Das werden Sie jetzt vielleicht nicht verstehen, aber als in der "Alten Försterei", dem Clubhaus des FC Union in Köpenick, in diesen Tagen ein Kinderchor sang: "Christ ist erschienen, uns alle zu versöhnen. . . .", da liefen mir die Tränen runter. Dort wo sonst "der kleine Trompeter", Honeckers Lieblingslied, von beblusten FDJ-lern über die Rampe geschmettert wurde, dort tönte nun leis und süß ein christliches Weihnachtslied. So hat sich unser Land geändert. Und mit ihm auch ich. Mich.

In den langen Jahren meiner Kanzlerschaft über das Land habe ich eigentlich kaum etwas versprochen. Das machte sich ganz gut, so musste ich auch nichts halten. Doch dieses Weihnachten will ich Ihnen, meinem Volk, einige Versprechungen machen, als Geschenk. Sozusagen von mir zu Ihnen. Damit wir alle etwas davon haben.

Als erstes tausche ich den Job mit Josef Ackermann. Soll der doch den Grüß-August bei den Treffen im Kanzleramt machen, wenn der Prinz von Ougadugou kommt und mit Palmen bewedelt werden muss, oder der König von Paris, der falsche Ungar, um mir feuchte Küsse auf die Hand zu drücken. Ich habe den Banken genug Geld gegeben, so viel, dass ich wohl sagen kann: Die gehören mir. Und außerdem: Ich möchte auch mal was zu sagen haben. Also Josef: Ab ins Amt, ich ziehe in die Deutsche Bank Unter den Linden. Ist auch näher zu den Läden, wo ich meine Kostümchen kaufe.

Dann kann ich Ihnen in die Hand versprechen: Deutschland wird wärmer! Wer in den letzten Tagen die eisige Kälte mitbekommen hat, der weiß, dass meine Klimapolitik richtig ist: Mehr Abwrack-Prämie, mehr Autos, weiter so mit Atom, nur auf diesem Weg schaffen wir die paar Grad mehr, die unseren Obdachlosen gut tun werden. Ich habe in Kopenhagen alles richtig gemacht. Wir werden doch nicht einseitig unsere Klimaziele höher stecken als die anderen! Wer soll denn deutsche Cabrios kaufen, wenn es überall um zwei Grad kälter wird? Ich lass doch mich und meine Automobil-Industrie von diesen Ökos nicht über den Tisch ziehen!

Als nächstes mache ich mich dann an mein Wachstumsprogramm. Zuerst hatte ich ja diesen Feldversuch laufen: "Westerwelle". An dessen Ego habe ich unser Wachstumsbeschleunigungsmittel zuerst ausprobiert. Und? Hat doch super geklappt. Guido kommt durch keine Tür mehr ohne sein Ego zweimal zu knicken. So beschleunigen wir das ganze Land: Allen wird was versprochen, alle dürfen mal was sagen (die einen im Elysée-Palast, die anderen im Kleingärtnerverein) und jeder kann eine Meinung haben, am besten meine. Und der Höhepunkt: Mein Schumacher reitet für Deutschland! Wenn unser Michael auf seinem Silberpfeil wieder die Runden dreht, steigt das deutsche Selbstbewusstsein, der Umsatz der Automobilindustrie auch und unser Wachstum wächst ohne Ende.

Natürlich gibt es auch Steuern für alle. Manche zahlen weniger, andere mehr. Die Mehr-Steuern heißen dann nur anders: Sozialabgaben, zum Beispiel. Oder Mehrwertsteuern. Diese Steuern heißen so, weil alles worauf sie gezahlt werden, automatisch mehr wert wird. Das ist jetzt schade für die Hotel-Besitzer, die dürfen nur noch die Hälfte zahlen, ihre Betten sind dann wahrscheinlich auch nur noch die Hälfte wert, aber so macht man aus Doppelzimmern eben Einzelzimmer und schon an diesem Vorschlag kann jeder sehen, dass ich Ahnung von der Wirtschaft habe. Anders als der Brüderle, der glaubt ja immer noch, das Öl aus Sardinen gewonnen wird. Dabei kommt es aus Autos, beim Ölwechsel.

Zu meinen größten Überraschungen wird das Programm "SMS für alle" gehören. Wirklich absolut jeder (wenn er ein Handy hat) bekommt von mir eine SMS. Meine Berater feilen noch am Text. Entweder soll der Satz "Mutti liebt Euch alle" lauten oder "Grüße aus der Merkelei". Mehr wird jetzt nicht verraten. Nur, dass wir die wem-auch-immer-ähnlichen Zustände in Afghanistan auch mit Es-Em-Essen beenden wollen. Zuerst werfen unsere Bomber Millionen von Handys über dem Bergland ab. Dann sende ich den Alis allen eine SMS: "War nicht so gemeint, Angela!" In Arabisch. Und Persisch. Und Usbekistanisch oder was die da sonst noch quatschen. Da brennt aber der Baum! So viel Weihnachtsfrieden war noch nie.

Meinen Studenten und Schülern verspreche ich für das kommende Jahr fünf Bildungsgipfel. Oder, wenn sie aufhören zu streiken, sogar zehn. Zwar hat der Bund in den Ländern, dort wo Bildungspolitik gemacht wird, nichts aber auch gar nichts mehr zu sagen, aber so ein Gipfel hat doch seine eigene Bedeutung. Hat nicht der deutsche Dichter, wer auch immer, einst gesagt: "Über alle Gipfeln ist Ruh - Sonst setzt es was!" So werden auch wir, Zugspitze um Zugspitze, einen Gipfel an Bildung erledigen. Versprochen.

Manche meinen, ich sollte zu Weihnachten was zum Haushalt sagen. Aber ich bin emanzipiert, Haushalt macht bei uns der Sauer. Der heißt ja nicht nur so, der ist das auch manchmal. Zum Beispiel als ich, gemeinsam mit meiner Freundin Vera Lengsfeld das Plakat gemacht habe. Sie wissen schon, wo man alles sehen konnte, das war auch als Geschenk an mein Volk gedacht. Hat der Sauer sich aufgeregt: Ich sollte nicht alles so raushängen lassen, man müsse sich ja schämen, die ganze Leier. Ich zu ihm: Davon verstehst Du nichts, die Amerikaner nennen es "Tittitainement" und gewinnen damit Wahlkämpfe. Und, habe ich den Wahlkampf gewonnen? Also.

Jetzt bin ich ein wenig von Weihnachten abgekommen. Macht nichts. Sie können sich darauf verlassen: Ich bleibe ihnen geschenkt. Wer mich auf dem Gabentisch hat, der ist bedient und braucht nichts anderes mehr. Wer jetzt kein frohes Fest hat, der bekommt auch keines.