An die 5000 Soldaten bewachen das Weltwirtschaftsforum in Davos. Das sind ungefähr zwei Soldaten auf einen Vertreter der Wirtschaft oder der Politik. So zelebriert die westliche Welt schon lange Außenpolitik: Das Militär macht den verlängerten Arm der Wirtschaft. Aus kühler Alpenhöhe ließ Angela Merkel, die Schmöckin des Monates Januar 2012, eine Rede ab. Wer nicht genau hinhörte hätte sie für bedeutend halten können. Doch Merkel ist die Königin des Nichtsagenden, die Meisterin des hohlen Wortes, die Verschweigerin durch Reden.

"Wenn es darum geht, dass wir die Banken regulieren," sagt die Kanzlerin in Davos, "dann haben wir Fortschritte gemacht." Schon droht der Zusammenbruch Griechenlands. Keiner weiß genau, wann die latente Euro-Krise ihren nächsten Ausbruch hat. Aber die Merkel macht angeblich Fortschritte:: "Im Vordergrund der Diskussion steht immer die Diskussion der Staatsschulden in einigen europäischen Ländern. Man spricht deshalb auch manchmal von Staatsschuldenkrise." Was daher kommt wie eine treuherzige Vermittlung von Fakten, ist Lügen durch Verschweigen. Denn die Schuldenkrise ist durch die Banken verursacht, deren Rettung die Euro-Staaten aus ihren Haushalten mit neuen Schulden bezahlt haben.

Scheinbar aus heiterem Himmel bricht es aus der Merkel heraus: "Ich glaube, die erste Frage muss doch sein: Sind wir bereit, mehr Europa zu wagen? Dazu darf ich sagen: Das Jahr 2011 hat gezeigt: Ja, wir sind dazu bereit." Zu was sind "wir" bereit? Da wirft sie schon mal das Wort "Haushaltsdisziplin" auf den Tisch. Alle Erfahrungen zeigen, das heißt Gürtel enger schnallen. Dann kommt sie zum "Bereich der Wettbewerbsfähigkeit verbunden mit Arbeitsplätzen". Sie dünkt sich schlau, die Merkel, und hofft, dass keiner merkt, dass es sich bei diesem Stichwort um Rationalisierungen aller Art handelt. Auf Kosten der Beschäftigten, versteht sich. Um dann ihre Rede in die Lieblingslüge dieser Regierung münden zu lassen: "Wir sind von fünf Millionen Arbeitslosen auf unter drei Millionen gekommen." Kein Wort von der Manipulation in der Statistik, kein Wort davon, dass unter den 4.617.266 Hartz-Vier-Beziehern des letzten Jahres jede Menge Leute sind, die laut Statistik zwar Beschäftigte sind, aber nicht davon leben können.

Während Berlusconi seinen Populismus ziemlich offen betrieb, ist er bei Angela Merkel zum einen hinter dem Getue der ehrlichen Hausfrau verborgen. Zum anderen hat sie sich, heimlich still und leise, mit dem "Dialog über Deutschlands Zukunft", ein Instrument geschaffen, das am Parlament vorbei das Volk direkt erreichen soll. Seit dem letzten Sommer lässt sich die Kanzlerin von etwa 120 Experten beraten, deren Ratschläge, ins Merkelsche übersetzt, ab dem 1. Februar über eine Internetplattform verbreitet werden soll. Anschließend will Merkel in drei Veranstaltungen in Erfurt, in Heidelberg und in Bielefeld mit 100 gesiebten Bürgern in den besagten "Dialog" treten. In Davos wurden viele Kilometer Stacheldraht um das Tagungsgelände verlegt, davon wird man sicher noch einiges an den Dialog-Orten nutzen können. Damit nicht das echte Volk eine Medien-Inszenierung der Kanzlerin stören kann, die unter dem Titel "Viel reden - nichts sagen" ihren wahren Inhalt finden würde.

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Ich lese die Beiträge unter "RATIONALGALERIE" mit bitterem Vergnügen. Sie sind schön in der Form, gut lesbar und oft auch Sprach-Leckerbissen.

Professor Gerd Fleischmann,
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Frau Merkels Popularitätswerte steigen und steigen. Da wird sie ihre Wertung kaum kümmern.

