Hohes Gericht, ich hab mir nichts Böses dabei gedacht, als ich die US-Drohnen-Morde beschönigt habe.“ - Aber Herr Doktor Gniffke, Sie haben diese Morde in einer Meldung der TAGESSCHAU sogar als „Angriffe“ verharmlost, das Wort „Morde“ ließen Sie doch gar nicht erst zu.“ - Mag sein, mag sein, hohes Gericht, aber angegriffen hat die US-Armee doch diese Leute, die dann später tot waren, oder?“ - „Herr Gniffke! Das ist ein schäbiger Versuch sich rauszureden. Sie hätten zumindest von Tötungen ohne Gerichtsverfahren reden müssen. Hiermit werden Sie verurteilt. Zu zwei Jahren täglichen TAGESSCHAU-Konsums ohne Bewährung!“

Schweissgebadet wachte Kai Gniffke auf: „Einen internationalen Medien-Gerichtshof gibt es doch gar nicht. Und wenn es den doch mal gibt, dann bin ich längst in Pension. Was soll die Haarspalterei, legale Tötung, illegale Tötung, ist mir doch scheiß-egal. Sind doch eh alles Terroristen, die von den Drohnen getroffen werden. Und wer mit denen rumsteht, der ist eben dran. Das sollte denen eine Lehre sein. Ich geh doch auch nicht in Pakistan auf eine Hochzeit oder im Jemen auf einen Beerdigung. Da weis man doch nie, wer dabei ist.“ Sprach´s, drehte sich rum und schlief weiter, den Schlaf der Selbstgerechten.

Eingabe § 13 NDR-StV:
Marginalisierung von Völkerrechtsbruch und Massenmord
Tagesschau-Kurzmeldung über die Folgen der US-Drohnenbombardements 
 
03.07.2016 
 
http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-14837.html 
 
Sehr geehrte Damen und Herren des NDR-Rundfunkrats, 
 
am 2. Juli gab das Weiße Haus in Washington endlich eine von US-Präsident Obama schon vor Monaten versprochene Erklärung über die Zahl der Zivilisten bekannt, die bei Drohnenangriffen umgebracht worden waren. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe – am Freitag vor dem verlängerten Wochenende wegen des Nationalfeiertags 4.Juli – und die Form der Erklärung – knappe Pressemitteilung – entsprachen dem Usus der US-Regierung, unangenehme Veröffentlichungen so zu platzieren, dass ihnen kein dauerhafter und prominenter Platz im öffentlichen Gedächtnis sicher ist. 
 
Dieser Intension trug ARD-aktuell in transatlantischer Gefolgschaftstreue Rechnung. Mit der Tagesschau-Meldung am 3. Juli: 
 
„Die US-Regierung hat erstmals Zahlen über zivile Opfer von Drohnenangriffen vorgelegt. Danach wurden seit dem Amtsantritt von US-Präsident Obama im Jahr 2009 bis zu 116 Zivilisten getötet sowie bis zu 2581 sogenannte Kämpfer. Die Angaben beziehen sich auf Angriffe unter anderem in Pakistan, Somalia und im Jemen. Die Zahlen liegen weit unter den Schätzungen von Nicht-Regierungs-Organisationen, die von mehreren hundert zivilen Opfern ausgehen.“ 
 
Kurz darauf brachte die Tagesschau Sportmeldungen. Das EM-Fußballspiel Deutschland gegen Italien war wesentlich wichtiger. Obige 30-Sekunden-Nachricht war alles gewesen, was ARD-aktuell an diesem Tag zustande brachte über eindeutig absichtlichen Völkerrechtsbruch (Kriegshandlungen auf fremdem Territorium), Verletzung der Allgemeinen Menschenrechte, extralegale Hinrichtung von Verdächtigen, massenhaften Mord an Zivilisten als sog. Kollateralschaden – über Staatsterrorismus. In der Sendung Tagesthemen kam die Information gleich überhaupt nicht mehr vor.
 
