hatte sich die Chefin einer konservativen Partei geweigert, den Schwulen und Lesben das Recht auf einen ordentlichen bürgerlichen Trauschein zu geben. Jetzt aber, nicht lange vor den nächsten Wahlen – und die Umfragen sagen, dass um die 80 Prozent der Deutschen eine völlige Gleichstellung von lesbischen und schwulen Paaren im Eherecht befürworten – erklärt sie die Entscheidung wer nun gerade wen offiziell heiratet zur „Gewissensfrage“. Jetzt kann jeder Abgeordnete ohne Fraktionszwang entscheiden wie er lustig ist.

Endlich können Schwule und Lesben auch in der hohen deutschen Scheidungsrate auftauchen. Denn darum geht es. Auch wenn prächtige Hochzeiten vor schlichten Standesämtern im Vordergrund stehen: Es geht um den amtlichen Besitzschein: Dein Auto, mein Auto, Deine Rente, meine Rente, und wer kriegt den Hund? Denn kaum eine deutsche Ehe hält durchscnittlich länger als 13 Jahre. Und wenn die gesetzlich verordnete Zugewinngemeinschaft – so definiert der Paragraph 1363 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Ehe – an ihr Ende gekommen ist, dann weiß ein jeder: Dass mit der Liebe war nicht so gemeint. Spätestens dann wird klar: Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Artikel 6 des Grundgesetzes). Und die staatliche Ordnung regelt im Zweifelsfall immer Vermögensfragen.

Doch noch ein anderer Genuss wird den gleichgeschlechtlichen Heirats-Paaren zuteil: Das Ehegattensplitting, die steuerliche Trauschein-Prämie. Denn wer den Schein hat, kann sich steuerlich gemeinsam veranlagen lassen. Das bringt im schönsten Fall eine monatliche Steuerminderung von etwa 15.00 Euro. Wer nun auf den Gedanken kommt, der „Schutz der Familie“ würde vorrangig den Kindern zuteil, den Schwächsten in der Gesellschaft, der irrt sich. Wer seine Kinder allein erzieht ist häufiger arm: Rund 40 Prozent der Alleinerziehenden in Deutschland leben von Hartz IV.

Nun geht es so kurz vor den Wahlen natürlich nicht um sozialen Klimbim, es geht um die Freiheit: Wer kann wen wann heiraten?! Das ist auch daran zu erkennen, dass Parteien wie die SPD oder die Linke, die eher als sozial gelten, die Dame Merkel und ihren Eheschwenk heftig begrüßen ohne zugleich die Ehe-Splittingfrage aufzuwerfen. Obwohl die Gelegenheit, wenn die Ehemodalitäten ohnehin debattiert werden, wirklich günstig wäre. So wird eine erstaunte Öffentlichkeit erleben, dass der Bundestag in der allgemeinen Ehefrage bald nur seinem Gewissen folgen wird. Ob die alleinerziehende Mutter mit ihrem Geld auskommt ist ihr Problem und hat augenscheinlich mit dem Gewissen nichts zu tun. In Deutschland wird weiter der Schein prämiert und nicht das Kind. Aber sicher wird die Frage ernsthaft aufgeworfen werden, wenn die Kinder aus In-Vitro-Schwangerschaften alimentiert werden müssen. Denn das Kind aus dem Reagenzglas ist ein Fall der individuellen Freiheit. Das Kind, das von Hartz Vier lebt, ist nur ein Sozialfall. So bekommt die Gewissensfrage ein gewisses Gschmäckle. Und Angela Merkel die Aureole einer Vorkämpferin für Freiheit und Fortschritt.

Der Text der Startseite wurde von Angelika Kettelhack lektoriert.

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Vielen Dank, dass du wieder "zugeschlagen" hast.
Das Frau Merkel in der Lage ist, sich ohne Rückgrat bewegen zu können, grenzt an ein neoliberales "Wunder," allerdings war es zu erwarten.
Für jemanden, der weder Haltung, Charakter oder gar einen...

