Man sitzt in der Nähe des Berliner Info-Radios, denkt an nichts Böses und hört die Abschiedskränze rauschen, die dem abdankenden Bundespräsidenten Gauck hinterhergeworfen werden. Und dann, plötzlich, die Stimme von Dietmar Bartsch, dem Vorsitzenden der LINKEN-Fraktion im Bundestag, zum scheidenden Gauck : „Er hat dem Amt Würde zurückgegeben“. Häh? Der Mann, von dem die Formel der neuen deutschen Verantwortung stammt? Der Mann, der Auslandseinsätze keinesfalls ausschließen wollte, sondern mahnte, “den Einsatz militärischer Mittel als letztes Mittel nicht von vornherein zu verwerfen". Der vor der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg den zynischen Satz abließ: "Dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere glücksüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen." Dieser Front-Pastor soll dem Amt die „Würde zurückgegeben“ haben?
War es nicht der falsche Pastor, der, als er noch der Behörde vorstand, die seinen Namen trug, pünktlich für Stasi-Denunziationen sorgte, wenn Wahlen anstanden? Der vom Rassisten Thilo Sarrazin behauptete, der habe „Mut bewiesen“ und ein „bestehendes Problem offen angesprochen“. Der nach der Bankenkrise den Deutschen mitteilte, die „Antikapitalismusdebatte ist unsäglich albern". Der sich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk selbst die Krone aufsetzte: „Vielleicht machen sich nicht alle Menschen bewusst, dass die höchste Repräsentanz einer Republik, einer Demokratie doch mindestens so viel Ehrerbietung verdient, wie es ein gekröntes Haupt verdient." Und der dem schmutzigen Afghanistankrieg seinen Segen erteilte: "Ich finde den Einsatz nicht gut, aber erträglich und gerechtfertigt." Dieser unerträgliche Schwätzer und dumm-stolze Vertreter einer übergroßen Koalition der Selbstzufriedenen, wird von einem Funktionär der Linkspartei mit dem Begriff „Würde“ vergoldet.
Von Dietmar Bartsch ist bekannt, dass er gern ernste, getragene Sätze formuliert, die der eigenen, eingebildeten Würde entsprechen sollen. Weniger bekannt, nahezu in Vergessenheit geraten, ist ein Satz von ihm über die Hartz-Vierer aus dem Jahr 2011. Bartsch hatte sich gerade auf den Weg gemacht für den Parteivorsitz zu kandidieren, als er in der Berliner Insel-Galerie auf die Frage, wie er sich denn die vielen widerstreitenden Meinungen und Fraktionskämpfe in der Linkspartei erkläre, einen interessanten Blick in seine Psyche ermöglichte: Da in Zeiten schlechter Wahlergebnisse die Mandate knapper seien, würden sich die Abgeordneten der Linkspartei um die Posten streiten wie "die Hartz-Vierer um den Alkohol". Die Wahl zum Parteivorsitz verlor er dann.
Das ist der ganze Bartsch: Verächtlich gegenüber denen ganz unten, und schleimig gegenüber denen weit oben. Der Mann steht dem rechten Flügel der Linkspartei vor. Da sammeln sich jene Truppen, die unbedingt in eine Regierungskoalition auf Bundesebene wollen. Koste es, was es wolle. Da soll es doch auf so ein bißchen Gauck-Pinselei nicht ankommen.
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Wegen der vielen Nachfragen der Link zur Radio-Sendung (in das Gauck-Foto klicken):
http://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/201703/17/109808.html