"Das Anliegen war auch immer unseres", sagte Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Berliner Linkspartei, nachdem 665.000 Berliner Wähler in einer Volksabstimmung für die Offenlegung der Wasserverträge gestimmt hatten. Nur wenige Tage vorher hatte der Wirtschaftssenator der LINKEN erklärt: "Ich werde nicht zur Abstimmung gehen." Das von Lederer so positiv bewertete Anliegen war dem Berliner Landesverband vor dem Sieg der Bürgerinitiative keine Unterschrift wert: Er fehlte in der Unterstützerliste.

Obwohl der seit 2007 währende Kampf um die Offenlegung der düsteren Wasserverträge zwischen dem Land Berlin und den privaten Partnern bei zunehmend mehr Bürgern Anklang fand, mochte der rot-rote Senat, der sich auch auf die Linkspartei stützt, diesem Wunsch nach Transparenz nicht nachgeben. Auch als fast 40.000 Unterschriften vorlagen, wollte der Senat das Volksbegehren nicht zulassen. Erst die Klage einer GRÜNEN-Abgeordneten zwang die Landesregierung, die Verträge wenigsten den Berliner Parlamentariern offenzulegen.

Als dann die Tageszeitung "taz" einen Teil der Wasserverträge veröffentlichte, wurden 700 Seiten der Verträge ins Internet gestellt. Scheibchen für Scheibchen mussten LINKE und SPD gezwungen werden, die Bürger der Stadt über vertraglich vereinbartes Unrecht zu informieren. Bei der SPD ist das nicht völlig unverständlich: Sie hatte 1999 gemeinsam mit der CDU die privatisierenden Verträge abgeschlossen. Was mag die LINKE reiten? Ist es blinde Koalitionsdisziplin? Ist es der schlichte Wunsch, weiter an einer Regierung beteiligt zu sein? Ist Opposition Mist?

Noch wenige Wochen vor der Volksabstimmung glaubt der Berliner LINKEN-Chef, das man die Volksabstimmung nicht braucht, weil doch alles veröffentlicht sei. Und er diffamiert die Meinung der Bürgerinitiative, die annimmt, nicht alles sei wirklich veröffentlicht, als "Spekulationen und Unterstellungen". Und dann sind sie doch da, die geheimen Papiere: Tatsächlich werden, zwei Tage vor dem Volksentscheid, weitere, bisher nicht veröffentlichte Verträge bekannt, die unter anderem Kapitalerhöhungen und Gewinnbezugsrechte betreffen. Einem Senatssprecher fällt dazu nur ein, dass dies ja "rein konzerninterne Unterlagen" seien und somit nicht unter die Forderung des Volksentscheides fielen, alle Verträge zwischen dem Senat und den Konzernen offenzulegen. Wem diese Argumentation unanständig vorkommt, der hat recht.

Mit ihren weit mehr als 600.000 Abstimmenden dürfte die Initiative zur Offenlegung der Wasserverträge die zur Zeit größte Bürgerbewegung der Bundesrepublik sein. Zumindest die Spitze der Berliner Linkspartei, hat sich gegen diese außerparlamentarische Aktivität gestellt. So etwas steht nicht mal bürgerlichen Parteien gut, wie man am Beispiel von Stuttgart 21 sehen kann. Einer Linkspartei, die 2001 ihrer oppositionellen Haltung wegen in Berlin auf satte 22.6 Wahl-Prozente kam, steht das noch weniger. Das war schon 2006 zu beobachten, als die Berliner LINKE, nach mehreren Jahren der Regierungskoalitions-Kompromisse, nur noch auf 13.4 Prozent der Stimmen kam. Wenn das so weiter geht, wird sich die LINKE bald ein neues Volk suchen müssen.

Seit langem führen die deutschen Medien, vom "Stern" bis zur "taz" eine gezielte Debatte über Konflikte zwischen pragmatischen Ossis und den chaotischen Wessis. Es ist ziemlich durchsichtig was das soll, das gab es schon in den Anfängen der GRÜNEN: Als man diese Partei in "Fundis" und "Realos" zerlegte. Längst sind die GRÜNEN zumeist brave "Realos". Die Folgen sind in Afghanistan zu besichtigen. Wenn die Medien über die linken "Pragmatiker" reden, werden die Berliner LINKEN gern als Beispiel gelobt. Und nicht wenige LINKE, weit über Berlin hinaus, gefallen sich in der Rolle des pragmatischen Musterknaben. Falls die LINKE die Partei ernstzunehmender Veränderungen bleiben will, sollte sie sich anschauen wer sie da lobt und warum. In diesem Zusammenhang ein sachdienlicher Hinweis: Eine SPD gibt es bereits. Eine zweite wird der Wähler als überflüssig empfinden.