Jüngst in der Jungen Welt: Auch Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, äußerte sich zur Sammlungs-Bewegung AUFSTEHEN. Ihre Kritik ist nicht neu: Ihr fehlt die „Kapitalismuskritik und der Aufruf bewegt sich inhaltlich weitgehend auf klassisch sozialdemokratischem Terrain.“ Und, schreibt sie: „Solange aber die imperialistischen Grundlagen der Bundesrepublik nicht angetastet werden, läuft dies nicht auf eine »neue Friedenspolitik«, sondern vielmehr auf eine alternative Strategie für den deutschen Imperialismus hinaus.“ Ihr Fazit: „So erscheint »Aufstehen« letztlich als ein der nationalreformistischen Logik verhaftetes Projekt, das innerhalb einer der stärksten imperialistischen Mächte auf eine gewisse Umverteilung des auch durch die Auspressung der sogenannten dritten Welt gewonnenen gesellschaftlichen Reichtums zugunsten der inländischen subalternen Klassen setzt.“

Jelpkes Aufsatz in der Jungen Welt zu AUFSTEHEN tut so, als gäbe es bereits von Wagenknecht/Lafontaine einen programmatischen Ansatz der "Bewegung". Den gibt es aber (noch) nicht. Sie behilft sich also mit einzelnen Äußerungen der beiden, die sie aus verschiedenen Medien nimmt, ohne auf Zitate zu verweisen. Wagenknecht/Lafontaine erklären aber, es sei beabsichtigt, das Programm aus der Bewegung selbst zu entwickeln, wenn es sie denn gibt. So erscheinen beide Positionen als eine Art Schattenboxen.

Es gibt bereits eine Reihe von Bewegungen von recht unterschiedlicher Qualität und Quantität in Deutschland. Diese Bewegungen zusammenzuführen, sie zu einem Dialog untereinander zu bringen und ihnen eine Möglichkeit zu bieten, gemeinsame Punkte zu finden, könnte ein Verdienst von AUFSTEHEN sein. Bisher ist nicht erkennbar, ob und wie AUFSTEHEN einen Bewegungs-Dialog leisten kann oder will. Außer einer eher originellen als substantiellen Web-Site und einzelnen Veranstaltungen, die sich auf die Site beziehen, gibt es bisher wenig, das auseinandersetzungsfähig wäre.

Das bisher erkennbare Verdienst von AUFSTEHEN ist es, ein gesellschaftliches Bedürfnis nach Veränderung/Bewegung erkennbarer zu machen als bisher. Dabei darf man sich nicht auf die zur Zeit kursierende Zahl von vielleicht 110.000 Followern der Site orientieren: Die ist angesichts des hohen medialen Drucks (SPIEGEL, TAGESSCHAU, etc.) zum Start von AUFSTEHEN eher gering. Interessanter erscheint das Ergebnis der FOCUS-Emnid-Umfrage: "Ein Drittel der Deutschen kann sich vorstellen, die neue Sammlungsbewegung „Aufstehen“ von Sahra Wagenknecht zu wählen, wenn sie bei Wahlen antreten würde."

Die FOCUS-Emnid-Umfrage legt gleichzeitig die Stärke und die Schwäche des AUFSTEHEN-Projekts offen: Sie belegt einerseits das hohe Interesse an gesellschaftlicher Veränderung in der Bevölkerung, andererseits fixiert sich das Interesse offenkundig auf das Parlament. Darauf orientieren sich Wagenknecht/Lafontaine eindeutig auch: Sie wollen Druck auf die vorhandenen linken Parteien – GRÜNE, SPD, LINKE – ausüben. Aber deren bisherige Arbeit in eben diesem Parlament hat weder Auslandseinsätze stoppen noch die soziale Lage der Arbeitenden/Abgehängten bessern können. Dass dieser Mangel an Veränderungen durch einen Druck aus dem Netz behoben werden könnte, ist bisher nicht sichtbar. Druck auf Parteien und Parlament kann nur die Straße ausüben. Das ist, ob man will oder nicht, an Chemnitz/Pegida deutlich sichtbar.