Kritik:
 
1. Die Formulierung 
... Angriffe unter anderem in Pakistan, Somalia und im Jemen...
insinuiert, diese Länder stünden pars pro toto, also für die weltweit von den USA begangenen Drohnenangriffe. Eine infame Täuschung. Das Weiße Haus hatte in seiner selbst von den US-Medien als extrem geschönt bewerteten Darstellung nur über Menschen berichtet, die bei Drohnenbombardements außerhalb von  internationalen bewaffneten Konflikten  umgebracht worden sind, eben in Ländern wie Pakistan, Jemen, Libyen und Somalia.
 
2. Eine glatte Falschmeldung war der Schlusssatz, die Nicht-Regierungs-Organisationen gingen von „mehreren hundert zivilen Opfern“ aus. Sie gehen durchweg von vielen tausend Opfern aus, das musste auch jeder unauffällig begabte ARD-aktuell-Redakteur wissen. Mit wenigen Telefonaten oder einer Kurzrecherche im Internet hätte ARD-aktuell die Behauptung der US-Administration überprüfen können – überprüfen müssen, lt. Staatsvertrag und gemäß allen beruflichen Standards. Am weitesten geht die in London und New York ansässige Menschenrechtsorganisation Reprieve mit ihrer Zählung. Sie schätzt, dass bei den sogenannten „gezielten Tötungen“ pro vermeintlichem Kämpfer 28 Zivilisten ermordet werden. Unter andrem stützt sie sich darauf, dass viele Verletzte erst später sterben, Folgeschäden an Menschenleben lange nach den Bombardements.
 
Quelle:  http://www.reprieve.org.uk/press/2014_11_25_US_drone_strikes_kill_28_each_target/
 
Die Ärzte-Organisation IPPNW – „Ärzte gegen den Atomkrieg" –  nennt allein für Pakistan bereits 2300 zivile Tote, die mittels Drohnen ermordet wurden. 2 300, in einem einzigen Land.
 
Quelle: http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Terrorismus/tote.html
 
3. Unabhängig von der ungeheuerlichen Zahl „ziviler“ Opfer, die der Friedensnobelpreisträger auf dem Gewissen hat: Geheimdienstliche „Erkenntnisse“ über „Terroristen“ sind nach demokratischem Rechtsverständnis  kein Ersatz für rechtsstaatlich ergangene Urteile, das Bombardieren solcher Verdächtiger ist Totschlag bzw. Mord, und wer das Woche für Woche befiehlt und entsprechende Tötungslisten unterschreibt, ist ein Serienmörder bzw. Totschläger. Da Obama als westlicher Politiker aber zu den "Guten" gehört, hat Tagesschau.de auf eine Klarstellung verzichtet (man stelle sich vor, Obama wäre Putin).
 
4. Der mörderische völkerrechtswidrige Drohnenkrieg ist nicht ohne Mitwirkung der deutschen Bundesregierung möglich, die Drohnenflüge werden über technische Installationen am US-Streitkräftestandort Ramstein zu ihren Zielen gesteuert. Das ist der Regierung in Berlin bekannt. Sie macht sich mit Stillschweigen an den US-Verbrechen mitschuldig. Auch das hätte ARD-aktuell in Erinnerung rufen müssen (Vollständigkeitsgebot). 
 
Fazit:
 
ARD-aktuell ist zwar zu umfassender, objektiver Berichterstattung und zur Überprüfung aller zu berichtenden Fakten verpflichtet, missachtet das jedoch systematisch und auch im vorliegenden Fall. Unterwürfige, unreflektierte Übernahme von regierungsamtlichen Pressemitteilungen ist ARD-aktuell üblich, entspricht allerdings nicht den Programmrichtlinien des NDR-Staatsvertrags und des  Rundfunkstaatsvertrags. 
 
Wir finden die Art, wie Chefredakteur Dr. Gniffke ARD-aktuell über ein die Welt erschütterndes Verbrechen, den Rechtsnihilismus des „Führers der westlichen freien Welt“ sowie über die lakaienhafte Komplizenschaft der Bundesregierung berichten lässt, ist ein Musterbeispiel für abhängigen und prinzipienlosen Journalismus.
 
Höflich grüßen
Volker Bräutigam & Friedhelm Klinkhammer

Kommentare (6)

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Danke,
lieber Uli, für den informativen Beitrag.

Franz Witsch
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Ausgezeichnete Aufklärungs-Arbeit, sowohl die einführende Satire alsauch der Therapie-Versuch von Klinkhammer & Bräutigam.

