"Der raucht wie ein Schlot": Das war in der Zeit als fast alle noch rauchten eine treffende Charakterisierung für den Kettenraucher. Heute ist - glaubt man der Bundesregierung - alles ganz anders. Heute muss kräftig gepafft werden, damit die armen Aluminium-Werke und die Chemie-Giganten weiterhin verbilligten Strom bekommen. Weil deren Schlote sonst nicht rauchen. Das ist sinnvoll. Denn Raucher mag die inzwischen gewachsene Gruppe der Nichtraucher ohnehin nicht leiden. Und es ist natürlich auch gerecht: Denn ob einer ein Kästchen mit zehn Zigarren der Marke Cohiba Behike für 270 Euro kauft oder eine Dose Brookfield 70 g Stopftabak für 6,75 kauft: Beide sind vor der Tabaksteuer gleich, die jetzt erhöht werden muss, um die industriellen Stromverbraucher vor dem Untergang zu retten.

Die schwarz-gelbe Regierung setzt mit dieser originellen Idee in der Steuerpolitik ihre anerkannte Gerechtigkeits-Offensive konsequent fort: Als sie damals den Hoteliers die Mehrwertsteuer senkte, war es ja auch nur gerecht. Die Hotelbesitzer bekamen faktisch Geld bar auf die Hand, und die Hotelgäste sollten auch davon profitieren. Das letztere hat dann nicht so ganz geklappt und die vielen Penner, Niedriglöhner und Hartz-Vierer, die noch nie ein Hotel von innen gesehen haben, hatten auch nichts davon, aber der Anfang einer ordentlichen Steuer-Rund-um-Verteilung war gemacht. Ein Hauch von Gleichmacherei zog durch die Republik.

Doch es gibt noch viele Felder, auf die man die höchst erfolgreiche Politik der Koalition ausdehnen könnte: Zum Beispiel beim Benzinpreis. Es gibt doch jede Menge Leute, deren Villen auf dem Land stehen. Weil die Weg dahin manchmal ein wenig holprig sind, müssen diese armen Leute diese überschweren Geländewagen kaufen. In dieser Notlage könnte der Staat einspringen und die Besitzer solcher Fahrzeuge von der Sprit-Steuer befreien. Und manchmal ist die Steuer-Wirklichkeit heute schon schöner als man glaubt. Während der Handel mit Windeln, Kondensmilch oder Gemüse natürlich der Besteuerung unterliegt, muss der Goldverkäufer sich keine Sorgen machen: Lässt er seine Barren ein Jahr liegen und verkauft sie dann mit Gewinn, zahlt er keinen Cent Steuern. So viel Gerechtigkeit soll in den Obdachlosenheimen schon Jubel ausgelöst haben.

Wenn sich in diesen Tagen die Meldungen über die neue Steuergerechtigkeit mit den Meldungen über gezielte Wahlkampfhilfe kreuzen, dann ist das sicher Zufall: Die Konzerne BASF, E.ON und Bayer - Stromerzeuger und Stromverbraucher - haben Kandidaten, die Gegner der Klima-Schutzpolizik sind, zur Wahl in den US-Senat großzügige Beträge rübergeschoben. Die deutschen Steuererleichterungen - die auf den schönen Namen "Ökosteuer" hören - sind natürlich genau für jene Konzerne gedacht, deren Klima-Bilanz negativ ist. Genauer: Die größten Dreckschleudern bekommen eine kräftige Steuerhilfe. Dass dieses spannende Öko-Gesetz bereits von der rot-grünen Koalition erdacht und umgesetzt wurde, erklärt vielleicht, warum man von den GRÜNEN und der SPD zu diesem Thema zur Zeit so wenig hört.

Der afghanische Präsident Karsai, so kann man gerade lesen, bekommt die Taschen nicht nur aus den USA mit Bargeld gefüllt, auch der Iran spendet ihm was. Ein guter Freund des israelischen Ministerpräsidenten, US-Milliardär Sheldon Adelso, schiebt den Republikanern eine Million Dollar zu, damit die Luft aus den Verhandlungen zischen den USA, den Israelis und den Palästinensern rausgenommen wird. Acht europäische Unternehmer erübrigen 240.000 Dollar für Klima-Skeptiker. Deshalb wird es Zeit für eine große Idee: Die Politiker-Börse.

Damit sich jeder seinen Politiker kaufen kann, sollte dessen Thema und sein Preis öffentlich an einer Börse gehandelt werden. Das wäre ein weiter Schritt in der Gerechtigkeits-Offensive: Jeder kann mitbieten, keiner ist ausgeschlossen. Zum Beispiel könnten die Stuttgart-21-Gegner einfach Geld sammeln und dem Verkehrsminister genug für den Baustop bieten. Dann hört diese mühselige Demonstriererei bei Wind und Wetter auf. Außer die Stuttgart-21-Befürworter zahlen mehr (die Deutsche Bahn wird sich doch nicht lumpen lassen). Und alles geschähe in aller Öffentlichkeit, damit der Wettbewerb auch funktioniert. Vielleicht erfahren wir dann auch, wer wie viel für die tolle Idee mit dem "Rauchen für die Stromverbraucher" bekommen hat. Außerdem vereinfacht das die Politikmacherei drastisch Wer demnächst an der Politiker-Börse gut notiert ist, der braucht auch keine Wahlen mehr.