Die Zeit der Strickjacken-Diplomatie ist vorbei. Jene Zeit, als Helmut Kohl und Michail Gorbatschow in gemütlichen Woll-Jacken bei offenkundig gemütlichem Plausch auf den Fotos deutscher Medien zu sehen waren. Da fand man es ganz normal, lobenswert sogar, dass zwei Staatschefs locker und freundlich miteinander redeten. Und als der deutsche Kanzler den russischen Präsidenten Jelzin zum gemeinsamen Schwitzen in der Sauna traf, erfand der SPIEGEL das schöne Wort von der "Badehosenfreundschaft". Das war die Zeit, als die Sowjetunion baden ging: Der naive Gorbatschow hatte an die mündliche Versicherung seiner Verhandlungspartner geglaubt, nach der die NATO brav in ihren bisherigen Grenzen bleiben würde. Und mit dem Alkoholiker Jelzin begann der Schlussverkauf der russischen Volkswirtschaft zu Tiefstpreisen.

Offenkundig nehmen die Medien den Russen übel, dass sie heute nichts mehr verschenken: Beim Treffen der Staatschefs Putin und Trump mochten sie statt einer Strick-Jacke nur noch eine Trick-Jacke sehen. Denn "Donald Trump ist in eine Falle geraten" wusste der oberschlaue DEUTSCHLANDFUNK und die transatlantische SÜDDEUTSCHE konnte sogar aus München erkennen: "Für Putin ist Trump ein nützlicher Idiot". Was hätte Putin mit einem Staatsgast machen sollen? Ihn grillen? Die TAGESSCHAU schwingt sich sogar zu einer drastischen Medien-Kritik auf: "Die staatlich gelenkten russischen Medien sind nach dem Treffen in Helsinki voller Begeisterung". Wenn sich die Hamburger Nachrichtensendung doch selbst mal bei ihrer ungelenken Weitergabe von Regierungsmeinung beobachten würde. Im Auftrag der Gebührenzahler ist die ARD-Sendung jedenfalls nicht unterwegs. Gelenkt wird sie eher vom Pressesprecher Merkels.

Die Trick-Jacke hatte in Helsinki eindeutig Trump an. Dessen überschwängliche Begeisterung über das Gespräch war wohl der Versuch, seine waffenklirrende Vorbereitung des Präsidenten-Dialogs mit lautem Klatschen zu übertönen. Drängelt doch der amerikanische Waffenhändler die NATO-Staaten seit langem zur Erhöhung ihrer Rüstungs-Etats. Auch die Steigerung der US-Militärausgaben von bisher 634 auf 716 Milliarden Dollar war für Trump in Helsinki kein Thema. Für die üblichen deutschen Medien ebenfalls nicht. In kühler Tradition sowjetischer Außenpolitik erinnerte Wladimir Putin daran, dass Russland eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet habe, um die Verhandlungen über das Rüstungskontroll-Abkommen NewSTART, das 2021 ausläuft, wieder aufzunehmen. Und so produzierte der russische Präsident auch die einzige Nachricht rund um das Treffen in Helsinki, die es wert ist diskutiert zu werden.

Die medialen Versuche die Begegnung der Präsidenten auf angebliche russische Hacker-Angriffe im US-Wahlkampf zu reduzieren, haben eine fatale und eine witzige Seite. Journalisten, die Geheimdienst-Informationen zur Grundlage ihrer Arbeit machen, sind nur peinlich. Sie sollten eigentlich wissen, dass die Dienste der Verschleierung dienen und nicht der Wahrheitsfindung. Witzig allerdings ist es, wenn man von Donald Trump verlangt diese unbewiesenen Hacker-Operationen in Helsinki zu thematisieren. Was hätte Trump machen sollen, wenn Putin sich als Urheber der nebulösen Hacker-Attacken geoutet hätte? Auf der Stelle zurücktreten?

