Das Personal der Linkspartei besteht - Gott sei Dank, wenn die Genossen gestatten - mehrheitlich aus fleißigen Menschen, die sich vor Ort um die Sorgen der kleinen Leute kümmern. Darunter sind jede Menge Bürgermeister, Abgeordnete auf Kommunal- und Landesebene und ganz normale Mitglieder, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen: Hier mal einen Antrag für Leute, die selbst nicht gut im Antrag schreiben sind, da mal ein Telefonanruf für Menschen, die ungern mit Ämtern telefonieren. In solchen Fällen erwirbt sich die Partei Tag für Tag Verdienste.
Auf der Bundeseben geht die Linkspartei weit über das tägliche Sichkümmern hinaus: Mit der harschen Kritik an Hartz IV und der permanenten Banken-Finanzierung aus Steuergeldern, verweist die Linkspartei als einzige der Bundestagsparteien auf die Eigentumsfrage: Sie will die Großbanken verstaatlichen, um die soziale Schieflage der Republik zu richten. Und in der Krieg & Frieden-Frage ist sie wieder die einzige Partei, die konsequent gegen Auslandseinsätze ist und raus aus der NATO will. Da mag man Herrn Lafontaine nicht mögen oder Herrn Gysi auch nicht so sehr, selbst wenn dieser oder jener sich vor Frau Wagenknecht fürchtet: Wer ein wirklich gerechtes Land haben will und keine Rohstoff-Kriege führen möchte, der hat wenig Auswahl. Er muss die LINKE wählen, so leid es ihm auch tun mag.
Nun debattiert die Linke mal wieder über ihr Führungspersonal. Auch da wird der Außenstehende diese oder jene Vor- oder gar Nachliebe haben, diesen oder jenen Kandidaten besser oder weniger gut finden. Aber mit einem ihrer Kandidaten, dem seltsamen Dr. Dietmar Bartsch, disqualifiziert sich die LINKE so lange sie ihn kandidieren lässt. Bekannt ist ja sein sozialchauvinistischer Spruch von den Hartz-Vierern, die sich um den Alkohol streiten (s. erster Link). Ein Bild, das die Bildzeitung nicht besser hätte malen können. Zwar meint Dr.Bartsch, das habe er "so" nie gesagt. Aber gegen die zitierende RATIONALGALERIE will er dann doch nicht juristisch vorgehen, erklärte er jüngst gegenüber stern-online (s. zweiter Link).
Aber Bartsch leistet sich noch viel mehr. Auf seiner persönlichen Website lässt er einen Satz ab, der die LINKE in die rechte Ecke stellt: "Es ist überaus bezeichnend, dass die schlimmste Pervertierung des Sozialismus-Begriffs eben mit dem Nationalismus gekoppelt war – Nationalsozialismus." Also nach Bartsch ist der Begriff vom Sozialismus pervertiert, aber der Stammbaum ist der selbe. Also gehören die Sozialisten zur selben Familie wie die Nazis, nur die Nazi-Brüder waren leider pervertiert. Damit Dr. Bartsch nicht sagen kann, das habe er "so" nicht geschrieben und außerdem sei der Satz aus dem Zusammenhang gerissen: Bitte den dritten Link anklicken und selbst nachlesen. Bisher galt in der Linken, weit über die Partei hinaus, dass der Faschismus ein legitimes Kind des Kapitalismus war und ist. Nun sollen, nach Bartsch, andere Familienverhältnisse gelten.
Unmittelbar nach der Veröffentlichung dieses Artikels in der RATIONALGALERIE war die Website von Dietmar Bartsch zeitweilig nicht zu erreichen. Leser der Galerie ,wie auch der Sprecherrat der Kommunistischen Plattform ,machten uns darauf aufmerksam, dass der Bundestagsabgeordnete (offenkundig im Ergebnis dieses Artikels) seine Seite geändert hatte:
Fragen des Bundessprecherrates der KPF an Dietmar Bartsch
"Unter www.dietmar-bartsch.de[http://www.dietmar-bartsch.de] findet sich in einer Kolumne vom 2. Januar 2012 - bis zum 18. Januar 2012 - ein unglaublicher Satz. Zunächst schreibt Dietmar Bartsch: "Gerade wir wurden und werden von der Union (und anderen!) immer wieder der Europafeindlichkeit bezichtigt. Das ist ein völlig haltloser Vorwurf gegenüber einer Partei, die den demokratischen Sozialismus auf ihre Fahnen geschrieben hat. Sozialisten müssen Internationalisten sein, anders geht das gar nicht." Und dann folgt - bis zum 18. Januar 2012 - die Ungeheuerlichkeit; es sei "überaus bezeichnend, dass die schlimmste Pervertierung des Sozialismus eben mit dem Nationalismus gekoppelt war - Nationalsozialismus."
Die von Bartsch formulierte Familienähnlichkeit wird von der CDU-CSU bis zur SPD immer beklatscht werden. Also war, nach Bartsch, der im KZ erschlagene Kommunist ein Angehöriger seiner Henker? War der Rotarmist, der seine Heimat verteidigte, aus der selben Familie, wie der Nazi-Soldat ihm gegenüber? Bestand vielleicht auch der mordende Nationalsozialistische Untergrund aus zwei pervertierten Brüdern und einer Schwester jener sozialistischen Partei, die sich DIE LINKE nennt? Fragen über Fragen, die der Dr. Bartsch ziemlich eindeutig mit JA beantwortet. Da wird er auch Beifall beim Generalsekretär der CSU finden, der ja jüngst aus aktuellem NPD-Verbots-Anlass wußte "Es darf keine Staatsgelder für die Gegner unserer Demokratie geben, egal ob Braun oder Dunkelrot."
Wer sich gewundert hatte, warum ausgerechnet Springers WELT, nach dem Hartz-Vier-Spruch des Dr. Bartsch eine Weisswäsche des Kandidaten für den Parteivorsitz der Linkspartei versuchte, wer fragt, warum die Kandidatur des Dr. Bartsch so viel Beifall in den Mainstream-Medien findet, der kann jetzt mit Fragen und Wundern aufhören. Denn Dietmar Bartsch sagt klar und deutlich warum man, aus der Sicht der deutschen Eliten, die Linkspartei nicht wählen darf: Der üblen Verwandtschaft wegen.
http://www.rationalgalerie.de/archiv/index_3_87.html
stern.de/politik/deutschland/berlin-vertraulich-an-den-abhaengen-der-politik-1774529.html
http://www.dietmar-bartsch.de/kolumne/items/wider-die-kulturlose-arroganz.html