Ria Anderlecht
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Ich finde, es ist an der Zeit, dass auch über die rational-galerie hinaus, etwas verständnisvoller mit unserer Bundeskanzlerin umgegangen wird. Ich weiß natürlich auch nicht, über welche physikalischen Kenntnisse die Dame Angela M. (noch)...

Ich finde, es ist an der Zeit, dass auch über die rational-galerie hinaus, etwas verständnisvoller mit unserer Bundeskanzlerin umgegangen wird. Ich weiß natürlich auch nicht, über welche physikalischen Kenntnisse die Dame Angela M. (noch) verfügt Aber da in der Physik auch logischen Denken notwendig isr, hat man so seine Zweifel,ob solche Kenntnisse noch in ihr virulent sind.
Erkennbarer ist jedoch, dass unsere evangelische Bundes-Prophetin, die ständig verkündet "Es wird alles wieder gut...nur ein kleines bischen Mut" außerstande ist,auch nur die einfachsten Grundelemente des kapitalistischen Wirtschaftssystem in ihre Betrachtungen einzubeziehen. Sie kann das halt nicht. Peng! Bleibt allerdings die Frage: War denn damals in der FDJ-Schulung z. B. die Einführung in den >Marxismus-Leninismus< so oberflächlich, dass das alles über die Köpfe hinweg verrauschte und keine Spuren hinterließ?
Meine Bitte an euch geht jedoch dahin, Angela Merkel nicht der >verschleiernden Lügerei< zu beschuldigen. Sie muß halt so "wolkig" reden, weil sie ohnehin u. a. in dem wirren Expertisen der ihr Zuschreibenden einfach nichts für sie rhetorisch Verwendbares, substantiell Konkretes vorfindet, was in ihrem Weltbild untergebracht werden könnte. (Ich wohl auch nicht). Deshalb hält Angela M. sich lieber an die Leitsätze ihres Vaters. Der predigte: Und der heilige Geist wird herniederfahren. Er wir euch trösten und euch den leuchtenden Pfad weisen, der aus allen Übeln wieder zu einem guten, weil gottesfürchtigem Leben führt. Amen. Deshalb: wenn Angela M.(egal über was), gesprochen hat, wäre deshalb zum Ausklang Orgelmusik angemessen.
Also: Geht deshalb bitte etwas verständnisvoller mit ihr um. Sie kann nicht anders. Aber sie möchte auch euch trösten - zumal politischen Entscheidungen von ganz anderen und auf ganz anderen Ebenen getroffen werden. O. k.?

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Heiner Halberstadt
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PROPHYLAXE

Ein Leserbrief zu einem künftigen Schmock:

Unser Köhli fährt nich nach Yalta, wegen Frau Timo-schenko. Das ist die, die so reich geworden ist und jetzt sitzen muss. Die ideelle Frau vom Chodorkowski, sozusagen.
Tapfer vom Köhli.

Vielle...

PROPHYLAXE

Ein Leserbrief zu einem künftigen Schmock:

Unser Köhli fährt nich nach Yalta, wegen Frau Timo-schenko. Das ist die, die so reich geworden ist und jetzt sitzen muss. Die ideelle Frau vom Chodorkowski, sozusagen.
Tapfer vom Köhli.

Vielleicht will er ja aber auch nur nicht hin, weil der Ort so ein schlechtes Karma hat. Von früher. Diese Konferenz, Sie wissen schon. Der Anfang von der totalen Niederlage halt. Da fährt man ja auch nicht hin, als Deutscher Freiheits-Lehrer. Irgendwie war das Datum ohnehin unpassennd, 1.-12. Mai. Also rund um den 8. sozusagen.
Vielleicht wollte er auch nicht hin, weil sein Papa schon da mal war, mit seinem Schiff, U-Boot oder was er sonst so kommandiert hat, der alte Köhler, der Kommunistengegner. Im Krieg. Damals. Von 41,7 Millionen auf 27,4 ist Bevölkerung der Ukraine geschrumpft. In der Zeit, als er Kapitän von irgendwas war. Mit dem Reichsadler selbst am Sonntag noch auf der Brust, wie die Fotos von Klein-Köhli zeigen.

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Rüdiger Becker
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Lieber Herr Becker,

der alte Bundespräsident fährt nicht nach Jalta, der neue auch nicht zum Antrittsbesuch in die Ukraine: Wenn wir jeden präsidialen Blödsinn berücksichtigen wollten, könnte wir nichts anderes mehr schreiben.

Uli Gellermann
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