Der Sonderermittler Robert Mueller, auf dessen ‚Erkenntnissen‘ die Hacker-Meldungen beruhen, war im Vietnamkrieg Elite-Soldat und wurde mehrfach ausgezeichnet. Brav diente er dann als Chef der Bundespolizei FBI, sowohl unter George W. Bush als auch unter Barack Obama. Er hatte den Auftrag die Anschläge vom 11. September 2001 aufzuklären. Zu keiner Zeit wollte er allerdings die saudische Spur und die engen Beziehungen zwischen der Bush-Family und dem saudischen Königshaus thematisieren. Soweit zur Wahrheitsfindung.

Kommentare (43)

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Eile mit Weile! Auch ein treffender Kommentar bedarf des Korrekturlesens. Wie sonst kann ich mir die Gellermann'schen Schreib- und Kommafehler erklären? Der Inhalt indessen ist bestens. Ausgenommen der Satz: "Journalisten, die...

Eile mit Weile! Auch ein treffender Kommentar bedarf des Korrekturlesens. Wie sonst kann ich mir die Gellermann'schen Schreib- und Kommafehler erklären? Der Inhalt indessen ist bestens. Ausgenommen der Satz: "Journalisten, die Geheimdienst-Informationen zur Grundlage ihrer Arbeit machen(,) sind nur peinlich." Peinlich sind auch die, welche keine Ahnung haben und ohne jegliche Information fabulieren.

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Paulo H. Bruder
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Danke für das aufmerksame Lesen. Versehentlich wurde die nicht korrigierte Fassung gepostet.

Uli Gellermann
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Eine tolle Analyse des Treffens. Bitte nehmen Sie mich in Ihren Verteiler auf.

Vera Schwarzberger
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Und schon sind Sie "drin".

Uli Gellermann
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Ich bin sicher, es gibt noch viele weitere Leser/innen, die aufmerksam zur Kenntnis nehmen, was Sie schreiben, lieber und geschätzter Herr Gellermann.
Etwas Anderes, falls es Sie interessiert: eine Lesung gegen die AfD und deren Vor-Läufer,...

Ich bin sicher, es gibt noch viele weitere Leser/innen, die aufmerksam zur Kenntnis nehmen, was Sie schreiben, lieber und geschätzter Herr Gellermann.
Etwas Anderes, falls es Sie interessiert: eine Lesung gegen die AfD und deren Vor-Läufer, aufzuschlagen unter:
-https://www.youtube.com/watch?v=Fnd0ijizOCw&feature=youtu.be
-https://www.facebook.com/265831246795398/posts/1968347269877112

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Rudolph Bauer
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Gut geschrieben, lieber Uli.
Einer meiner Freunde raisonnierte heute schon, wann ein Attentat auf Trump zu erwarten sei.
Wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen reagiert die mediale Front! Wobei das den Hühnern Unrecht tut...

Johannes M. Becker, Privatdozent Dr.
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Ausgezeichneter Artikel, lieber Uli! Solidarische Grüße.

Michael Höhn
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HELSINKI WAR GESTERN

Da saßen sie nun friedlich einander gegenüber:
die beiden Staatenlenker und Denker West und Ost.
Wer von den beiden lenkt und denkt, ist klar. Jedoch worüber
denkt Trump? - Wie mach ich alles wieder trüber?
Wo schwenk ich hin?...

HELSINKI WAR GESTERN

Da saßen sie nun friedlich einander gegenüber:
die beiden Staatenlenker und Denker West und Ost.
Wer von den beiden lenkt und denkt, ist klar. Jedoch worüber
denkt Trump? - Wie mach ich alles wieder trüber?
Wo schwenk ich hin? Was bringt Gewinn? Und was macht Sinn?
Das Pentagon, Trump ahnt es schon,
hätte viel lieber wieder den Frost
und das gewohnt rentable Verschärfen.
Und was macht Putin? Der hat Nerven, trinkt Tee im Kreml und wartet auf Post.

