Was macht man wenn man ganz unten ist und nach ganz oben will: Mehr Profit. Insofern gleichen sich alle Geschäfte. Aber der gesellschaftlich abgesegnete Weg, zum Beispiel der internationale Waffenhandel oder die Spekulation mit faulen Immobilienwerten, ist Chiko (Denis Moschitto), dem türkischen Kleinstdealer aus Hamburg verschlossen. Sein Kumpel Tibet (Volkan Öczan) und er wissen schon was sie wollen: Dicke Autos fahren, Frauen besitzen und sich Respekt verschaffen. Und wie sie das kriegen, wissen sie auch: Jemandem auf die Fresse hauen, bis es blutet.

Natürlich hat auch ein Dealer (Waffenhändler, Spekulant, etc.) eine Mutter. In Chikos Fall reicht eine Mutter für zwei: Die Mutter von Tibet sieht er als die seine an. Und wie in jedem klischierten Film, der über die anständigen Mütter von nicht ganz so anständigen Jungs handelt, ist die Mutter richtig krank. Sie braucht dringend eine neue Niere. Ist doch klar, mit wem wir halten. Mit den Jungs, die Geld verdienen müssen, um der Mutter eine Niere und sich selbst ein Auto zu verschaffen. Rührend, oder?

Also ziehen sie los, die zwei jungen Türken, manchmal ist noch so ein tölpelhafter Italiener dabei, der ist zuständig für die Komik. Mal hauen sie hier auf die Fresse, mal da, um sich dem Gross-Dealer Brownie (Moritz Bleibtreu) anzudienen. Natürlich immer in Nahaufnahme. Blut ist nur dann schön, wenn es ordentlich spritzt. Und wie es in jedem ordentlichen Unternehmen ist, kann man dort (Siemens, Scholz & Friends, CDU) nur aufsteigen, wenn man so richtig die Ellenbogen rausstehen lässt. Chiko, der eine feindliche Übernahme des Brownie-Ladens plant, will dem nur dann auf die Fresse hauen, wenn der Zeitpunkt wirtschaftlich günstig ist. Tibet ist eher altmodisch, ihm geht es um Ähre, verstehstu, Altä?

Auch Brownie hat eine Familie. Ganz süß. Und Chiko verliebt sich in eine Nutte. Niedlich. Nur Tibet geht es immer noch um seine Mutti. Er bringt Stoff beiseite, spart ihn unter der Matratze, um seine eigene kleine Stoff-Filiale aufzumachen, weil seine Mutter . . . , aber das wissen wir ja schon. Klauen kann Brownie selbst, das muss er sich nicht von einem Sub-Unternehmer bieten lassen. Und so nimmt alles seinen Lauf. Brownie foltert Tibet, Chiko wird sauer und alle hauen allen in die Fresse.

Was auch immer der Regisseur (Özgur Yildirim) und sein Verleih sagen mögen, von wegen Realität und mahnendem Beispiel, der Film ist eine Wichs-Vorlage für den Dealer-Nachwuchs. Sie werden hingehen, die Jungen, denen dieses Land keine Perspektive bietet, sie werden sich im Film selbst sehen, mächtig überhöht versteht sich, denn Chiko fährt irgendwann den weissen Mercedes, den sie auch gern hätten und Brownie ist genauso cool und gemein wie sie auch gerne wären und Tibet hat seine Ehre, die haben sie auch. Wenn diese miese Dealer-Folklore wenigstens schlecht gemacht wäre. Aber sie ist blendend fotografiert, rasant geschnitten und verfügt über fraglos gute Schauspieler.

Der Film geht schlecht aus, wird der Verleih sagen, hat er schon gesagt, die Gewalt sollte eher abschrecken. Chiko bringt Brownie um, und Tibet zuletzt den Chiko, in beiden Fällen der Ehre wegen. Na und, werden die Jungs in den Vororten sagen, aber die zwei haben wenigsten gelebt, kurz zwar, aber aus dem Vollen. - Regie, Produktion und Verleih dealen mit der Gewalt, weil sie sich gut verkaufen lässt. Der Film wird im Kino Kasse machen und in den Köpfen Matsch. Nur die etwas Klügeren, die noch eine schwache Hoffnung auf den Aufstieg haben, werden es mit den legalen Deals versuchen. Geführte Touren durch die geilen, kriminellen Viertel vielleicht. Oder mit dem extra-scharfen Rap: Isch hau Disch Krankenhaus, dann siehstu scheise aus.