Chantal Mouffe, die Grand Old Lady der postmarxistischen Politiktheorie, erinnert im Schweizer Medien-Projekt Republik AG an die erfolgreiche Bewegungs-Partei "La France insoumise" und deren populistische Form der Agitation: "Nehmen wir das Beispiel von François Ruffin, der in der Gegend von Amiens einen Wahlbezirk erobert hat, der davor sehr massiv für den Front national gewählt hat. Amiens leidet stark unter der Deindustrialisierung, die von Delokalisierungen vorangetrieben wurde. Eine wichtige Rolle bei diesem Prozess spielte der französische Milliardär und Grossindustrielle Bernard Arnault, der Betriebe in der Region gekauft und dann ausgelagert hat. Das Erfolgsgeheimnis von Ruffin war, dass er mit den Arbeitslosen der Region das Gespräch gesucht hat, dass er sich wirklich für sie eingesetzt hat und dass er ihnen erklärt hat: Eure Feinde sind nicht die maghrebinischen Einwanderer. Euer Feind ist Bernard Arnault." Also hat "La France insoumise" ein uraltes Mittel der Arbeiterbewegung genutzt: Man hat DIREKT mit den Menschen geredet.

Nun können Wagenknecht/Lafontaine sicher nicht mit "allen" Menschen, die eine Alternative anstreben, selbst reden. Auch wäre es anachronistisch, das Netz und seine neuen Formen der Kommunikation zu ignorieren. Aber die vorhandenen Bewegungen – von der Mieter-, über die Friedens-, bis hin zur Gewerkschaftsbewegung – machen es längst: Sie reden direkt mit den von sozialer und politischer Deklassierung Betroffenen und mobilisieren sie für deren eigenen Interessen. Wenn also Wagenknecht/Lafontaine ihre starke mediale Präsenz und ihr gestartetes Netz zur Vernetzung, für den Dialog der vorhandenen Bewegungen nutzen würden, wenn sie eine Plattform für deren Vernetzung schaffen wollten, dann könnte aus AUFSTEHEN ein AUFSTAND werden. Tief gründelt der Konjunktiv im Meer der Möglichkeiten.

Tagesschau kann nicht Frieden

Der Journalist Uli Gellermann befragt in dieser Fortsetzung der „Macht um Acht“ die Tagesschau danach, wie sie denn das Friedensgebot des Grundgesetzes einhält. Und er stellt anhand von Meldungen – von Chemnitz bis Syrien – fest: Die Tagesschau kann oder will keinen Frieden stiften.

Gellermann fragt auch, warum der Chefredakteur der Tagesschau, Doktor Gniffke, nicht mal bei Frau von der Leyen anruft, die zu gerne im nächsten Syrienkrieg dabei wäre, warum sie darüber nicht mit dem Parlament reden will.

Erneut versucht Gellermann, der Tagesschau anständigen Journalismus beizubringen. Und er appelliert an die Zuschauer: Reden Sie mit Ihren Nachbarn, mit ihren Verwandten und Bekannten, sagen Sie auch denen, dass die Tagesschau sich weder an den Staatsvertrag, noch an das Grundgesetz, geschweige denn an journalistischen Ethos hält.

Der Journalist und Filmemacher Uli Gellermann beschäftigt sich seit Jahren mit der Dauermanipulation der Tagesschau.

Gemeinsam mit den Co-Autoren, Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer, schrieb er das Buch „Die Macht um Acht: der Faktor Tagesschau“. Ein Standardwerk über die tägliche Nachrichtensendung der ARD.
Bei KenFM nimmt er mit dem gleichnamigen Format die subtile Gehirnwäsche der Tagesschau alle zwei Wochen unter die Lupe.

Das Link zur neuen MACHT UM ACHT:
https://kenfm.de/die-macht-um-acht-9/