Ein Duell zwischen Stalin und Hitler soll er gewesen sein, der Krieg Deutschlands gegen die Sowjetunion, der vor 70 Jahren am 22. Juni 1941 begann. Über zwei schlimme Finger auf dem Weg in die Schlacht, erzählt uns der "Spiegel", als sei es ein Stück aus Hollywood. Und natürlich beginnt er mit einer Adolf-Home-Story: Wie der am Vorabend des Überfalls ziemlich nervös war, wie er Musik von Liszt hörte und dass er übermüdet war, der arme Führer. Was dann folgt, ist von wenig Kenntnis getrübt aber vom festen Willen geprägt, den Krieg der Deutschen gegen die Sowjetunion als eine ziemlich private Angelegenheit zwischen zwei Diktatoren zu schildern.

"Allein über elf Millionen Soldaten brachten sich mit Panzern und Stalinorgeln um", legt uns der Spiegelautor nahe, als seien auf beiden Seiten Selbstmordattentäter unterwegs gewesen und als gäbe es für den Angriff auf die Sowjetunion nicht einen klaren Schuldigen: Deutschland. Nicht nur, weil die Wehrmacht den Krieg begann. Auch, weil der vorgeblich zivilisierte Deutsche gern auf den östlichen Barbaren runterblickte, weil das Nazi-Wort vom Untermenschen, der in den slawischen Gebieten lebe, auf einen vom Rassismus gut gedüngten Boden fiel und weil der Vernichtungsfeldzug gegen das "unwerte" slawische Leben schon mit der Zerschlagung der Tschechoslowakei im März 1939 begann und im September des selben Jahres in Polen fortgesetzt wurde.

Aber was scheren den Autor von "BILD am Montag" Fakten, geht es doch um Auflage und Geschichtsklitterung. Deshalb "kollaborierten die monströsen Massenmörder" im "Spiegel", welch ausgesucht hübsche Alliteration, denn sie "fielen 1939 über Osteuropa her". Kein Wort von der Einkreisung der Sowjetunion, kein Wort von den fast verzweifelten Verhandlungen der Sowjets mit England und Frankreich, um eine Achse gegen Hitler zu erreichen. Und über die Garantiemächte des Münchner Abkommens, Großbritannien und Frankreich, die der Liquidierung der Tschechoslowakei tatenlos zusahen, keine halbe Zeile. Statt dessen: "Österreicher (Hitler) gegen Georgier (Stalin)". Das Spiel endete dann 1945 mit dem Ergebnis 0:1.

Aber zwischendurch ein spannendes Rennen: "Zunächst", schreibt der Spiegel-Sport-Reporter, "hatte der sowjetische Diktator in dieser grausamsten aller Disziplinen die Nase vorn . . ." Dass der Krieg lange zuvor begonnen hatte, in Wahrheit noch vor der Machtergreifung der Nazis, als Hitler im Januar 1932 im Düsseldorfer Industrieclub der deutschen Wirtschaft seine Ziele vorlegte und "ungehemmter Dauerbeifall" aufbrandete, wie ein Augenzeuge berichtete. Denn die Industriellen wollten weg vom Versailler Abkommen, sie wollten die Lothringer Stahlindustrie wieder zurück, sie waren am ukrainischen Weizen ebenso interessiert wie am Erdöl aus Baku.

In einer Denkschrift des Wehrwirtschaftsstabes von 1939 wurden die Forderungen an die Wehrmacht aufgelistet: "1. Beherrschung der rumänischen Ölfelder und somit des gesamten Donauraums. 2. Durchführung der Besetzung unter Vorbedacht der Erhaltung und Betriebsfähigkeit der rumänischen Erdölindustrie. " Auch die Vierjahrplangruppe unter der Leitung der IG Farben (BASF, Hoechst, Bayer) war nicht zimperlich: Zwanzig Staaten forderte sie - von Finnland bis zur Türkei, von Bulgarien bis Portugal - sollten binnen weniger Jahre unter deutscher Führung ihre wirtschaftlichen Kräfte in einer Großraumwehrwirtschaft vereinen.

Der, wie der "Spiegel" flott und platt formuliert, "beratungsresistente Hitler" gab sich im 2. Weltkrieg alle Mühe, den Wunschzettel der deutschen Wirtschaft abzuarbeiten. Davon allerdings weiß der "Spiegel" wenig zu schreiben. Nicht einmal die Millionen Arbeitssklaven, nicht wenige aus der Sowjetunion, mit denen die deutsche Industrie ihre Rüstungsprofite maximierte, finden im Artikel über den deutsch-sowjetischen Krieg eine Erwähnung. Auch von 25 Millionen toten Bürgern der UdSSR im Gefolge des Kriegs weiß der Autor zu schweigen: Dem Leser könnte auffallen, dass es sich damals doch nicht um eine rein sportliche Veranstaltung gehandelt hat.

Wieder ist Deutschland im wirtschaftlichen Interesse bewaffnet unterwegs. Und dass das Spiel der Merkel gegen den 1. FC Taliban schlecht ausgehen wird, ist gewiss. Eindeutig geht es in die Verlängerung. Ob die NATO-Liga den Ersatzspieler Westerwelle in der zweiten Halbzeit auf den libyschen Platz lässt, um doch noch Punkte im Kampf um den Öl-Pokal zu erringen, ist noch nicht raus. Aber dass der zynische Ton des Spiegels die Begleitmusik für die deutschen Kriege abgibt, das ist sicher.