Der Artikel 3 des Grundgesetzes – Männer und Frauen sind gleichberechtigt – war immer schon ein schlapper Witz. Zumindest wenn es um so etwas Banales wie den gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit ging: 2017 kamen Männer auf einen durchschnittlichen Stundenlohn von 21 Euro, während Frauen lediglich 16,59 Euro verdient haben. Doch trotz der extremen Ungleichheit taten sich Paare zusammen und setzten Kinder in die Welt. Und weil sie sonst nicht über die Finanzrunden gekommen wären, waren sie auf beide Gehälter angewiesen. Auch versteht es sich, dass die Frauen ein Recht auf eine eigene berufliche Perspektive haben. Dieses Familien-Konstrukt war und ist nur möglich, wenn Kitas und Schulen ihren Anteil an der Erziehung der neuen Steuer- und Rentenkassen-Zahler leisteten. Dieser kleine staatliche Ausgleich, diese häufig unzulängliche Investition in die Zukunft des Landes, geht zur Zeit gerade den Corona-Bach runter.

3,7 Millionen Kita-Kinder

In Deutschland gibt es 3,7 Millionen Kita-Kinder. Seit Beginn der sogenannten Corona-Krise, einer Krise aus Verbots-Hysterie und medialer Dauerberieselung, werden die Kita-Kinder ausgesperrt. Wer nach den Gründen sucht, der findet primär den Konjunktiv: Die Kinder könnten, vielleicht, möglicherweise Träger des Virus sein. Der Konjunktiv, sagt die medizinische Wissenschaft, ist nicht zu therapieren. Obwohl er einer der beliebtesten Krankheiten im Politik- und Mediengeschäft ist.

Notrufe wegen häuslicher Gewalt

Es gibt zur Zeit in Europa zwei belastbare Studien zur Kinder-Infektion. Eine isländische Untersuchung kommt zum Ergebnis, das Coronavirus ist bislang bei keinem Mädchen oder Jungen unter zehn Jahren nachgewiesen worden. Auch eine Studie aus den Niederlanden ergab, dass Kinder sich seltener mit Sars-CoV-2 infizieren. Zudem: Eine Infektion ist noch keine Krankheit. Was es aber zeitgleich gibt: Rettungsdienste in ganz Europa verzeichnen vor dem Hintergrund der Corona-Beschränkungen einen starken Anstieg an Notrufen wegen häuslicher Gewalt. Aus den verschiedenen europäischen Ländern ist im April eine Zunahme von Notrufen von Frauen um bis zu 60 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahresmonat gemeldet worden.

Der Kampf der Frauen um berufliche Perspektive in der Corona-Tonne

Es gibt noch kein statistisches Material darüber, wie viele Frauen der Kinder wegen zu Hause bleiben. Denn der Mann verdient mehr und die Miete muss bezahlt werden. Also wird der lange Kampf der Frauen um eine eigene berufliche Perspektive – ein Kampf, der ohnehin noch weit vom Sieg entfernt ist – zur Zeit gerade in die Corona-Tonne getreten. Vergeblich fragt man nach der traditionellen Frauenbewegung. Aber auf Facebook (#elterninderkrise) und Instagram organisieren sich Eltern, um ihr gutes Recht wieder herzustellen. Über 7.000 Menschen sind allein der öffentlichen Facebookgruppe beigetreten. Man organisiert Demonstrationen, schreibt Bitt- und Protestbriefe, hilft sich gegenseitig, wo es geht. Zur eigenen Website und den neuesten Demonstrationsterminen geht es hier: https://www.elterninderkrise.de/ueber-uns/

Der gesetzliche Auftrag der Verfassung auf der Corona-Strecke verreckt

UNTEN gärt es. Noch haben Eltern-und Grundrechte-Bewegung nicht zueinander gefunden. Aber es wäre an der Zeit. OBEN wird verwaltet. Immerhin hat Linksfraktionschef Dietmar Bartsch was gemerkt: Er fordert einen Kindergipfel der Ministerpräsidenten und zuständigen Landesminister im Kanzleramt, und er weiß auch, dass „Kinder, Frauen und Familien, die Verlierer der Krise“ sind. Dass auch der gesetzliche Auftrag der Verfassung, Männer und Frauen sind gleichberechtigt, auf der Corona-Strecke verreckt, ist bei ihm noch nicht angekommen.

Was sich auch OBEN rühren mag: Es muss von UNTEN getrieben werden

Was sich auch immer OBEN rühren mag: Es wird und muss von UNTEN getrieben werden. Erneut am Samstag. In den vielen Städten, in denen sich die Anhänger des Grundgesetzes finden. In Stuttgart rechnet man mit 50.000 Teilnehmern. Dazu fällt dem Ordnungsbürgermeister Martin Schairer ein: Es dürften nicht mehr als 10 000 Menschen zu der Kundgebung auf dem Cannstatter Wasen kommen. In Berlin lässt der rot-rot-grüne Senat zu den neuen Aktionen rund um den Rosa-Luxemburg-Platz nur die Polizei sprechen: „Wir sind auf alles vorbereitet“. Das ist erneut eine Ansage der staatlichen Gewalt. Und doch: Auch in Berlin werden die Bürger spazieren oder demonstrieren, ihr Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrnehmen.