Ein zarter Kriegsfilm: es ist möglich. Eine Geschichte wie ein Märchen ohne Kitsch: Sie ist zu besichtigen. Ein privater Film über Politik: Es gibt ihn. Eine ruhige, entschiedene Mahnung an die Fremden in Afghanistan, nach Hause zu gehen: Sie kommt bald ins Kino. "Der Stern des Soldaten" beruht auf einer wahren Geschichte. Ein russischer Soldat, der Musiker Nikolai, geht nur unwillg nach Afghanistan, in jenes Land, das von Truppen der Sowjetunion seit 1979 besetzt war. Diese Truppen, von einer kommunistisch geführten Regierung ins Land geholt, legitimierten ihr Eingreifen mit dem Schutz der Frauen, die keinen Schleier tragen wollten, mit den Mädchen die tatsächlich zur Schule gehen konnten, der umfassenden Alphabetisierungs- und Emanzipationskampagne der damaligen afghanischen Regierung. Das Echo der Geschichte kommt, Jahrzehnte später, als Furz daher: Die heutige Begründung für die Präsenz deutscher, amerikanischer und anderer Truppen in Afghanistan ist die gleiche.
Auch wenn es tatsächlich Modernisierungserfolge der damaligen afghanischen Regierung gab: Die Sowjets haben bitter lernen müssen, was die NATO-Staaten immer noch nicht lernen wollen. Afghanen mögen noch so zerstritten sein, der Hauptfeind ist immer der Fremde, der sie nicht versteht, ihnen sein System aufzwingen will und ohne Achtung vor ihrer archaischen, scheinbar naiven Kultur durch ihr Land trampelt. Nikolai, in die sowjetische Armee gezwungen, trampelt mit: Hier wird ein Dorf zerstört, dort Beute gemacht und des Abends kräftig gesoffen. Dem Autor und Regisseur des Films, Christophe de Ponfilly, gelingt es, auch den russischen Soldaten ein Gesicht zu geben, sie nicht als Abziehbild von einem Feind, als Monster zu zeigen, sondern als Menschen in einer schrecklichen Situation: Im Krieg. Auch die Annäherung an die afghanischen Kämpfer ist von Achtung und Zuneigung zu Menschen geprägt, sie figurieren nicht als rohe Fanatiker, sie sind und bleiben im Film das, was sie waren: Kinder eines unglücklichen Landes.
Den Nikolai gab es wirklich, jenen russischen Soldaten, der von Kämpfern des legendären Massoud, dem Chef der Nordallianz, gefangen genommen wurde: Wie eine Trophäe, einen Talisman führten sie ihn mit sich. Dieser oder jener, vor allem nach den Bombardements der Dörfer, hätte ihn wohl gerne umgebracht, aber er hat Brot mit ihnen gegessen, ist zum Gast geworden, wenn auch zu einem, den man anfänglich in Fesseln hält. Voller Staunen erlebt Nikolai, gespielt von Sascha Bourdo, den Witz der Männer, die klare Einfachheit ihrer Beweggründe. Er kleidet sich wie einer von ihnen, lebt mit ihnen und bekommt seine Freiheit. Ein Geschenk, dass er sich seiner Menschlichkeit wegen verdient hat. Der Film, produziert im Stil eines Doku-Abenteuers, ist jeglicher Politik entkleidet, setzt darauf, dass man schon wissen wird wie das war in Afghanistan und wie es ist. Zum einen macht das die Stärke des Films aus: Keine Pädagogik, keine Propaganda. Zum anderen kann die Ausblendung der internationalen Konflikte, der Kämpf um Rohstoff und militärische Vorteile, die in Afghanistan ausgetragen werden, zu einer Schwäche des Verstehens geraten.
Nur an zwei Stellen verlässt der Regisseur die Linie der privaten Beobachtung: Einmal fragt einer der afghanischen Kommandeure, was denn die Pakistani und die Araber in seinem Land wollten. Ein anderes Mal, erklärt der Kommentar, dass die CIA den Russen ein Vietnam bereiten will und deshalb die islamistischen Fanatiker mit Waffen und Logistik Hilfe leistet. Ob der Zuschauer noch weiß, dass es die Taliban waren, jene von den Saudis mit Geld und Freiwilligen unterstützten Gotteskrieger, die, von der CIA gehätschelt, mit modernen Waffen versorgt wurden. Ob er sich an die Rückzugsräume für diese Truppen in Pakistan erinnert und daran, dass die Taliban-Freunde der USA Osama bin Laden beherbegten? Mag sein. Kaum erinnern wird er sich, dass der erfolgreiche Kommandeur der Nordallianz, Massoud, von eben diesen Taliban umgebracht wurde, zwei Tage vor dem 11. September 2001, als der Kampf gegen die Sowjetunion längst dem Kampf um die Herrschaft in Afghanistan gewichen war und die USA immer noch ihre finsteren, mörderischen Lieblinge in Kabul und dem Grenzgebiet zu Pakistan duldeten. Jene fanatischen Darlings, die mit Pakistanischen Verbindungen und amerikanischem Geld dabei waren die Macht im Land zu erorbern.
Zu den vielen Sternen am Himmel käme immer dann einer dazu, sagt einer der afghanischen Kämpfer, immer dann, wenn einer von ihnen stürbe. Und bald gäbe es am Nachthimmel so viel davon, dass es immer Tag bliebe. Es sind die Völker des kleinen, großen Afghanistan, denen sich der Film zuwendet. Es ist das steinige karge Land, in das sich die Kamera verliebt hat, es sind die Menschen in Afghanistan, denen Tag für Tag durch fremde Truppen Niederlagen bereitet werden. Und es sind die Menschen in den Ländern aus denen die Truppen kommen, die dem schleichenden Verfall ihrer demokratischen Sitten erliegen, ein Verfall, dem man das Etikett "Kampf gegen den Terror" aufgeklebt hat. Der Film wird am 19. Juni in die Kinos kommen.