Vielen Dank, dass du wieder "zugeschlagen" hast.
Das Frau Merkel in der Lage ist, sich ohne Rückgrat bewegen zu können, grenzt an ein neoliberales "Wunder," allerdings war es zu erwarten.
Für jemanden, der weder Haltung, Charakter oder gar einen Standpunkt hat, den es zu verteidigen gilt, ist es einfach mal eben diese Frage zur Gewissensfrage zu machen. Sie wird wieder im roten Siegerjäckchen weiter ihr politisches Unwesen, nicht nur im Land, sondern in der Welt treiben.Nichts gegen die Ehe für Alle, doch für mich stellt sich mehr die Frage nach Krieg und Frieden, nach gesamtgesellschaftlichen Problemen, die einer Lösung bedürfen, und da hat die Ehe für Alle eine untergeordnete Rolle. Das Thema lenkt eher von den wirklichen Probleme, die es in der Gesellschaft gibt ab. Um eines vorab ganz klar zu stellen: Jeder soll heiraten, mit den Konsequenzen, die in diesem Artikel sehr eindeutig aufgezeigt werden, wen er will. Als gesellschaftlich relevante Frage sehe ich es allerdings nicht an, und als Gewissensfrage schon gar nicht. Diese verflixte Rumeierei, und die Linken fallen auch drauf rein. Von den Grünen erwarte ich diesbezüglich nichts anderes, als das was sie tun, von den Linken aber schon. Es wird wieder aufgeblasen, gedampfplaudert, als Thema so positioniert, dass es an Wichtigkeit kaum zu übertreffen scheint.
Wo ist der Aufschrei in der Republik, über die Altersarmut, über Krieg und Frieden, über Kinderarmut, über den Pflegenotstand, über die Folgen der verbrecherischen Hartz Gesetze, über die Tausenden unbegleiteten Kinder- und Jugendlichen in Deutschland. Der Aufschrei, dass das Grundgesetz, mit jeder Änderung uns mehr Rechte nimmt,dass Deutschland als Waffenhändler in Krisengebieten munter mit macht, und die Politik uns scheinheilig was von Werten, die sie meinen, erzählt. Das an den Börsen mit Lebensmitteln spekuliert werden darf, und Menschen das Geld nicht reicht, zum Sattessen. Mittlerweile bekommen Themen eine Bedeutung, die wichtig sind in einer Gesellschaft, allerdings gibt es wichtigere, nämlich die Lösung

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Ulrike Spurgat
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Endlich kann ich als Landwirt meine Kuh heiraten.
Wenn unser Land sonst keine Probleme hat dann wird alles gut. Unser erstes Kalb werden wir Martin taufen.

joe bildstein
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Im Prinzip ist mir die Sache völlig gleichgültig. Mir ist es egal, ob Paare zusammen wohnen, ob diese Paare Männlein oder Weiblein, gemischt oder wie auch immer sind.
Interessant ist für lediglich die Aussage der Frau Merkel, die für eine...

Im Prinzip ist mir die Sache völlig gleichgültig. Mir ist es egal, ob Paare zusammen wohnen, ob diese Paare Männlein oder Weiblein, gemischt oder wie auch immer sind.
Interessant ist für lediglich die Aussage der Frau Merkel, die für eine entsprechende Abstimmung sogar einen permanenten Grundgesetzverstoß aussetzen will, indem sie die Abstimmung über diese Frage zur "Gewissensentscheidung" macht. Damit sagt sie uns Wählern, dass sie in dieser Frage ihren Parteimitgliedern erlaubt, in der Abstimmung ihrem Gewissen zu folgen, was vom Grundgesetz eigentlich als grundsätzliche Forderung für JEDE Abstimmung gelten müsste (Artikel 38/1).
Gegen dieses Grundrecht verstößt der Fraktionszwang, mitunter auch Partei-Disziplin genannt, seit Beginn dieser Republik anno 1949.
Lese ich dann die Leserbeiträge in der Presse, finde ich nirgend eine Entsprechung.
Die Frage, ob für dieses Vorhaben eine Verfassungsänderung erforderlich ist, ist eigentlich eine rhetorische Frage, denn Art. 6/1 GG besagt eindeutig, dass die Familie unter dem Schutz des Staates steht und der Tagesspiegel weist z. B. auch darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Definition dieses GG-Artikels, der zu den Grundrechten gehört, homosexuelle Partnerschaften strafbar waren. Außerdem gibt es Urteile des BVerfG, in denen das Verständnis von Familie betont wird und es ist fraglich, ob das BVerfG nun von seiner früheren Rechtsprechung abweichen würde.
Ich bin allerdings ein wenig altmodisch, denn in meinen Augen kann ein Kind nicht zwei Väter oder zwei Mütter haben, wie die Presse gerne schreibt. Für mich ist der Terminus "Vater" identisch mit dem Erzeuger und "Mutter" ist immer die, die ein Kind geboren hat. Hat jemand ein Kind adoptiert, ist er stets nur ein Ersatz für den leiblichen Vater oder die leibliche Mutter. Das hat nichts damit zu tun, dass Adoptiv-Väter oder -Mütter u. U. für das Wohl eines Kindes die bessere Alternative sein können. Aber man sollte nicht vergessen, die Gene erbt jedes Kind nur von den leiblichen Eltern, nicht von Adoptiv-Eltern, egal ob schwul oder lesbisch, nicht einmal von heterogenen Adoptiv-Eltern.

Das mit den "Alleinerziehenden" klingt immer so mitleid heischend. Mir stellt sich hingegen die Frage, warum sie alleinerziehend sind. Nach deutschem Recht sollten sie zumindest Unterhalt einfordern können, wenn der Erzeuger sie nicht heiraten will. Doch ich kenne durchaus Fälle, in denen die Frauen sich weigerten, den Erzeuger auch zu ehelichen. Oder Frauen, die geschieden sind. Statistische gesehen kommt das Scheidungsbegehren mehrheitlich von der Frau bei weitem nicht allen Alleinerziehenden wird eine Unterhaltszahlung vorenthalten.

