Jetzt ist er doch durchgeknallt, der Gellermann. Zu behaupten, wer Merkel wählt, der wähle den NSU. Also wirklich?! Die Merkel ist rechts, konservativ und schwer erträglich, aber Unterstützerin einer Mörderbande? Das ist doch eine Verschwörungstheorie, oder?

Der NSU-Prozess geht langsam seinem Ende zu. Wer ihn und seine Verarbeitung in den Medien beobachtet, der kann sein baldiges Ende absehen: Die Bundesanwaltschaft hat die Höchststrafe für Beate Zschäpe gefordert. Die wird sie auch wahrscheinlich kriegen und ein bisschen mehr oder weniger Sicherheitsverwahrung oben drauf. Zschäpe und ihre Nebenfiguren werden ein paar Jahre Strafe finden. Wer aber nach der Wahrheit über den NSU gesucht haben sollte, findet nahezu nichts. Auf dem Weg zu diesem NSU-Urteil mit beschränkter juristischer Haftung konnte man alles finden: Aktenvernichtung in großem Maßstab, bezahlte V-Leute als Akteure der Nazi-Verbrecher, einen rechts-blinden Polizeiapparat und einen Verfassungsschutz, der am liebsten sich selbst schützte. Nur nicht die Wahrheit über die Hintermänner, die Nebenleute, die Netze, ohne die der NSU nie und nimmer über Jahre unentdeckt hätte morden können. Und die Zschäpe schweigt. Wie günstig. Was mag man ihr für das Schweigen versprochen haben? Ein baldiges Wiederaufnahmeverfahren? Eine vorzeitige Entlassung wegen guter Führung?

Bis zu ihrem Untertauchen waren Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe die bekannten NSU-Terroristen, Mitglieder des "Thüringer Heimatschutz“. Etwa jedes vierte Mitglied der Thüringer Nazi-Truppe war V-Mann, Spitzel oder Informant gewesen. Alle deutschen Geheimdienste – Militärischer Abschirmdienst (MAD), Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) – hatten bezahlte Agenten in der Mutter-Organisation des NSU. Keiner der Agentenführer, kein verantwortlicher Mann aus den betreffenden Diensten musste je im NSU-Verfahren aussagen. Doch der Höhepunkt staatlicher Aussageverweigerung sollte noch kommen: Für 120 Jahre hat das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hessen einen internen Bericht gesperrt, in dem es auch um den NSU-Mord von Kassel und die mögliche Verwicklung seines Mitarbeiters Andreas Temme geht.

Andreas Temme, das war der Mann, der bei einem der NSU-Morde nebenan stand und angeblich nichts gehört und nichts gesehen hatte. Temme war in dieser Zeit Beamter des hessischen Verfassungsschutzes, und er führte Spitzel in der rechtsextremen Szene. Diesem beamteten Nazi-Spitzel-Führer garantierte der damalige hessische Innenminister und Parteifreund der Merkel, Volker Bouffier seinen Schutz: Quellenschutz wie der hessische Verfassungsschutz damals frech mitteilte. Und für die nächsten 120 Jahre sollen die braunen Quellen nun weiter verstopft bleiben. Und wer ist heute Ministerpräsident des Landes Hessen und somit Dienstherr des Landesamtes für Verfassungsschutz: Volker Bouffier, der CDU-Kumpan der Merkel.

Man kann längs dieser kurz argumentierten Befehlskette schon das Geschrei aufbranden hören: Landesämter sind keine Bundesanglegenheiten, was kann die Merkel denn dafür, wenn der Bouffier so blöd ist, hier wird der falsche Baum angebellt! Und was macht der treue Demokrat, wenn der das hört? Er guckt ins Bundesgetzblatt und findet das Bundesverfassungsschutzgesetz: „§ 7, Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen.“ Das Geschrei ebbt ab.

Und in die peinliche Stille hinein stellen sich die Fragen: Wenn eine Verbrechergruppe über Jahre hinaus durch Deutschland tobt und terroristische Morde begeht, ist das kein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes? Und wenn der begründete Verdacht besteht, dass diese Mörderbande von staatlichen Stellen gedeckt, wenn nicht gar gegründet und angeleitet wurde, ist das kein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes? Und wenn in diese Verschwörung gegen die Verfassung mutmaßlich sogar ein Ministerpräsident verwickelt ist, müsste dann die Bundeskanzlerin nicht umgehend „erforderliche Weisungen erteilen“, Weisungen, die jene brutal angegriffene „verfassungsmäßige Ordnung des Bundes“ schnellsten schützen? Na klar, müsste.

