Sultan Erdogan träumt immer noch vom Imperium Türkei: Damals, als die Osmanen auch über den Nahen Osten herrschten, damals gehörte auch Syrien zu ihrem Reich. Heute, wo Erdogan schon lange zum Albtraum für die türkische Bevölkerung geworden ist, verfällt der Irre vom Bosporus in imperiale Zuckungen und lässt seine Soldaten in Syrien zum Schutz der mörderischen Dschihadisten in der Gegend um Idlib aufmarschieren. Von der NATO-Kriegs-Maschine, in der Erdogan zum Räderwerk gehört, kein Ton der Kritik gegen die völkerrechtswidrige Präsenz der türkischen Truppen. Auch von der Bundesregierung, die als NATO-Mitglied mit der Türkei verpartnert ist, kein Protest.

Die syrische Regierung hat Erdogan nicht eingeladen, ihren Boden zu betreten. Aber ein syrisches Mandat haben die Russen, die von der syrischen Regierung als Schutzmacht eingeladen sind, ihre Souveränität zu verteidigen. Die Lage in der syrischen Provinz Idlib hat sich verschärft, nachdem die Terrormiliz „Hayat Tahrir al-Scham“ ihre Offensive gegen syrische Regierungstruppen gestartet hatte. Als die syrischen Einheiten das Feuer erwiderten, wurden türkische Truppen, die dort nichts zu suchen haben, unter Beschuss genommen.

Die Türkei will für ihr Militär in Syrien jetzt NATO-Hilfe. Und damit die NATO-Zahler in Deutschland wissen, worum es geht, haut die BILD-Zeitung auf die Kriegs-Pauke: "Erdogan-Soldaten starben durch Putins Bomben", behauptet das Blatt der Merkel-Freundin Friede Springer. Und der eigenartige deutsche Außenminister Maas hat Syrien und Russland im UN-Sicherheitsrat mal eben, ohne jeden Beweis versteht sich, Kriegsverbrechen vorgeworfen. Statt Deutschland schnellstens aus der syrischen Schusslinie zu bringen, gießt der Mann noch Öl ins Feuer. Auch deshalb weiß die Tagesschau zu berichten, dass sich die NATO mit der Türkei solidarisch erklärt. Als sei der Syrien-Krieg nicht schon lange internationalisiert, als seien die Leiden der Syrer nicht schon grausam genug, spielt die NATO mit dem Bündnisfall, jenem Ernstfall, der auch deutsche Truppen in einen Krieg mit Syrien und Russland verwickeln könnte.

Es geht im Syrien-Krieg nicht nur um geostrategische Ziele, nicht nur darum in Syrien, den einzigen russischen Militärstützpunkt außerhalb des Einflussbereichs der ehemaligen Sowjetunion zu liquidieren. Als seien die rund 1.000 US-Militärbasen in der Welt nicht genug für ein Ungleichgewicht des Schreckens. Es geht auch um mehrere Billionen Kubikmeter Erdgas im Levantinischen Becken – jener Region des östlichen Mittelmeeres, die im Norden von der türkischen Küste, im Westen von Kreta, im Süden von Libyen und Ägypten und im Osten von Syrien, Libanon, Israel und dem Gazastreifen begrenzt wird. In der Mitte liegt Zypern. Es versteht sich, dass der größenwahnsinnige Sultan seine Hand darauf legen will. Dass er damit auch im Hoheitsgebiet des NATO-Partners Griechenland operiert, stört weder ihn noch die NATO. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu drohte jüngst den Griechen sogar, die Türkei werde ihre Ansprüche „selbstverständlich“ mit militärischer Gewalt durchsetzen.

Kaum getarnt agieren als Strippenzieher die USA. Der Fracking-Vertreter Donald Trump: Die USA wollen mit eigenem Flüssiggas den Russen bei der Gasversorgung der Balkanländer Konkurrenz machen. Eine wesentliche Rolle in den Plänen der Amerikaner spielt der nordgriechische Hafen Alexandroupolis, der jetzt privatisiert werden soll. Das griechische Konsortium "Gastrade" plant dort den Bau eines Flüssig-Terminals. Dass es um Rohstoff und Profit geht, mag die deutsche Regierung nicht sagen. Man redet lieber über Menschenrechte.

Noch stärker als die Menschenrechte funktionieren seit dem Irak-Krieg Chemiewaffen als Begründung für Kriege. Erdogan ist ein gelehriger Schüler der USA und behauptet in diesen Tagen, die Türkei habe eine Anlage für den Bau von Chemiewaffen in Syrien zerstört. Niemand lacht. Denn alle wissen: Je dicker die Lüge, desto näher rückt der Krieg. Eine Regierung wie die deutsche, die das Land immer noch an die NATO bindet, führt es zumindest in die Nähe eines Krieges zwischen den NATO-Partnern Griechenland und Türkei. Dass ein Krieg zwischen Russland und der Türkei auf syrischem Boden möglich ist, scheint die blinden Strategen im Kanzleramt nur wenig zu rühren. Auf eine NATO-Kriegsbegründung wg. Chemiewaffen wird stündlich gewartet.