Es war der siebte Tag der Woche. Doktor Gniffkes Augen ruhten wohlgefällig auf den Tagesschauen der vergangenen Tage, die unter seinen Händen gewachsen waren, wie das Kraut auf der Heide. Alles war so schön glatt gestrichen und gezupft. Keine Ecken, keine Kanten, kein Erkenntniswert. Kein Widerspruch. Doch halt, ganz weit hinten stapelten sich Programmbeschwerden aller Art. Wieder mal auch eine von der ARD-Beobachtungsstelle Bräutigam & Klinkhammer. Die hatten doch immer was zu meckern.
Man wagte es, Friedensmärsche in der Ukraine in der TAGESSCHAU-Berichterstattung zu vermissen. Ja haben wir denn schon wieder Fronleichnam? Um das bisschen Frieden das die Ukraine braucht, kümmert sich doch schon unsere Golineh. Und auch unsere Regierung in Kiew wirft ein friedliches Auge auf die nach wie vor täglichen Kämpfen in der Ostukraine. Selbst unsere NATO steht doch an den Grenzen der Ukraine, um mit immer mehr Waffen Frieden zu schaffen. Na warte, den beiden schreib ich was.
Stellungnahme von ARD-aktuell zur E-Mail von
Herrn Volker Bräutigam und Herrn Friedhelm
Klinkhammer vom 16.07,2016
zum Thema Tendenzberichterstattung ARD-aktuell
(leicht gekürzt)
„In ihrer Programmbeschwerde vom 16.07.2016 kritisieren die Beschwerdeführer die fehlende Berichterstattung von ARD-aktuell über die seit Anfang Juli laufenden „Friedensmärsche auf Kiew“. Sie interpretieren dies als Beleg für eine angeblich tendenziöse Berichterstattung sowie als „Beweis für Einäugigkeit, Abhängigkeit und Servilität der Redaktion in Bezug auf Berlins und Washingtons Wünsche“. Sie erheben den Vorwurf einer Verletzung des Programmauftrags und der Programmrichtlinien.
ARD-aktuell hat sich auf die Eingabe hin die Berichterstattung noch einmal angeschaut.
Tatsächlich hat die Tagesschau um 14 Uhr am 28.07,2016 über die „Friedensmärsche auf Kiew“ berichtet:
http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-15227.html
Das Zusammentreffen der verschiedenen Märsche in Kiew am 26./27.07.2016 war zweifellos als Kulminationspunkt der Ereignisse anzusehen, deshalb fand die Berichterstattung nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt statt.
Den Vorwurf der einseitigen Berichterstattung weist ARD-aktuell ebenso zurück wie den Vorwurf einer abhängigen und servilen Berichterstattung, die sich den Wünschen westlicher Regierungen unterordne. Keinesfalls ist das Erste Deutsche Fernsehen einer politischen Instanz, Partei oder sonstigen Interessengruppen verpflichtet. . . .
Die sogenannten Friedensmärsche in der Ukraine werfen viele Fragen auf, deren Beantwortung für die Entscheidung über eine Berichterstattung relevant ist. In einer Reihe von Punkten widersprechen sich selbst die von den Beschwerdeführern angeführten Quellen erheblich: Mal ist von zwei, mal von drei Zügen die Rede. Mal ist-ausgehend von den Zahlen zu Beginn-von 5.000 bis 10,000 Teilnehmern die Rede, mal von Zehntausenden, mal von 200.000, mal von Hunderttausenden. Für den Abschluss in Kiew werden teilweise die von den Veranstaltern prognostizierten 20.000 Menschen genannt, an andererstelle ist von mehr als 1,5 Millionen Teilnehmern am Ende der „Kreuzzüge“ die Rede. . .
Die Teilnehmerzahlen zu verifizieren, ist schwierig. Auch die verbreiteten Videos und Fotos zeigen immer nur einen Ausschnitt, der keinen sicheren Schluss darüber zulässt, wie viele Menschen sich tatsächlich dauerhaft an den Märschen beteiligen. Das liegt auch daran, dass die Teilnehmerzahl nicht kontinuierlich wächst, indem sich unterwegs immer mehr Menschen anschließen. In verschiedenen Berichten ist nachzulesen, dass sich in Ortschaften und Städten immer wieder Teilnehmer für eine begrenzte Strecke einreihen. So berichtete etwa die Nachrichtenagentur dpa am 18.07.2016 vom Marsch, der sich aus der Westukraine kommend auf Kiew zubewegt, über eine Demonstration mit etwa 4.000 Menschen, Danach seien aber nur etwas mehr als 1.000 von ihnen weiter in Richtung Hauptstadt gezogen. . . .