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Lutz Jahoda
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Wolf im Schafspelz

Kommt der Wolf, freundlich die Zähne fletschend, zu Rotkäppchen und schwört, im Namen des Friedens nur Gutes im Sinn zu haben, die Krallen aber im Namen des ?Volkes? geschärft zu halten. Das Rotkäppchen, solche großen Worte...

Wolf im Schafspelz

Kommt der Wolf, freundlich die Zähne fletschend, zu Rotkäppchen und schwört, im Namen des Friedens nur Gutes im Sinn zu haben, die Krallen aber im Namen des ?Volkes? geschärft zu halten. Das Rotkäppchen, solche großen Worte schon öfter im Ohr und die Ruhe in Person, lächelt zurück und sagt: ?Wir werden sehen...?

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Harry Popow
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So geht Journalismus: Mit einer sauberen Recherche über den Sonderermittler Robert Mueller. Bravo!

Uwe Brenner
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Komma hin, Komma her, brillant geschrieben und inhaltlich ein "Knaller." Wie wichtig die kontinuierlichen und am "Puls der Zeit" Artikel sind zeigt die unverblümte dämliche, bescheuerte, hinterhältige, boshafte, nickelige und unreflektierte...

Komma hin, Komma her, brillant geschrieben und inhaltlich ein "Knaller." Wie wichtig die kontinuierlichen und am "Puls der Zeit" Artikel sind zeigt die unverblümte dämliche, bescheuerte, hinterhältige, boshafte, nickelige und unreflektierte Meinungsmache, die offensichtlich das Herz und das Hirn vernebeln sollen anders lässt sich nicht erklären, dass von Morgends bis in den Abend im Minutentakt der größte Stuß berichtet wird mit noch bestussteren Experten die stirnerunzelnd den Untergang des Abendlandes verkünden.
Der Verlust der Sowjetunion schmerzt noch und so will ich auf den Verrat Gorbatschows und dessen Anbiederung an den Westen nicht weiter eingehen. Pfui Teufel !!!
In den USA gibt es eine Gruppe die niemals akzeptieren werden, dass die Völker der Welt das Recht auf Selbstbestimmung haben, dass sie ihre Geschicke selber in die Hand nehmen, und dass sie sich die Einmischung der USA verbitten, die sich weder an internationale Regeln halten, noch das Völkerrecht akzeptieren. Und wenn die Schnapsnase Jelzin, eine Schande für die russischen Völker, der sich zum besoffenen Tanzbär gemacht hat und alle Vorurteile, die der Westen liebend gerne benutzt, wenn es gegen die Sowjetunion/Russland geht aufgreifen, macht es nicht einfacher, wenn man erkennt, dass der rote Faden sich in der Geschichte findet. Im Faschismus hat man nichts ausgelassen die Sowjetunion zum "schwarzen Mann" zu machen, und es immer und wieder zu wiederholen, bis es in den Hirnen und Herzen sich einnistet, und der unfassbare und blutige Angriffs- und Vernichtungskrieg so vorbereitet werden konnte.
Es ist immer gut, wenn man miteinander spricht und Präsident Putin ist weder Jelzin noch der Antikommunist Gorbatschow. Das macht die "Mickey Mouse" zum wilden Wutz und sie verknusern nicht, dass die Bödenschätze, der Reichtum der Völker nicht mehr, wie zu Jelzins Zeiten auf dem "Grabbeltisch" verhökert werden. Kapital muss sich ausbreiten und akzeptiert keine Grenzen wie man tag täglich in der Welt sehen kann.
Dreimal hat die Sowjetunion am Boden gelegen, dreimal mussten sie gegen alle Widerstände kämpfen, aufstehen und weitermachen. Dreimal ist es ihnen gelungen. Unfassbar nach 27 Millionen ermordeter Sowjetbürger, nach Kälte, Hunger, Not, nichts hat sie brechen können, und vor den Völkern Russlands kann ich mich nur verneigen und ihnen das Beste wünschen.
