Als Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland, vor wenigen Tagen gegenüber der Berliner Zeitung den ukrainischen Verzicht auf Atomwaffen in Frage stellte, hielten Kenner der russisch-ukrainischen Gemengelage den Atem an: Wie würde Russland auf diese erneute Bedrohung seiner Sicherheit reagieren?

Über einen nuklearen Status nachdenken

Schon vor einem Jahr hatte Melnyk gegenüber dem Deutschlandfunk die atomare Karte gezogen: „Entweder sind wir Teil eines Bündnisses wie der Nato und tragen auch dazu bei, dass dieses Europa stärker wird, (...) oder wir haben eine einzige Option, dann selbst aufzurüsten. Kiew werde dann „vielleicht auch über einen nuklearen Status nachdenken. Wie sonst können wir unsere Verteidigung garantieren?“

NATO-Partnerschaft

Die Paten der Ukraine in den USA haben ihre Handlanger vor Ort nie zurückgepfiffen. Im Gegenteil: Das Spiel der Ukraine mit der NATO-Mitgliedschaft lief ungehindert weiter. Auf dem NATO-Gipfel in Bukarest im April 2008 erhielt die Ukraine eine grundsätzliche Beitrittsperspektive. Am 1. Juli 2010 nahm das ukrainische Parlament ein Gesetz an, das eine Fortsetzung der Partnerschaft mit der NATO zum Ziel hat. Seit 2021 gehört die Ukraine zu jenen Ländern, die im Rahmen des Individuellen Partnerschaftsaktionsplans („Individual Partneship Action Plan") von der NATO Unterstützung erhalten.

Ständige Angriffe des ukrainischen Militär gegen den Raum Donezk

Zugleich wurde die Lage der Menschen in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk immer prekärer: Die Ukraine hielt sich kaum an das im Februar 2015 geschlossene Minsk-II-Abkommen. Weder gab es die vorgesehene Verfassungsreform, die eine Autonomie des Donbass ermöglichen sollte, noch kam es jemals zu direkten Verhandlungen mit den politischen Führern der Volksrepubliken Donezk und Lugansk. Stattdessen gab es ständige Angriffe des ukrainischen Militär gegen den Raum Donezk. Mehr als 10.000 Tote waren das Ergebnis. Die Ukraine verfolgte weiter erbarmungslos ihre russischen Staatsbürger.

Ukraine zum Standort von Atomwaffen

Natürlich hat die Russische Föderation legitime Sicherheits-Interessen. Seit dem Ende der Sowjetunion war den Gewinnern des kalten Krieges die Zerschlagung der Sowjetunion nie genug: Immer mehr Staaten, die früher zum sowjetischen Staatenverbund gehörten, wurden NATO-Mitglieder. Die NATO kreiste Russland immer weiter militärisch ein. In diesen Tagen droht die Ukraine zum Standort von Atomwaffen zu werden. Die ukrainische Weltraumagentur verfügt über Träger-Raketen in ausreichender Zahl, um einen atomaren Angriff auf russisches Territorium zu starten.

Aggressive Russo-Phobie

In der Erklärung des russischen Präsidenten zur „Sonderoperation“ russischer Truppen in der Ukraine lässt ein Satz besonders aufhorchen: „Wir (werden) die Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine anstreben“. Tatsächlich ist mit dem ungebrochenen Bandera-Nazi-Kult in der Ukraine die Erinnerung an die ukrainisch-deutsche Kooperation im zweiten Weltkrieg genau dort lebendig, wo sie sich mit aggressiver Russo-Phobie trifft.

Atomarer Erpressung zuvorkommen

Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ist die Ultima Ratio eines Landes, dessen Kriegserfahrung im Angriff der Deutschen auf die Sowjetunion wurzeln. Millionen Opfer führten zu einer Konsequenz: Einen Überfall auf die Sicherheit des Landes und seiner Bürger werden die russischen Erben des großen Krieges nicht dulden. Offenkundig hat die russische Führung einer atomaren Erpressung zuvorkommen wollen und begreift den Einmarsch als Krieg gegen den Krieg.