Nach einem furiosen Start der Sammlungsbewegung von Sarah und Oskar – viele Seiten im SPIEGEL, Folge-Meldungen in fast allen deutschen Medien – harrten die Interesierten lange Tage auf das, was denn da kommen sollte. Zu sehen war schließlich eine Website, zu sehen waren dann ein paar Video-Statements diverser Bürger zu diversen Problemen. Und zu sehen war immer der Verweis: Freut Euch User, bald wird's was geben. Am 4. September, heißa, dann ist Sammlungstag. Da kam er dann der Tag. Und in der Wiege lag eine Pressekonferenz. Auch Veränderungen auf der Site gab es: Wer ein blaues Bonbon anklickte, erfuhr, dass die Site von "Pol.is" gestaltet wurde, einem "Tech- Unternehmen aus den USA, dessen Mission es ist, Menschen dabei zu helfen, einander zu verstehen." Wie schön. Eine Mission also.

Im Vorfeld des Bewegungs-Startes gab es drei Einwände gegen #Aufstehen: Der Aufstandsversuch sei spalterisch gegen die Linkspartei gerichtet. Dieser Vorwurf entbehrte nicht der Komik, denn er kam häufig aus dem Kipping-Lager der LINKEN, einer Fraktion, die seit langem versucht, den Wagenknecht-Flügel der LINKEN wegzuspalten. Der zweite Vorwurf behauptete, der #Aufstand sei sozialdemokratisch, ein Einwand, der gern mit rrrrevolutionärem "R" formuliert wurde. Der Essener Bundesparteitag der SPD erklärte sich im Mai 1984 mit den für die 35-Stunden-Woche streikenden Gewerkschaften solidarisch. Ach, gäbe es doch noch oder wieder solch eine SPD und auch streikende Gewerkschaften, das würde die Kampfbedingungen auch für den Weg zur "R" erleichtern. Und zuletzt wurde noch scharf kritisiert, der Aufstehens-Versuch sei "von oben" organisiert, also nicht echt von der Basis, "von unten". Geschichte kennt kaum noch jemand. Im April 1974 gab es in Portugal die "Nelken-Revolution". Die wurde von der linksgerichteten Armeegruppe Movimento das Forças Armadas geführt und dann von weiten Teilen der Bevölkerung unterstützt. Einer ihrer Führer war António Alva Rosa Coutinho, ein Admiral. Viel weiter oben ging nicht, und doch war die Revolution mit ziemlich viel "R" ausgestattet.

Einen der schönsten Einwände gegen #Aufstehen referiert die bekannte Allgemeine Revolutions-Anstalt Deutschland, die ARD in der "Tagesschau". Der Berliner Politikwissenschaftler Neugebauer sorgte sich, dass die Bewegung "eine Kopfgeburt" sei. Was hätten´s denn gern? Eine Steißgeburt? Nein, doch nicht die ARD, die wäre eher mit einer Fehl- oder Tot-Geburt zufrieden gewesen.

Nun war sie schon, die Bescherung. Und wer gehofft hatte, neue interessante Namen oder Oraganisatioen unter den Mitmachern der Aufsteherei zu finden, der sah sich arg enttäuscht. Enttäuschter noch waren jene, die sich einen bunten Strauß von vorhandenen Bewegungen oder deren Vertretern auf der Website oder bei der Pressekonferenz gewünscht hatten. Na, kann ja noch kommen. Denn genau das braucht das Land dringend: Eine Sammlung der vielen Bewegungen für einen gemeinsamen Aufstands-Punkt. Schon eine übergreifende Debatte – von Mieter- über Friedens- bis hin zur Umweltbewegung – über gemeinsame politische Standpunkte wäre verdienstvoll. Bei einem Re-Start sollten die Initiatoren allerdings unbedingt auf die grottenschlechte Werbeagentur verzichten, die uns zwar eine kindliche Weihnachts-Inszenierung unter den Baum legte, aber nicht professionell genug war, eine österreichische Site mit nahezu demselben Namen und ähnlicher Gestaltung VOR dem Start zu bemerken.