Entschädigung lässt der in Deckung gegangene Verteidigungsminister durch seinen Pressesprecher anbieten. Entschädigung für feige ermordete Zivilisten in Afghanistan. Denn was kann feiger sein, als ein Angriff aus großer Flughöhe, unerreichbar für die Menschen am Boden, auf die man Bomben wirft? Wahrscheinlich nur noch die deutsche Kanzlerin, die als Oberbefehlshaberin in Kriegszeiten für den Angriff auf Zivilisten verantwortlich ist und jetzt kein Wort verliert. Die Verwandten der Ermordeten sollen jetzt eine "Entschädigung" bekommen. Wie entschädigt man eine Mutter für ihren Sohn? Einen Großvater für seinen Enkel?
Unmittelbar nach dem Angriff auf Menschen, die sich am heiligen Sprit der Bundeswehr vergriffen hatten, war in den deutschen Medien von Munition die Rede. Natürlich nicht von den zwei 227-Kilo-Bomben, die auf wehrlose Afghanen fielen. Es konnte sich in der Berichterstattung selbstverständlich nur um "Wahlkampfmunition" handeln, die sich die Opposition zu eigen gemacht hatte, um auf die damalige Koalitionsregierung zu schießen. Die wirkliche Munition bestand aus billigen Bomben, die einen mörderischen Effekt erzielten: Der Stückpreis liegt, ohne Leitsysteme, bei 268,50 Dollar: Rund 500 Dollar für mehr als hundert Menschen: So preiswert kann man so viele Leute nicht einmal mit einem Küchenmesser umbringen.
Treibstoff-Diebstahl wird bei uns, falls jemand erstmalig erwischt wurde, zumeist mit einer Bewährungsstrafe bestraft. Im bekannten Afghanistan-Fall hat die deutsche Regierung eine Massentötung zu verantworten. Ein Delikt, das sie außerhalb ihres eigenen Landes hat begehen lassen. Nach deutscher Rechtspraxis wäre für alle Beteiligten ein Lebenslänglich zu erwägen. Nach der Kultur des Landes, in dem die Tat verübt worden ist, kann das Verbrechen nur mit Blut geahndet werden: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wahrscheinlich wird es für die Kriegsverantwortlichen im Afghanistan-Krieg keine Neuauflage der Nürnberger Prozesse geben. Wer wollte es den Afghanen also verdenken, wenn sie ihr Recht in die eigenen Hände nähmen?
Die eingesetzten Bomben waren mit einem "Daisy Cutter" ("Gänseblümchenschneider") versehen. Ein Zünder, der die Sprengbombe auslöst, bevor sie auf dem Boden auftrifft: "Durch die Zündung dicht über dem Boden wird - ähnlich wie bei Annäherungszündern - eine optimale Wirkung von Druckwelle und Splittern parallel zur Zieloberfläche erreicht." Die Bombe kann einen gnädigen, sofortigen Tod erzielen. Aber natürlich kann man auch, je nach Entfernung zum Zielpunkt, einfach nur von ein paar Splittern getroffen werden. So, dass einem die Gedärme heraushängen, dass man langsam stirbt und so lange schreit, wie die Luft noch langt. Wenn die Lunge nicht getroffen ist. Ob der amerikanische Hersteller der Bombe, General Dynamics, der jährlich 12 Milliarden Dollar umsetzt, das für eine "optimal Wirkung" hält, ist unbekannt.
"Welche Anspruchsberechtigten", erklärte der Sprecher des Verteidigungsministers zur geplanten Entschädigung, "die man dann zur Berechtigten erklärt, das werden wir dann sehen." Parallel empfing die Kanzlerin Angehörige des deutschen Afghanistan-Korps. Zu den "Anspruchsberechtigten" kein Wort. Den eindeutigsten Kommentar fand die Financial Times Deutschland: "Rein verfahrenstechnisch betrachtet gehört die Entschädigung dagegen zu den leichteren Übungen." Auch die Schlagzeile des Artikels war sehr treffend: "Nur nicht bei den Opfern sparen". Wo man doch schon so billige Bomben eingesetzt hat. Rein verfahrenstechnisch müsste es auch mit einer kleineren, tragbaren Bombe eine leichte Übung sein, in einer Redaktion optimale Wirkung zu erreichen.