Deutschland ist voll von Kriegsdenkmälern. Um die 100.000 sind es, verstreut über das Land. "Unseren Helden" zum Gedenken, steht auf dem einen Mal, bei einem anderen ist "In ewiger Erinnerung" eingemeisselt. Die meisten dieser Stein gewordenen Verehrungen des Krieges sind im Gefolge des Ersten Weltkriegs errichtet worden. Nur selten sieht man ein Mal, das an den zweiten der deutschen Kriege erinnert. Schamvoll verbargen die Deutschen ihr Gedenken an einen Krieg, der ungerechter und mörderischer nicht hätte sein können. Die Scham ist vorbei: Mit dem "Wald der Erinnerung", nahe Potsdam, wird jetzt jener Toten gedacht, die in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr gestorben sind. Die können sich nicht mehr wehren.

Mit gedämpfter Stimme, so wie man Kartoffeln dämpft, artikuliert die Bundeskriegsministerin Ursula von der Leyen was sie bewegt: "Hier in Potsdam, im Einsatzführungskommando schließt sich der Kreis. Hier werden die Einsätze geplant, koordiniert und geführt." Denn der "Wald der Erinnerungen", das neue Ehrenmal der deutschen Armee, liegt auf dem Gelände jener Kaserne, in der die Auslandskriegseinsätze der Bundeswehr durchdacht und gelenkt werden. Das ist der Kreis des Todes: Von der politischen Entscheidung über den Befehl zum Krieg bis hin zum Grab. Dann sind die zumeist jungen Menschen, die von ihrer Führung in Länder geschickt wurden, in denen sie nichts zu suchen haben, gefallen. So wie man heiße Kartoffeln fallen lässt. Material nur noch für trügerische Trauer, nicht für Erkenntnisse.

Mit jenen kurzen Schritten, die Nachdenklichkeit und Betrauern simulieren sollen, schreiten der Bundespräsident und die Ministerin den kleinen Weg zu ihren Kränzen ab. Ausgerechnet die beiden Träger der Neuen Deutschen Verantwortung zupfen an den Kranzschleifen, als das alte Lied vom Kameraden erklingt: "Ich hatt' einen Kameraden / Er ging an meiner Seite / Er liegt mir vor den Füßen / Als wär’s ein Stück von mir." Im Hohlraum hinter den Augen der beiden Verantwortungsträger wird sich kein Nachdenken finden lassen, kein Mitleiden, und erst recht kein Gefühl wirklicher Verantwortung. Hinter den Funktionärsmasken kein Gedanke an irgendeinen Kameraden, nur jene trübe Pampe in der die eigene Karriere schwimmt.

Unter den Gästen der Trauer-Farce findet sich kein Hinterbliebener jener 142 Tankwagen-Opfer, die in der Nähe von Kunduz, im September 2009 auf Befehl eines Bundeswehroffiziers und mit Hilfe der US-Luftwaffe umgebracht wurden. Arme Leute, Hirten, Bauern, die noch im Tod von der herrschenden weißen Rasse separiert sind: Die Verwandten der toten Bundeswehr-Soldaten werden mit bis zu 100.000 Euro ruhig gestellt, die Sippen der Ziegenzüchter sind mit 5.000 Euro abgespeist worden. "Wir müssen uns immer wieder die Tragweite unserer Entscheidungen vor Augen führen“, sonderte die von der Leyen ab. Diese Augen wissen nichts von den Tragen, auf denen Tote und Verwundete aus den Kämpfen geschleppt werden müssen. Entscheider entscheiden über Leben und Tod, ohne dass die ordentlichen Haare gekrümmt werden.

Unweit von Nürnberg ist das Kriegerdenkmal des Fußballvereins der SpVgg Fürth zu besichtigen. Es ist ein riesiger Fußball aus Granit, mit dem an die 144 Vereinsmitglieder erinnert wird, die im Ersten Weltkrieg für den Waffenfabrikanten Krupp und Kaiser Wilhelm ihr Leben gelassen haben. Und während im Fußball immer "Nach-dem-Spiel Vor-dem Spiel" ist, sollte man hoffen, dass "Nach-dem-Krieg" nicht automatisch "Vor-dem-Krieg" bedeuten muss. Doch so lange das arme Deutschland von Leuten wie der von der Leyen regiert wird, von Leuten, die solchen Billig-Trost verkaufen wie "Der immergrüne Nadelbaum steht hier auch als Sinnbild der Unsterblichkeit" - so lange werden Dummheit und Verbrechen den nächste Krieg vorbereiten.