Wer als Schulz geboren wurde hat es nicht einfach: 136.455 Menschen laufen in Deutschland mit dem Namen rum. Zählt man dann noch die Schulze, Schulte, Schultz, Schultze, Schulzeck, Schulten, Schuldt, Schulthess, Scholtes und Schultheiss dazu, dann kann man sich vorstellen, wie schwer es der Präsident des Europäischen Parlamentes Martin Schulz hat, aus der Menge der gewöhnlichen Schülze herauszuragen. Aber jetzt, wo er denkt, die neue griechische Regierung sei noch gewöhnlicher als er, da kann er sich aber mal wichtig machen. Will doch der griechische Regierungschef Tsipras tatsächlich an den Feierlichkeiten zur Befreiung der Sowjetunion und weiter Teile Europas von der Nazi-Armee im Mai nach Moskau teilnehmen. Und vorab mal die finanziellen Möglichkeiten im Kontakt mit den Russen testen. Da warnt Schulz den Griechen: Er solle ja seine europäischen Partner nicht "verprellen". Es sei "nicht akzeptabel", wenn er nun damit spekuliere, dass als Gegenleistung für russische Hilfe "die einheitliche Haltung Europas etwa in der Russland-Politik aufs Spiel gesetzt wird".

Als der Vater von Martin Schulz mit dem Hakenkreuz an der Uniform am deutschen Versuch der Welteroberung beteiligt war, formierten die Vorfahren von Alexis Tsipras die kommunistisch inspirierte Partisanenarmee ELAS. Die Griechen gehörten zu den wenigen europäischen Nationen, die sich selbst von den Deutschen befreit hatten. Vor allem aber wollten die Deutschen sich nicht selbst von ihrem Nazi-Regime befreien. So sind die Griechen ein ständiger, lebender Vorwurf an die Nazi-Nachfahren. Und wenn dann der griechische Regierungschef, ohne die Deutschen zu fragen, zu denen fährt, die damals die Hauptlast der europäischen Befreiung trugen, dann rappelt es aber im Karton. Oder, wie der flinke Volksmund sagt: "Jetzt ist aber Schulz!"

Wenn man in Würselen, dort wo Martin Schulz mal Bürgermeister der fast 40.000 Einwohner war, überhaupt von der griechischen Selbstbefreiung weiß, dann wird man immer noch erschrocken sein, dass es Kommunisten waren, die irgendwas mit Freiheit zu tun hatten. - In "Wöschele", wie die Stadt im bezaubernden Dialekt des Aachener Umlandes heißt, erinnert man sich gut an Martin Schulz. Denn Jahr für Jahr steht das damals von ihm initiierte "Spaßbad Aquana" auf der Tagesordnung der Stadt: In dieses Fass ohne Boden müssen die Bürger in Würselen immer noch viel, viel Geld werfen, damit es nicht Pleite geht. Dass Martin Schulz dieser Fehlinvestition wegen "nach Europa" weggelobt wurde ist ein Gerücht, das sich so hartnäckig hält, dass etwas dran sein muss.

Martin Schulz war jüngst noch, bei den Europawahlen 2014, an der Scharade eines Wahlkampfes um den Posten des Präsident der Europäischen Kommission beteiligt. Monatelang hatten deutsche Medien und die Merkel so getan, als hätten die EU-Bürger eine echte Wahl gehabt. Zwischen Jean-Claude Juncker und Martin Schulz. Ein tolles TV-Duell wurde inszeniert, allüberall gab es Kandidatenportraits. Natürlich wurde von Angela Merkel entschieden wer den Job bekam. Aber Martin Schulz hat brav an dieser Wählertäuschung mitgearbeitet. Wie er auch tapfer in einem Interview mit "Euronews" bestritt, dass der Lissabon-Vertrag neoliberal ist und im selben Gespräch begründete "warum ich immer gegen Volksbefragungen war".

Wer so konsequent die Wirklichkeit leugnet und Demokratie verweigert, der ist zu Höherem geboren: Der SPD- Bundestagsfraktionsvize Axel Schäfer hat sich vor ein paar Tagen für Martin Schulz als Kanzlerkandidat der Sozialdemokratie ausgesprochen. Wem solcherart die Sporen in die Karriere-Weichteile gerammt werden, der muss unbedingt Stärke zeigen: "Vielleicht bringt Alexis Tsipras nochmal Ordnung in seine Regierung", bellt Schulz in Richtung Griechenland. Deutsche Ordnung haben die Griechen schon einmal kennen gelernt. Vielleicht deshalb kritisierte Alexander Tsipras die Sanktionspolitik des Westens gegenüber Russland: "Der Wirtschaftskrieg als Fortsetzung des echten Krieges – das ist eine Sackgassen-Politik." Und: "Griechenland ist nicht einverstanden mit den Sanktionen des Westens, das ist eine Straße ins Nirgendwo.“ Ja darf der das denn, fragt der Mann aus Wöschele, und will an jener deutschen Ordnung festhalten, die das Land immer wieder ins Irgendwo geführt haben: An die Seite der USA, mal nach Afghanistan, mal in den Irak. Bald vielleicht in die Ukraine.