Der wird leider vermutlich den abgebrühten Gestalten in der ARD-Propaganda-Abteilung nur wenig helfen können - ist aber in...

Ausgezeichnete Aufklärungs-Arbeit, sowohl die einführende Satire alsauch der Therapie-Versuch von Klinkhammer & Bräutigam.

Der wird leider vermutlich den abgebrühten Gestalten in der ARD-Propaganda-Abteilung nur wenig helfen können - ist aber in ihrer Klarheit für uns Teil-Benebelten eine sehr wertvolle Klärung.

Herzlichen Dank allen drei Akteuren!

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Benny Thomas Olieni
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"Sie dienen der Macht, nicht der Wahrheit", sagte die italienische Politikerin Luciana Castelina über die Presse in ihrer Heimat. Nur da?!

Peter Lind
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Vielen Dank für den ausdauernden Einsatz - inklusive akribischer Quellenangaben - der Kenntlichmachung des ÖRF in seiner Wandlung zur Propagandaschleuder mit regierungsgemäßer Programmatik. Bittere Entwicklung, der wir hier (im Wortsinn)...

Vielen Dank für den ausdauernden Einsatz - inklusive akribischer Quellenangaben - der Kenntlichmachung des ÖRF in seiner Wandlung zur Propagandaschleuder mit regierungsgemäßer Programmatik. Bittere Entwicklung, der wir hier (im Wortsinn) zuschauen dürfen.
Oder zuhören. Wie heute im Deutschlandfunk gemeldet wurde zu dem anderen Feld, das konstant in ähnlicher Form beackert wird, Syrien, O-Ton Nachrichten 14 h:
"In der syrischen Stadt Aleppo haben Rebellen eine Offensive gegen die Regierungstruppen gestartet.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte griffen die Oppositionstruppen am frühen Morgen in der Stadt an vier Fronten an. Auch in der Altstadt gebe es Feuergefechte. Kampfjets des Regimes hätten mit Luftangriffen gegen die Aufständischen in die Kämpfe eingegriffen. In Aleppo kontrollieren die Regierungstruppen von Präsident Assad den Westen der Stadt, die Rebellen die östlichen Viertel."
Zum Thema Russland durfte man sich heute morgen wieder Sabine Adler, seit Jahren schon Putin-Verächterin der härtesten Sorte (Golineh Atai dagegen nur ein Würmchen), reinziehen. In der Sendung „Kontrovers" um 10 h. Mußte ausschalten, war nicht auszuhalten.
"Alles von Relevanz" heißt es so schön in der Eigenwerbung des DLF. Genau, deshalb mußten sie auch ihre eigene Sendung mal zensieren (Feb. 2014), indem sie den O-Ton eines ukrainischen Rathausbesetzers aus der Bandera-Szene in Lemberg inklusive dessen Übersetzung und zugehörigem Bericht aus der im Internet abrufbaren Sendung getilgt haben. Wahrscheinlich nicht relevant genug für Deutschlandfunkhörer, dass dort Faschisten am Werk waren.
Anhören oder -sehen dieser Aktualitätenkloaken können eigentlich nur noch unter dem Aspekt geschehen, zu erfahren, welches die neuesten Lügen sind, die damit verbreitet werden sollen. Informationswert ansonsten gleich null.

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Simone Birgersson
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Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer haben wieder zugeschlagen: Zielgenau und treffsicher schmettern sie ARD-aktuell Chefredakteur und Gewohnheitslügner Dr. Gniffke in Runde 1 auf die Matte.

Technischer K.O. ? wieder einmal. Und mit der...

Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer haben wieder zugeschlagen: Zielgenau und treffsicher schmettern sie ARD-aktuell Chefredakteur und Gewohnheitslügner Dr. Gniffke in Runde 1 auf die Matte.

Technischer K.O. ? wieder einmal. Und mit der passenden Dosis Zynismus.

Weiterlesen
Carsten Peters
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"Die Schwachen kämpfen nicht.
Die Stärkeren kämpfen vielleicht eine Stunde lang.
Die noch stärker sind, kämpfen viele Jahre.
Aber die Stärksten kämpfen ihr Leben lang.
Diese sind unentbehrlich."
Bert Brecht
So ises. Danke !

Ulrike Spurgat
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