Die Größe der sogenannten Friedensmärsche ist ein wichtiges Kriterium bei der redaktionellen Bewertung der Relevanz des Ereignisses für die Berichterstattung durch ARD-aktuell. Hierbei ist festzustellen, dass die von den Beschwerdeführern angeführten Quellen allesamt weitaus höhere Teilnehmerzahlen nennen als in Berichten seriöser Medien zu finden sind. ARD-aktuell stützt sich in solchen Fragen auf die Informationen und Einschätzungen der eigenen Korrespondenten sowie auf die Angaben der professionellen Partner, darunter insbesondere die internationalen Nachrichtenagenturen. Die auf dieser Basis anzunehmende Teiinehmerzahl ist aber noch kein zwingender Grund für eine Berichterstattung. . . .
Sowohl die Veranstalter als auch die von den Beschwerdeführern zitierten Quellen betonen, es handle sich um eine „Pilgerfahrt", bzw. um einen „Prozessionszug". Ausrichter ist unstrittig die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats. Die Teilnahme von Priestern, die die Märsche mit Kreuzen und Ikonen anführen, unterstreicht den religiösen Anspruch - verbunden mit dem Ziel des Gebets für den Frieden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es sich in erster Linie um eine religiöse Pilgerfahrt oder stärker um einen Marsch mit vorrangig politischem Hintergrund handelt. Denn Wallfahrten mit mehr als 10.000 Teilnehmern gibt es allein in Deutschland mehrmals pro Jahr-und natürlich sind auch dabei oft Gebete für den Frieden ein wichtiges Element. Aufgrund der Regelmäßigkeit großer christlicher Wallfahrten sind diese auch bei größeren Teilnehmerzahien nur selten Gegenstand der Berichterstattung von ARD-aktuell.
Die Antwort von Bräutigam & Klinkhammer
Werte Rundfunkräte,
die Stellungnahme des Herrn Dr. Gniffke zur Unterdrückung der Berichterstattung über die Demonstrationen in der Ukraine ist Realsatire und kann im Ernst nicht überzeugen.
Der Verfasser versucht doch glatt, seine hermetische Selektiererei mit dem Hinweis auf einen Bericht zwei Wochen später, am 28. Juli, (und der stand auch nur auf dem kleinen Nebengleis Tagesschau.de) zu rechtfertigen. Und während er jeden Pups als Beweis für russisches bzw. Assads Unrecht in Syrien interpretieren und berichten lässt, notfalls unter Berufung auf einen T-Shirt-Händler in Coventry, erklärt er hier allen Ernstes, ARD-aktuell habe nicht ermitteln können, ob es sich in der Ukraine um tausende, zehntausende oder hunderttausende Teilnehmer gehandelt habe und ob eine religiöse Pilgerfahrt oder eine politische Demonstration vorliege. Pilgerfahrten, über die ARD-aktuell nicht berichte, gebe es auch in Deutschland zuhauf…Ach ja, und die Barrikadenbraut Golineh Atai, sonst zuverlässig urteilsfähig, wenn sie aus Moskau Vorgänge in der Ukraine beschreibt, konnte der werte Herr Gniffke offenbar auch nicht befragen, sie hätte sicher gern in ihrem Kaffeesatz nachgeguckt.
Wieder einmal ein illustres Beispiel von Hofschranzentum und Propaganda, da gilt die Richtlinie: Nichts berichten, was der Poroschenko-Regierung von US- und EU-Gnaden und ihren geschätzten Faschisten in der Ukraine schaden könnte. Das würde den Maidan-Putsch beim deutschen Publikum in ein schiefes Licht rücken, Herrn Steinmeiers Kreise stören und die Russlandsanktionen zusätzlich als willkürlich enttarnen.
Aber wir sind sicher, dass Sie erneut nicht wahrnehmen wollen, was in den maßgeblichen Vorschriften auch für Sie verpflichtend ist:
"Die Programme und Angebote der ARD haben der Allgemeinheit einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Die ARD soll hierdurch die internationale Verständigung, (und) die europäische Integration ..... fördern.".
Mit höflichem Gruß
V. Bräutigam und F. Klinkhammer