Von der Frau, die sich erneut als Hüterin der Verfassung zur Wahl stellt, hat man zum NSU-Komplex zuletzt im Februar 2012, beim zentralen Gedenken für die Opfer des NSU, einen Satz zum Thema gehört: „Wir tun alles, um die Morde aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen.“ Frau Merkel hat nichts geführt, weder zu noch durch. Es ist so gut wie nichts über die „Helfershelfer und Hintermänner“ aufgeklärt. Aber sie hätte mit einer einfachen Weisung nicht nur zur Aufklärung beitragen können, sondern ihrem Amtseid folgen müssen, „das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes (zu) wahren und (zu) verteidigen.“

Und so gibt es bei den Wahlen die sichere Möglichkeit, gegen die Verfassung der Bundesrepublik zu handeln. Denn wer Merkel wählt, wählt Sicherheit für den NSU. Und weil die SPD, die Grünen und die FDP sich der Dame schon für diverse Koalitionen angeboten haben, ist die Skala der Möglichkeiten, gegen die Verfassung zu wählen, durchaus vielfältig. Die Schwätzer in den Medien nennen das gern Pluralismus.

Noch sind Plätze frei:
WER SIND SPRINGERS ERBEN?

Rund 50 Jahre nach der Kampagne gegen den Springer-Verlag wollen Arnulf Rating (Kabarettist), Albrecht von Lucke (Blätter für deutsche und internationale Politik) und Uli Gellermann (Rationalgalerie) die Frage nach den Erben des Springer-Verlags beantworten.

Am Dienstag,
19. September 2017, 20.30 Uhr

Im Berliner Buchhändlerkeller

Carmerstraße 1, 10623 Berlin

Es kann eng werden

Plätze reservieren:

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Diese Schlagzeile wird sie ins Gefängnis bringen. Und da gehören Sie auch hin.

Werner Renner
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Das geht zu weit. Streichen Sie mich sofort aus Ihrer Newsletter-Liste.

Robert Hartung
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Das ist echter Journalismus! Sauber argumentiert, überraschend gefolgert und riskant zugespitzt. Danke, weiter so.

Lea Bernd
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Alle wissen es, doch kein Politiker wagt, die Wahrheit zu sagen, er wäre politisch erledigt: Die Neonazis sind eine Dependance des Verfassungsschutzes. (Für Frau Spurgat: Dependance=Außenstelle) Wie soll man von Frau Merkel, von der ich in über...

Alle wissen es, doch kein Politiker wagt, die Wahrheit zu sagen, er wäre politisch erledigt: Die Neonazis sind eine Dependance des Verfassungsschutzes. (Für Frau Spurgat: Dependance=Außenstelle) Wie soll man von Frau Merkel, von der ich in über zehn Jahren nicht einen einzigen halbwegs intelligenten Satz vernommen habe, ausgerechnet darüber gar einen Richtigen erwarten? Sich keine Blöße zu geben, ist ihre ganze Zerebralität, einigermaßen faustdick gleich hinter den Ohren: »Ich sag nix«.

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Tigertaler
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Der Artikel ist wirklich brillant. Aber es fehlt der Beweis für die Absicht der „Staatsorgane“. So viele „Pannen“ und „Zufälle“, das muss geplant sein.

Reiner Keller
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„Geplant“ wird seit der Gründung des Verfassungsschutz durch US-Besatzungsoffiziere und alte Nazis. Da braucht es keine Plan, da reicht die Logik des Systems.

Uli Gellermann
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Durchgeknallte RationalGaleristen vom Schlage eines Gellermann sind viel zu selten in diesem Land. Um diesem Sumpf der völlig verkommenen Bananen Republik Deutschland Herr zu werden bedarf es Legionen solcher Journalisten und mutiger Menschen.
Leid...

