Was wird sie kosten, die Beilage des Wirtschaftsministers in der "FAZ am Sonntag"? Nicht unter 100.000 Euro. Und ähnliche Preise wird Glos auch den anderen Blättern gezahlt haben, in denen seine "Anzeigensonderveröffentlichung" zur Bewältigung der Krise beiliegt. Lange bevor eine der wirren Konjunkturmaßnahmen seines Hauses irgendwo greifen könnte, hat er damit schon mal die Medienwirtschaft gestärkt. Das bringt zwar nicht einen Arbeitsplatz mehr, bindet aber die Verkünder der frohen Botschaft "Die Regierung tut was!" in die Propaganda-Offensive des Kabinetts ein.
Das Wort Abwärts-Dynamik, eine geniale Sprachschöpfung des außergewöhnlichen Herrn Rürup, steht stellvertretend für das Gestammel, dem die Bevölkerung in diesen Tagen ausgesetzt ist, wenn die Bundesregierung über die Krise redet, die in ihren Augen erst gar keine war, dann eine Finanzkrise und jetzt eben eine Abwärts-Dynamik: Sicher, liebe Leute, es geht irgendwie abwärts, aber total dynamisch und wenn ihr alle die Augen zu macht, die Brieftaschen weit öffnet und fleißig für Banken und Industrie spendet, dann gibt es auch wieder eine Aufwärts-Dynamik, für wen auch immer.
Auf vier Zeitung-Seiten breitet Glos sein "Maßnahmepaket" aus und es gibt nur einen einzigen ehrlichen Satz in all dem Wörterdunst, den der Minister ausatmet: "Die weitere Entwicklung ist unklar". So viel Bekenner-Mut hätte man ihm nicht zugetraut. Eher unabsichtlich bekennt er sich auch zur sozialen Schieflage des Pakets: Banken und Industrie dürfen ein paar hundert Milliarden von der Regierung erwarten. Das Konjunkturpaket "Impulse für private Investitionen" soll schäbige 50 Milliarden umfassen. Den Betrag nimmt Ackermann nicht mal als Trinkgeld.
Die berühmte KfW-Bank, deren Kampf gegen die eigene Pleite noch nicht gewonnen ist, soll nach dem Willen des Ministers ein paar Milliarden zur Verlängerung der Kreditlinien der Unternehmer bereitstellen. Welchen Unternehmen, wo und warum und mit welchen Auflagen, das mag Glos uns nicht mitteilen. Von seinem nächsten Vorschlag, der Steuersenkung durch höhere Abschreibung für Unternehmen, ist der Minister überzeugt: "Sie kurbelt die ganze Wirtschaft an und sichert Arbeitsplätze". Na klar: Abschreibung auf weitere Automatisierung der Produktion, zum Beispiel, sichert weitere Rationalisierung und eine Steigerung der Arbeitslosigkeit. Das kurbelt.
Eins der Kapitelchen der Minister-Beilage ist mit "Beschleunigung von Verkehrsinvestitionen" überschrieben: Das ist schön. Was man ohnehin vor hatte, das will man jetzt schneller machen. Wahrscheinlich fällt unter diese Investitionen auch das brillante Angebot des großen Ministers Tiefensee, der 2,5 Milliarden für den Erhalt des Schienennetzes der Bahn zahlen will und inständig hofft, dass die Bahn davon "1,5 - 1,75 Milliarden" in Pflege und Sanierung der Schiene investiert. Was mag mit der Restmilliarde geschehen? Wird sie der Ankurbelung der Bahn-Vorstandsgehälter dienen oder in den Weihnachtsschmuck der Bahnhöfe investiert?
Total genial ist die Kfz-Steuerbefreiung für Autos: Je größer der Hubraum ist, desto mehr Steuern spart der Käufer. Das soll sicher die von der SPD gern strapazierte "Gerechtigkeitslücke" schließen: Das ist jene Lücke, die man besser mit einem Mercedes ausfüllt als mit einem Smart. Zu dieser Subventionierung von Spritfressern fällt dem Umweltminister ein, dass die Automobilindustrie so mehr Zeit bekommt, den CO2-Ausstoss ihrer Produkte zu mindern. Warum nicht noch ein paar Jahre drauf legen und der Industrie einen Besinnungsaufsatz verordnen: Wie aus immer mehr Hubraum immer weniger Klima herauskommt.
Der einzige wirksame Vorschlag aus der Wundertüte des Herrn Glos kommt aus dem Mund des Chefs der Bundesagentur für Arbeit. Er stellt, verspricht er in der Beilage, 1.000 zusätzliche Vermittler ein. Was die vermitteln sollen ist unklar. Denn Arbeit, so sagen alle Prognosen, wird es weniger geben. Aber die 1.000 haben jedenfalls einen guten Job. Und sie werden dann ". . . Menschen und Arbeit gezielt zusammenbringen". Ein schönes Bild. Der Vermittler zielt mit Arbeit auf Menschen. Oder umgekehrt.
Völker leert die Regale: Noch ist der Konsumgutschein aus dem Hause Steinbrück nicht vom Tisch. Auch wenn er im Glos-Paket nicht enthalten ist. Das ist schade. Denn wenn alle Bürger einen 500 Euro-Gutschein bekommen und damit zum Beispiel Unterhaltungselektronik kaufen, sichern sie garantiert Arbeitsplätze. In Asien. Konsumieren sie damit mehr Milchprodukte, leeren sie die EU-Subventionskassen. Kaufen sie Textilien, dann können sie selektive Entwicklungspolitik betreiben: T-Shirts aus Mexiko, Oberhemden aus Pakistan, ganz Anzüge aus Hongkong.
So bestätigt das aktuelle Konjunktur-Paket, dass die Regierung nicht nur eine Mogelpackung vertreibt, sondern selbst eine ist: Es sind ausnahmslos die selben Nasen, die uns in die Krise geritten haben und jetzt behaupten, sie führten uns aus ihr heraus. Jeder Fussballverein würde nach einer solch schweren Niederlage den Trainer wechseln oder neue Spieler einkaufen. Die Merkeltruppe, so liest man in der Beilage, will "Ein Zeichen für mehr Wachstum setzen". Das ist aber ein schönes Zeichen von ihr. Vielleicht erfindet Rürup bald das Wort Abstiegs-Dynamik. Das wird den Deutschen sicher sehr helfen.