Das Kapital mit seinen Speichelleckern, wie Merkel, Maas und die korrupte Clique in den USA geben keine Ruhe und Trump ist mit Vorsicht zu genießen. Die Seidenstraße ist denen ein Dorn im Auge und wenn dem Kapital die Felle wegschwimmen weiß man ja was passieren wird:
Sie werden überall einmarschieren, wenn es ihnen Vorteile bringt. Zu hoffen ist, dass Russland nie wieder den Fehler macht den Vertretern des Kapitalismus irgendetwas, egal was zu glauben.
Der "alte Kommunist," mein Vater sagte zu Lebzeiten "Glauben kannste in der Kirche."
Und das unselbständige Deutschland braucht sich wirklich keine Sorgen machen, denn die Amis geben Europa niemals auf, im Gegenteil sie brauchen Europa, denn eine Annäherung an Russland werden sie immer versuchen zu unterbinden. Und dieses ganze Theater vor Helsinki mit den 2% usw. sollt die Position Trumps verbessern, wenn er mit Putin spricht. Letztendlich ist es die alte Leier von "Teile und Herrsche," nun nicht einmal mehr im Kleid der Diplomatie, sondern ohne Rücksicht auf Verluste.
Unterordnung ist das was die USA wollen und erwarten und die Vormachsstellung der USA erweitert sich mit den östlichen Ländern, die in der NATO sind, da diese enger mit Washington als mit Brüssel verbunden sind.
Bis 2020, wie ein gewonnenes Quizspiel liest sich folgendes: Wird die NATO in Europa 30 mechanisierte Bataillone, 30 Luftgeschwader und 30 Kampfschiffe haben, die in 30 Tagen oder weniger gegen Russland eingesetzt werden können.
Ernst Friedrich schreibt in seinem Anti Kriegs Werk von 1930:
"Wer Menschen in den Krieg zwingt, oder aufhetzt zu den Massenmorden, der sei verantwortlich mit seinem ganzen Hab und Gut und mit dem eignen Leben für das Wohl und Wehe der Soldaten!
Der König, der zu seiner Fahne ruft, ergreife selbst die Fahne!
So ein Soldat verarmt, so mag der König mit ihm betteln gehen!
Wenn Hütten niederbrennen in den Kriegen, so mögen auch die Schlösser und Paläste aufgehn in den Flammen!
Und immer, wenn ein Menschenleben an der Front, so mag ein König, oder ein Minister auch auf dem"Feld der Ehre" ruhn für Vaterland!
Und je zehn Zeitungsschreiber, die zum Krieg hetzen , setzt ein als Geisel für das Leben eines Kriegers!
Doch eines sage ich auch den bürgerlichen Pazifisten, die nur mit Händestreicheln, mit Teegebäck und frommen Augenaufschlag Kriege zu bekämpfen suchen:
"Kämpft gegen den Kapitalismus-und ihr kämpft gegen jeden Krieg."
Dank dem Galeristen, der wieder einmal mehr die Dringlichkeit aufzeigt und wachrüttelt gegen den Zeitgeist der Verblödung und Verdummung durch Medien und Politik.

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Ulrike Spurgat
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In Helsinki hat man mal Prinzipien vereinbart, wie eigentlich verfeindete Seiten ganz gut miteinander zurecht kommen können. Von derlei Ansätzen, von wechselseitig vorteilhafter Zusammenarbeit mit den Russen gar, wollen unsere freien Medien indes...

In Helsinki hat man mal Prinzipien vereinbart, wie eigentlich verfeindete Seiten ganz gut miteinander zurecht kommen können. Von derlei Ansätzen, von wechselseitig vorteilhafter Zusammenarbeit mit den Russen gar, wollen unsere freien Medien indes nichts wissen. So genüsslich wie offenkundig dankbar zitieren sie lieber in Endlosschleife auf allen Kanälen McCain und wenige Konsorten. Wie schäbig - und gegen unsere vitalen Interessen.

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Bert Schradermann
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