Lachen oder Weinen, das ist hier die Frage. Während des Lesens des Buches der ehemaligen Außenministerin der USA, Madeleine K. Albright - vorzüglich geschrieben, flott zu lesen und sauber recherchiert - wird man in ein Wechselbad der Gefühle getaucht. Manchmal freut man sich einfach über ihre Gedankenschärfe, ihren intellektuellen Biss. Schon der Titel, der auf den mächtigen, jetzigen Präsidenten der USA und sein inniges Verhältnis zum allmächtigen Gott hinweist, zeigt eine der klugen Linien des Buches. Aber die Selbstverständlichkeit, mit der sie für die USA eine Führungsrolle reklamiert, die nahezu naive Brutalität solcher Sätze wie "dass das Hauptanliegen der Außenpolitik (der USA) darin besteht, andere Länder dazu zu bringen, das zu tun, was wir wollen.", können einem die Tränen in die Augen treiben. Imperialismus macht auch brillante Menschen einfach blöd.

Die vorliegende Arbeit der Albright ist davon bestimmt, dass sie das Scheitern der derzeitigen Außenpolitik der USA, ihre zunehmende Isolierung und ihren immensen Gesichtsverlust in den islamischen Ländern mit Sorge registriert. Sicher denkt die Frau auch an die nächsten Wahlen, selbst wenn die 70-jährige eher kein Amt mehr anstrebt, ist sie Oppositionspolitikerin genug, den herrschenden Republikanern nachzuweisen, dass sie unfähig sind. Allerdings machen die es ihr unziemlich einfach.

Obwohl die gläubige Katholikin nichts gegen den Glaubensbezug des Einzelnen zur Welt einwenden mag, negiert sie doch die Vermengung von Religion und Politik, wie sie keineswegs nur von der christlichen Rechten der USA praktiziert wird, sondern auch im Weißen Haus beheimatet ist. Mit feinem Spott registriert sie, dass manche die Stimme Gottes immer dann am deutlichsten vernehmen, wenn er "genau das sagt, was wir hören wollen," und zitiert genüsslich den jetzigen Präsidenten der USA mit dem Satz "ich glaube, Gott will, dass ich Präsident werde". Auch wenn die frühere Außenministerin erzählt, dass die sich seit Jahrhunderten streitenden christlichen Konfessionen den Schlüssel der Grabeskirche in Jerusalem den Muslimen anvertrauen, damit die den Zank zwischen den christlichen Fraktionen regeln, ist ihr das Vergnügen der laizistischen Politikerin anzumerken und die Absicht, den christlichen Dünkel der US-Regierung zu karikieren.

In einer Deutlichkeit, wie sie von prominenten US-Politkern eher selten zu lesen ist, kann Frau Albright nachweisen, dass der "Kampf gegen den Terrorismus" diesen eher begünstigt. Und sie empfiehlt dringend, vom Säbelrasseln zur Politik zurückzukehren. Zur US-Invasion im Irak, von der Bush öffentlich versprach, sie würde die terroristische Bedrohung verringern, stellt sie fest: "In Wirklichkeit haben die Invasion und die Okkupation des Irak diese Gefahr erhöht." Wenn die Politikerin anmerkt, dass weltweit täglich 30.000 Kinder an Hunger und Krankheiten sterben und dass dieses der zehnfachen Anzahl der Opfer des 11. September entspricht, dann ist ihr Mut und ihre Aufrichtigkeit zu bewundern.

Spätestens wenn die Albright unter anderem an Hand der Türkei die Differenziertheit der Staaten mit islamischer Bevölkerung nachweist, möchte man ihr Buch an Frau Merkel oder andere Beschränkte der Berliner Politszene verschenken, die Politik mit Populismus verwechseln. Nicht nur der vom Staatsgründer der Türkei, Kemal Atatürk zitierte Satz, nach dem Religion ein "auf des Herz meines Volkes gerichteter Giftdolch" ist, auch die nüchterne Analyse, dass die jüngsten Reformen in der Türkei ausgerechnet von einer islamisch geprägten Regierungspartei vorangetrieben werden, verweist auf die Möglichkeiten mit dem Islam zu reden und zu handeln, statt ihn pauschal zu disqualifizieren.


Aber wehe, die Analyse geht über das Pragmatische, das Tagespolitische hinaus. Da fragt die Autorin retrospektiv, ob denn die Besetzung der Philippinen durch die USA wirklich Imperialismus gewesen sei, da trägt der schmutzige Krieg der USA in Vietnam immer noch den Namen "Engagement", da werden von der ehemaligen Mitarbeiterin des professionellen Antikommunisten Zbigniew Brzezinski auch die dreckigsten Diktaturen, mit denen die USA im Verlaufe ihrer Geschichte zusammen gearbeitet hat, verniedlichend als "autoritäre" Regime bezeichnet. Die Ex-Außemininisterin kann zu Herze gehende Geschichten von Kindern aus den Kriegs- und Bürgerkriegsländern in Afrika erzählen, vom Rohstoffhunger der Industrieländer, von ihrem Konkurrenzkampf, der die Bürgerkriegsarmeen finanziert und bewaffnet, weiß sie scheinbar gar nichts. Das US-Interesse am irakischen Öl erscheint ihr eher eine Fußnote als eine Überschrift.

Weil Albright, sei es aus Kalkül oder aus Beschränktheit, nahezu jegliche ökonomische und soziale Analyse ausblendet, gelingt es ihr auch, den Hauptkonflikt zwischen den Arabische Ländern und dem Westen als Nebenproblem zu qualifizieren: Israel und die Palästinenser werden eher unter moralisch-religiösen, denn unter politischen und sozialen Voraussetzungen gesehen und die Regierung Bush, die den Staat Israel mit täglichen Dollar-Millionen alimentiert und nichts bewegt, wird hier einer eher milden Kritik unterzogen.

Wenn Madeleine Albright gegen Ende ihres Buches, um mögliche Gesprächsebenen zu grundieren, nach Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Glaubensrichtungen sucht, findet sie immerhin die "Achtung vor den Rechten und dem Wohlergehen jedes Einzelnen" als jenen Punkt an dem sich "religiöser Glaube und Engagement für die politische Freiheit" treffen. Bedauernd konstatiert sie, dass die "Achtung vor dem Individuum . . . ein westliches Konzept" sei. Da mag sie recht haben, kamen doch die beiden Autoren des kommunistischen Manifests, dem der schöne Grundsatz entstammt, dass die Freiheit des Einzelnen die Grundlage für die Freiheit aller ist, als in Trier und Wuppertal-Elberfeld geborene, eindeutig aus dem Westen.