Durchgeknallte RationalGaleristen vom Schlage eines Gellermann sind viel zu selten in diesem Land. Um diesem Sumpf der völlig verkommenen Bananen Republik Deutschland Herr zu werden bedarf es Legionen solcher Journalisten und mutiger Menschen.
Leider eine Seltenheit und so wird auch nach dieser Wahl der Sumpf der politischen Verkommenheit weiter wabern un wachsen zum Schaden des deutschen Volkes und seiner europäischen Nachbarn.

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Aleksander von Korty
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Gewohnt brillant. Logisch und wütend - auch wie gewohnt.
Nur so kann man im aktuellen Geschehen bleiben ohne durchzudrehen. Eine "Wahlempfehlung" der allerbesten Sorte.
Jetzt bemühe ich mich erst mal um einen Newsletter.
Danke Uli.

Ronald Wolf
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Natürlich ist Ronald Wolf ab sofort in der Newsletter-Liste.

Uli Gellermann
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In einer Zeit allgegenwärtigen Betruges ist es ein revolutionärer Akt die Wahrheit zu sagen." *George Orwell
Danke Uli Gellermann! Was wahr ist, ist nun mal wahr!
@Hartung:
Wer das nicht verkraftet muß sich eben aus der Newsletter-Verteilerliste...

In einer Zeit allgegenwärtigen Betruges ist es ein revolutionärer Akt die Wahrheit zu sagen." *George Orwell
Danke Uli Gellermann! Was wahr ist, ist nun mal wahr!
@Hartung:
Wer das nicht verkraftet muß sich eben aus der Newsletter-Verteilerliste streichen lassen.
@Renner:
"Wer die Wahrheit nicht weiss,
der ist bloß ein Dummkopf.
Aber wer sie weiss und sie eine Lüge nennt,
der ist ein Verbrecher." (Berthold Brecht)
Uli Gellermann stellt keine Theorie auf, noch erzählt er Märchen. Ganz im Gegenteil recherchiert er ganz vortrefflich und akribisch. Alles was er in diesem Artikel in spitze Worte gekleidet hat ist wahr! Wer das Gegenteil beweisen kann, soll hier im Forum den Mund aufmachen und diesen Gegenbeweis antreten, oder einfach schweigen. Drohungen zu einem baldigen Gefängnisaufenthalt sind jedenfalls nicht nur unangebracht, sondern zeugen von der Unmacht des Kommentators (Renner), die diese unverblümte Wahrheit des Autors (Gellermann), bei Ihm (Renner) ausgelöst hat.

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Markus Schmitz
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@ Gemach, gemach, Herr Renner !

Ein Hoch auf den GALERISTEN, treffsicher ins Wespennest gestochen.......
Nicht nett von ihnen, dass sie uns den GALERISTEN wegschließen lassen wollen, wo er doch so dringend gebraucht wird, in diesem unserem Land....

@ Gemach, gemach, Herr Renner !

Ein Hoch auf den GALERISTEN, treffsicher ins Wespennest gestochen.......
Nicht nett von ihnen, dass sie uns den GALERISTEN wegschließen lassen wollen, wo er doch so dringend gebraucht wird, in diesem unserem Land. Es ist an der Zeit, sich dem entgegenzustellen, Aufzustehen, und laut NEIN zu sagen, wenn eine provozierende Überschrift eines inhaltlich, fundierten und sauber recherierten Artikels, natürlich um Interesse und Neugierde zu wecken eine Reaktion wie diese hervorruft, muss uns alle nachdenklich stimmen, denn Sprache ist der Ausdruck des Denkens, und was Sprache anrichten kann, sieht man im Wahlkampf: Gauland bricht alle Tabus, um die Greueltaten des Faschismus zu relativieren, in dem er laut sagen darf, dass es an der Zeit ist, dass man stolz auf die Soldaten sein kann. Die Geschichte soll umgeschrieben werden. Stolz auf verbrannte Erde, Völker in den Abgrund gestürzt, Hunger, Not und Elend, Millionen Tote. Die Sowjetunion beklagt bis Heute 27 Millionen Tote, und Deutschland soll "stolz" sein, auf Kriege und Völkermord ? Da dreht sich der Magen um. Nie wieder Faschismus und NIE WIEDER KRIEG !

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Ulrike Spurgat
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Lieber Uli, vielen Dank für deinen Kommentar.Mach weiter so, solange du kannst.Wir Antifaschisten stehen hinter dir.

Alfred Matejka
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