Nicht im Höhenflug des menschlichen Geistes, … nicht in all diesen hehren Gedanken sieht sich der Große Alte gespiegelt, die kann er selber denken, sondern im Abschaum der Menschheit, in euch, in den Kriminellen. … für die ewig Gerechten, die es höchstens zu Geldwäscherei, Fahrausweisentzug und Politik bringen, ist er der liebe gute Alte, der fünf gerade sein lässt, aber für euch ist er der unerbittliche Boss.
Dürrenmatt, Durcheinandertal
Die einzigen Gräueltaten, bei denen man locker entspannen kann, passieren im Krimi. Krimis sind gut für die Nerven. Krimis helfen beim Einschlafen. Krimis wirken abführend. Oder wie Herbert Gröhlemeyer es ausdrückt: Krimis sind einfach wunderbar.
"KunstmörderIn" ist ein Frauenkrimi – wer hätte das gedacht. Er findet statt in der Stadt Köln. Die Frauen haben die fürs Rheinland typischen Probleme: mit ihrer Figur, mit Haut und Haaren. Die Hässlichste von allen wird umgebracht. Das nennt man höhere Gewalt. Die Männer machen das, was sie in Köln immer machen. Sie joggen, saufen Kölsch und ejakulieren. Sonst sind sie sehr einfach. Der Kommissar Bucher z. B. ist dümmer, als die Polizei erlaubt. Er begegnet einer ungekämmten SchweizerIn und gibt das komplette Täterwissen preis. Außerdem liest er in seiner Freizeit Heidegger. Alles klar, Herr Kommissar?
In die Mordgeschichte ist, wen wunderts, eine Künstleragentur involviert. Deren ChefIn Marine Landhof hat weder mit der christlichen Seefahrt noch mit dem Bauernverband was am Hut. Marine ist hart wie ein Koprolith, zäher als ein Talk mit Anne Will, raffiniert wie Weißzucker und kommt uns sehr verdächtig vor. Ziemlich dubios wirken auch die gecasteten KünstlerInnen, aber Daniel Kübelböck befindet sich nicht unter ihnen. Eine Leiche reicht.
Die ProtagonistIn ist ein rassiges Schwyzer Mädi mit dem abgefahrenen Namen Linn Kegel (sprich Chegel, wie der Philosoph), die erfolgreich den Krimi „Weiberherz“ herausgebracht hat. Sie leidet akut unter einer Schreibsperre und schwitzt hilflos über dem Exposé zum nächsten Krimi für ihren Verlag, bis sie endlich durch einen richtigen Mord motiviert wird. Mitunter misslingen Linn am Computer Action-Fragmente, die von der AutorIn Isabel Rohner unauffällig in ihre Romanhandlung eingebettet werden, bevor Linn sie wieder löschen kann. Das ist ganz witzig und schindet Zeilen. Drollig auch die in den Roman eingestreuten Helvetismen. Sie erinnern entfernt an Korinthen auf dem Pflaumenkuchen, wofern es sich nicht um schlichte Deutschfehler handelt. "Huere Saich!"
Warum der Roman gespickt ist mit mysteriösen Versatzstücken, als wie ein Schokoladenpudding mit Spargeln, verrät uns die AutorIn nicht. Das ist halt so ein lahmer Germanistenjokus. Hammerhart dagegen die versuchte Kopulation auf lebendigen Käfern. Knacken ist geil. Darauf sind sie nicht einmal im Dschungelcamp gekommen.
Zu guter Letzt, als alle Verdächtigen endlich ein Alibi haben, baut sich echte Spannung auf. Ich sollte es nicht verraten – auch der Kommissar ist nicht der Mörder. Wer sonst?
Liebe Linn Kegel, was ich als Quintessenz formuliere, haben Sie vielleicht schon gehört: Fürs erste Mal wars so übel nicht.
Und falls Sie zur WiederholungstäterIn werden wollen, studieren Sie, bitte, noch etwas Friedrich Glauser und erinnern sich an Dürrenmatt. Die GermanistIn Isabel Rohner kann Ihnen hoffentlich helfen.