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Gert Flegelskamp
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Zum einen: Mit fast 850 Millionen Euro an Unterhaltsvorschuss unterstützen Bund, Länder und Kommunen pro Jahr etwa 450.000 Alleinerziehende, deren ehemalige Partner keine Alimente für die Kinder zahlen. Zum anderen geht es nicht um Mitleid,...

Zum einen: Mit fast 850 Millionen Euro an Unterhaltsvorschuss unterstützen Bund, Länder und Kommunen pro Jahr etwa 450.000 Alleinerziehende, deren ehemalige Partner keine Alimente für die Kinder zahlen. Zum anderen geht es nicht um Mitleid, sonern um Tatsachen.

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Uli Gellermann
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Wenn man sich so die vielen Entscheidungen der Abgeordneten des Bundestags über die Jahre ansieht, kommt man überhaupt nicht auf
die Idee anzunehmen, dass die Damen und Herren ein Gewissen haben.

Alexander Kocks
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Und schon sind alle wieder mit einer verdammt wichtigen Frage beschäftigt. Habe mangels Kenntnis gestern ein seit langem verheiratetes Homo-Paar gefragt, was da eigentlich los ist. Die kurze Antwort: keine Ahnung. Der staatliche Sanctus für ein...

Und schon sind alle wieder mit einer verdammt wichtigen Frage beschäftigt. Habe mangels Kenntnis gestern ein seit langem verheiratetes Homo-Paar gefragt, was da eigentlich los ist. Die kurze Antwort: keine Ahnung. Der staatliche Sanctus für ein Bekenntnis, das mit oder ohne Staat gemacht worden wäre? Als hätte irgend jemand zwecks Eheschließung je eine Regierung gefragt? Wie viele Bundesbürger sehnen sich dieses Gesetz denn eigentlich herbei? Also diesen Unrat besser einfach vorbei schwimmen lassen?

Eine kritische Anmerkung sei gemacht: über die umfassende Grundgesetzänderung, die gerade eben durch den Bundestag gepeitscht wurde, um volkseigenes Tafelsilber an profitgeile Heuschrecken verkaufen zu können, war in unseren Leitmedien kein so großes Thema. Syrien, wo die Lage gerade mal wieder gefährlich eskaliert, ist gerade auch keines. Aha.

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Andreas Schell
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Die gleichgeschlechtlichen Paare hätten z. B. gern die selben Besuchsrechte in Krankenhäusern sie die Heteros. Nur zu verständlich.

Uli Gellermann
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Das Ehegattensplitting für homosexuelle 'eingetragene Partnerschaften'.
Wikipedia:

"Am 6. Juni 2013 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss zum Ehegattensplitting für eingetragene Lebenspartner ... Somit besteht jetzt ein...

Das Ehegattensplitting für homosexuelle 'eingetragene Partnerschaften'.
Wikipedia:

"Am 6. Juni 2013 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss zum Ehegattensplitting für eingetragene Lebenspartner ... Somit besteht jetzt ein Rechtsanspruch auf Steuerklassenänderung und Splittingverfahren. ... Die Gleichstellung erfolgt rückwirkend zum 1. August 2001 "
________

Mir ist schleierhaft, warum die Homoehe plötzlich so einen politischen Stellenwert bekommen hat. - Es muss ein Versuch der bürgerlichen Ideologen sein, die Klassenfrage in den Hintergrund zu drängen. So müsste man das doch als Marxist sehen.

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Klaus Bloemker
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Da gilt natürlich nur wenn alle Geschlechter in der selben Klasse sind und der Lehrer alle MEW-Bände auswendig kann.

Uli Gellermann
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Das ist doch ein primitiver Versuch die soziale Frage gegen die Geschlechterfrage auszuspielen. Dahinter verbirgt sich doch nur Homophobie.

Gerd Schweikert
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Dahinter verbirgt sich nix: Es gilt das geschrieben Wort.

Uli Gellermann
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@ lieber herr bildstein;)
lassen sie das mit der kuh!!
stellen sie sich vor, das kalb will dann bürgerliche rechte und wird plötzlich gewählt!!??

ltes Fachbuch
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Eine brillante Skizze der bürgerlichen Ehe. Danke!

Grit Wegener
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@Gerd Schweikert
Nein, keine Homophobie. Der Unterschied zwischen der 'eingetragenen (Homo-) Partnerschaft' und der (Hetero-) Ehe ist minimal. - Warum machen die Grünen das zur Koalitionsbedingung?

Der viel größere kulturelle Unterschied im...

@Gerd Schweikert
Nein, keine Homophobie. Der Unterschied zwischen der 'eingetragenen (Homo-) Partnerschaft' und der (Hetero-) Ehe ist minimal. - Warum machen die Grünen das zur Koalitionsbedingung?

Der viel größere kulturelle Unterschied im Verständnis von Ehe, Mann - Frau etc. zwichen muslimischen Einwanderen und Deutschland (westlichen Vorstellungen) wird aber von Grün als irrelevant behandelt.

Wer diese Unterschiede anspricht, ist ein 'Rechter' (AfD).

Es gibt ökonomische und kulturelle Probleme - die Homoehe ('Geld nur für den Trauschein' :-) gehört aber nicht dazu.

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Klaus Bloemker
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