Die FAZ, das Zentralorgan des Finanzkapitals, ist schlau: Sie wittert Morgenluft, jetzt, wo ein SPD-Kanzler Panzer in die Ukraine ordert, da könnte die SPD doch auch ideologischen Ballast abwerfen. Denn jeder könne in Scholz reinlesen, was er wolle, und bevor der Ukraine-Krieg in sein letales Endstadium eintritt und die Panzer-Fraktion die Schlacht verloren haben wird, brauche die SPD „jetzt einen zweiten Godesberg-Moment“. Mit dem „Godesberger Programm“ hatte die SPD 1958 ihre sozialistischen Positionen über Bord geworfen - heute soll die Partei gefälligst die Reste einer friedlichen Aussenpolitik im aktuellen Programm liquidieren.

Wo bleibt denn der Profit?

Denn, so die FAZ: „Rechter und linker Parteiflügel waren zu lange eine unheilvolle Allianz eingegangen, die jetzt langsam aufbricht. Auf der einen Seite die pragmatisch-wirtschaftsorientierten Sozialdemokraten, die die Gas- und Ölgeschäfte mit Russland vorantrieben. Und auf der anderen Seite eben die Friedensbewegten, die in jedem Deal einen Beitrag zur Aussöhnung der Welt sehen wollten und so weiter am Fundament für eine enge Partnerschaft mit Russland bauten“. Es ist „unheilvoll“, für die Rüstungsindustrie, wenn die Völker friedlich Handel treiben, und es ist „unheilvoll“ für das Finanzkapital, wenn es zu einer „Aussöhnung der Welt“ kommen sollte. Wo bleibt denn da der Profit?

Weltordnung nur mit den USA

Im noch gültigen Hamburger Grundsatzprogramm der SPD gibt es, trotz Irak- und Afghanistankrieg, diese Passage: „Eine friedliche Weltordnung ist nur mit den Vereinigten Staaten erreichbar, deshalb sind die Beziehungen zu den USA für uns von besonderem Gewicht“. Diese Friedensbremse, die mit der Orientierung auf die imperialistische USA einhergeht, reicht der FAZ offenkundig nicht. „Der Schock ist für die SPD eine Chance“, überschreibt die FAZ ihren Artikel und setzt darauf, dass die deutsche Sozialdemokratie, die ihre Kumpanei mit den USA Panzer um Panzer weiter entwickelt, komplett umzudrehen ist.

Strategische Rohstoffe aus Russland

Durch die „Sanktionspolitik“, durch den Wirtschaftskrieg mit Russland, hat sich die Bundesrepublik selbst von wichtigen Rohstofflieferungen aus Russland abgeschnitten. Im Jahr 2021 wurden Waren im Wert von rund 33,1 Milliarden Euro aus Russland nach Deutschland importiert. Neben den für die deutsche Industrie existenziellen Lieferungen von Öl und Gas sind es auch strategische Rohstoffe wie Nickel, Palladium und Chrom, die bis zum Wirtschaftskrieg aus Russland bezogen wurden.

Zeit nach dem Ukraine-Krieg

Der NATO-Krieg in der Ukraine hat die deutschen Eliten eindeutig auf den Geschmack gebracht. Noch hofft man auf dem Trittbrett der USA die Russen von der militärischen Landkarte zu löschen. Aber die FAZ weist nachdrücklich auf eine Zeit nach dem Ukraine-Krieg hin, in der die Rohstoff-Gelüste der Deutschen Industrie auch mit Gewalt befriedigt werden könnten. Tatsächlich geht man von einem gewonnenen Ukraine-Krieg aus, und in einem besiegten Russland wären die russischen Rohstoffe preiswerter als vor dem Ukrainekrieg zu erbeuten.

Stimmungsänderung für offenen Raub

Für einen offenen Raub muss man eine Stimmungsänderung in der deutsche Gesellschaft herstellen. Spätestens seit 1914 und der Bewilligung der Kriegskredite durch die SPD hat diese Partei bewiesen, dass sie die populäre Vermittlerin unpopulärer Ziele sein kann. Ihre aktuelle Zustimmung zum Wirtschaftskrieg gegen Russland und ihre Breitschaft, die Ukraine mit schweren Waffen zu versorgen, lässt die Herrschaften hoffen, dass die SPD auch einem imperialistischen Raubzug zustimmen würde. Um das bereits heute ideologisch abzusichern, käme der deutschen Kriegsfraktion eine programmatische Festlegung gerade Recht.

Die Bevölkerung zahlt die Zeche

Angeekelt schreibt die FAZ „Jeder kann in Scholz reinlesen, was er will“. Das Finanz- und Rüstungskapital will gern der alleinige Autor der Scholz-Texte sein. Man braucht ein Programm der Willigen, eines der unbegrenzten Möglichkeiten. Das Finanzkapital wird jeden Kriegskredit bewilligen, wenn nur die Rendite hoch genug ist. Zinsen und Zeche lässt man gern die deutsche Bevölkerung zahlen.