Noch ist die Gefahr eines Angriffs der USA gegen den Iran nicht gebannt. Es versteht sich, dass Israel, die militärisch bedeutendste Macht im Nahen Osten, in einen denkbaren Krieg verwickelt sein würde. Tsafrir Cohen, der das Israel-Büro der Rosa –Luxemburg-Stiftung leitet, schreibt dazu: „Der US-Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran wird in Saudi-Arabien und Israel begrüßt. Damit entsteht eine unheilige Allianz. Ziel: ein von außen forcierter Regimewechsel im Iran. Folgen: Stärkung des iranischen Regimes und die Gefahr eines Flächenbrands.“

Während der Herrschaft Schah Mohammad Reza Pahlavis waren die Beziehungen zwischen dem Iran und Israel gut: Beide Länder waren mit den USA verbündet, Israel unterhielt eine permanente Delegation in Teheran, die faktisch als Botschaft fungierte. Nach dem Sechstagekrieg versorgte der Iran Israel mit dem dringend benötigten Öl. Israel baute 1968 die Eilat-Ashkelon Pipeline, durch die iranisches Öl nach Europa gelangte. Gegen Ende der siebziger Jahre entwickelten das iranische und das israelische Militär unter dem Codewort Flower eine Wasser-Wasser-Rakete mit einer Reichweite von etwa 200 km. Die Zusammenarbeit zwischen dem persischen Foltergeheimdienst und dem israelischen Mossad war bekannt. Noch zwei Jahre vor dem Sturz des Schahs gab es mit dem "Projekt Blume" den gemeinsamen Plan einer Atomsprengkopfrakete.

Nach dem Sturz des Schah wurde die Zusammenarbeit der beiden Länder beendet. Heute stehen sich mit dem Iran und Israel zwei Gottestaten gegenüber, die um Macht und Einfluss in der Region ringen. Während der Iran das eher laizistische Regime in Syrien unterstützt, hält Israel die syrischen Golan-Höhen besetzt und verletzt die syrische Souveränität ständig mit Militärschlägen. Im Libanon treffen die iranisch inspirierten Hisbollah-Milizen und die israelische Armee im Kampf um die Macht aufeinander. Israels Armeechef Gadi Eisenkot deutete Ende 2017 sogar eine geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien, dem aktuellen Gegner des Irans, an.

In Israel nützt die Regierung Netanjahu den USA-Iran-Konflikt bewusst, um eine immer nationalistischere Politik zu betreiben und die israelische Demokratie auszuhöhlen. Dabei nehmen die Parteien die Gefahr eines Flächenbrands bewusst in Kauf – mit unübersehbaren Folgen weit über die Region hinaus.

Tsafrir Cohen spricht im BUCHHÄNDLERKELLER BERLIN
zum Thema Israel-Iran-USA: Ein gefährliches Dreieck
Moderation: Uli Gellermann

Am Dienstag
25. Juni 20.30 Uhr
10623 BERLIN-CHARLOTTENBURG
CARMERSTRASSE 1, PARTERRE

Tsafrir Cohen leitet das Israel-Büro der Rosa –Luxemburg-Stiftung. 1966 in Tel Aviv geboren, wuchs in Israel und in Kanada auf und ist seit 1986 in Berlin beheimatet. Dort war er publizistisch tätig, initiierte gleichzeitig Colloquien und Literaturwochen und koordinierte zahlreiche weitere Kulturveranstaltungen. Als Reaktion auf den 11. September 2001 kehrte er in den Nahen Osten zurück, zuerst als Student der Islamwissenschaften mit langen Aufenthalten in Kairo, 2007 bis 2010 dann als Repräsentant von medico international für Israel und Palästina im palästinensischen Ramallah. 2011 wurde er Nahostreferent von medico, bevor er 2015 Leiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv wurde.